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Wortstoffhof

Wortstoffhof

Titel: Wortstoffhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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im Internet (→ Aufstellungsort des Seins , Betäubunglärm , Wüstensockel ) und stößt dort, wie Leserin H., auf das Angebot eines »Gästekühlschranks«, ja sogar eines »Gästegefrierschranks« in einem Haus in den Alpen. H. musste dabei an hausgroße Kühlschränke denken, in denen »diejenigen lagern, die eine Frischzellenkur gebucht haben, während der Rest quasi als ewige Stammgäste im Gefrierschrank ruht«. Wobei ich noch gruseliger das Angebot eines »Gästegrills« fand, zum Beispiel bei Ferienhäusern in Barförde/Niedersachsen oder einem anderen in Pötenitz an der Ostsee, wo es heißt, dass man für einen Grillabend gerne eben jenen Gästegrill zur Verfügung stelle.
    Das Grillgut muss man wohl selbst mitbringen. Oder findet man es im Gästekühlschrank?
    Eher wie ein Wellness-Angebot klingt dagegen das Vorhandensein einer »Gästewaschmaschine« etwa in einer fränkischen Pension sowie eines »Gästetrockners« in einem Hotel in Groß-Wittensee/Schleswig-Holstein.
GETRÄUSE
    Jeder weiß, dass Kinder zu Beginn der Sprachbildung vieles reden, das niemand versteht. Aber eine Mail von Frau H. aus dem Norden Deutschlands zeigt, das hier auch sehr Nützliches für den Wortstoffhändler entsteht. Denn Lasse, der Sohn von Herrn und Frau H., erfindet gerne Wörter für Dinge, die bisher keinen Namen hatten. »Eine ›Tenu‹«, schreibt H., »ist z. B. ein kleines Holzstück, das von der Form her aussieht wie ein kleines Buch, aber nicht aufgeblättert werden kann. Bei ›Geträuse‹ handelt es sich um die Milch-Luftblasen, die sich beim Trinken der all-abendlichen Flasche warme Milch (mit Silikonsauger) bilden und als Rest in der Flasche verbleiben.« Wer kleine Kinder hat, kennt das Phänomen – nun haben wir endlich ein Wort dafür.
    Ein anderes sehr schönes Kinderwort sandte Frau C. aus Köln: »Das kleine Bügelbrett, sog. Ärmelbrett, hieß für mich als Kleinkind ganz klar ›Ärmobrett‹ – ich war der Überzeugung, ein genialer Herr Ärmo (vermutlich aus dem finnisch-ugrischen Sprachraum) habe es erfunden.«
    Ärmobrett – das ist so schön wie »plüdern«, ein Wort, das Frau H. mir in einer Mail zuschickte, obwohl sie es »fast zu schade« für den Wortstoffhof fand. Sie selbst hat den Begriff von ihrer kleinen Tochter, die eines Abends mit ihrer Freundin im Bett lag, beider Köpfe waren auf große Kissen gebettet, ein Idyll, »wenn nicht meine Tochter das Kissen der Freundin hätte haben wollen – warum«? Es sei so plüdern, sagte die Tochter, und in der Tat, es war anders als dasandere, schreibt Frau H., »weicher? Bauschiger? Pludriger? Nein, einfach plüderner.«
    Franziska, die kleine Tochter von Leserin L., unternahm sogar einst den Versuch, die Buchstaben des Alphabets umzubenennen. Sie besaß ein Puzzle aus großen bunten Moosgummibuchstaben und nannte zum Beispiel ein großes, quietschlilafarbenes Y immer nur »das Banzigalub«. Wobei Frau L. schreibt, sie tue sich schwer, eine Schriftform für diesen Ausdruck zu finden, gesprochen klinge es etwa »ban-zi-’ga-lubb«, mit Betonung der dritten Silbe, langem ga und kurzem lubb.
    Duden-Redaktion, liest Du mit?
GEWINCKT
    Einmal habe ich in einem Text das Partizip gewunken verwendet beziehungsweise verwandt. »Jeder von uns würde, wenn ihn der Kellner im Café wieder nicht beachtet, obwohl man ihm schon dreimal mit Gesten aller Art gewunken hat…«, so hatte ich geschrieben.
    Dazu teilte mir Frau W. aus Berlin mit, ich hätte dieses gewunken »offenbar unbedacht« gebraucht, es klinge »hässlich« und passe »wenig« in »Ihre sonst sprachlich so genauen und mit Genuss zu lesenden Texte«.
    Wie wahr! Ich hatte tatsächlich geglaubt, das Partizip von winken laute gewunken , dabei heißt es doch gewinkt , schreiben jedenfalls Frau W. und der Duden, dieser sogar mit der ausdrücklichen Anmerkung »nicht korrekt: gewunken«.
    Nun ja, nicht korrekt. Aber hässlich? Das ist eine Geschmacksfrage, und ich persönlich finde »gewunken« um einiges schöner als »gewinkt«, das (nichts für ungut, Frau W.!) ein bisschen kindisch klingt, wie wenn ein Knabe, der mit dem Sprechen gerade erst begonnen hat, sagt, er habe etwas »geschreibt«.
    Die Sache hat mir keine Ruhe mehr gelassen. Schon in Nestroys Posse Einen Jux will er sich machen geht es ja dem Handlungsgehilfen Weinberl nicht anders als mir, er sagt: »Wie oft hab’ gelesen in die Bücher: ›Er befand sich, ohne zu wissen wie, in einem engen, abgelegenen Gäßchen, plötzlich

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