Wortstoffhof
become?«
Erneut: keine Reaktion.
An diesem Punkt resigniert unser Mann in seinen Bemühungen um den Kunden mit den Worten: »Wenn er koaDeitsch und koa Englisch net red’t, na ko i eam a net hejfa.« (Also: Wenn er weder deutsch noch englisch spricht, dann kann ich ihm auch nicht helfen.)
GROSCHEN
Frau B. schrieb per E-Mail, sie habe sich jahrelang über den auf alle Parkscheine gedruckten Satz gewundert: »Von außen gut sichtbar an der Windschutzscheibe anbringen!« Immer sei sie gleichzeitig ein wenig stolz auf sich selbst gewesen, sich einer so unsinnigen Anordnung zu widersetzen – und habe den Parkschein Mal für Mal innen an der Windschutzscheibe angebracht, »bis irgendwann vor zwei Jahren auf dem Parkplatz der Groschen fiel, einfach so«. Ist es nicht seltsam, mit dem Groschen? Dass er tatsächlich fast immer irgendwann fällt. Dass er dann aber wirklich einfach so fällt, ohne einen Stups? (Was geht da in unseren Hirnen vor, verdammt!, wenn das passiert?) Und dass Tag für Tag immer noch Groschen fallen, obwohl es sie eigentlich gar nicht mehr gibt, die Groschen?
GUTERES
Vor ein paar Jahren stand mal in der Frankfurter Allgemeinen die Schlagzeile: »Merkel soll ostdeutscher werden.«
Ein Weilchen grübelte man, ob die Redakteure sich vertippt hatten, und es sollte heißen: »Merkel soll Ostdeutscher werden.« Das wäre die Forderung nach einer Geschlechtsumwandlung gewesen, um in letzter Minute (wir standen damals vor der Wahl) die Herrschaft einer Frau in Deutschland zu verhindern. Ein Fall für die Ethik-Kommission!
Wenn es aber so gemeint war, wie es da stand, fragt man sich: Was ist deutsch? Erst mal so was wie eine Ortsbezeichnung, was? Tucholsky hat sich ja darüber aufgeregt, dass zu seiner Zeit »deutsch« eine Art Qualitätsbezeichnung sein sollte: Deutscher Mann war guter Mann. »Der Ursprungsort, der in den meisten Fällen selbstverständlich ist«, schrieb er, »wird in eine positive Bewertung umgelogen, und das ganze Land kriegt mit der Zeit den Größenwahn.«
So war’s dann auch.
Und nun »ostdeutsch«. Bisschen faul wie Ullrich, bisschen zauselig wie Thierse, bisschen schulz wie Schulz? Bisschen revolutionär oder eher so’n Duckmäusertum? Man muss doch wissen, was man steigern will. Ostdeutscher, am ostdeutschesten – ein bisschen klingt es letzten Endes wie: »Allgemeine soll Frankfurter werden.«
Das kann keiner wollen.
Jedenfalls werden in Deutschland jeden Tag Komparative und Superlative von Wörtern gebildet, bei denen das nicht geht. Man liest zum Beispiel, das war im Tagesspiegel , derGazastreifen sei »das dichtbevölkertste Gebiet der Welt«, dabei ist er nur am dichtesten bevölkert. Und Heiner Geißler hat über Angela Merkels Kleidung mal gesagt, »am besten« stehe ihr das klassische Kostüm, »noch besser« aber der Hosenanzug.
Damit wäre sie dann, möchte man hinzufügen, noch gutaussehender.
Moral, zum Ersten: »Deutsch« ist in erster Linie eine Sprache, die von den Menschen in Deutschland gesprochen wird.
Moral, zum Zweiten: Das Gutere ist der Feind des Guten.
H
HALIXEN
Einmal las ich, im Tagesspiegel , ein Interview mit dem berühmten Hirnforscher Manfred Spitzer. Er sagte unter anderem, es gefalle ihm nicht, dass in unseren Schulen die Dinge nur abstrakt behandelt und Regeln immer gleich als Regeln gepaukt würden. Für ihn, den Hirnforscher, bedeute Lernen, sich die Regeln selbst anhand von Beispielen zu erarbeiten. Wer sich immer wieder mit Konkretem befasse, dessen Hirn lerne die dahinter stehenden Regeln automatisch, unbewusst, »in der Grammatik unserer Muttersprache« etwa.
»Ein Beispiel?«, fragten die Interviewer.
Der Hirnforscher sagte: »Meine Lieblingsregel der deutschen Grammatik lautet: Verben auf ›-ieren‹ bilden das Partizip ohne ›ge-‹: interessieren – interessiert; spazieren – spaziert. Das machen Sie richtig, ohne nachzudenken.«
Da fiel mir Sophie ein, deren Hirn sich gerade ausgiebig mit Partizipbildung beschäftigt und dabei zu interessanten Ergebnissen kommt.
Sophie steht zum Beispiel oben an der Treppe, während ich unten warte, und sagt: »Warte, bis ich da runtergegeht habe.« Wenn sie unten angekommen ist, sagt sie: »Ich bin da runter gegehn.« Wenn sie nicht runter gegangen ist, sagt sie: »Ich habe oben gebleiben.«
Wenn Sophie gegessen hat, sagt sie, sie habe geesst. Oder geisst. Oder geessen. Wenn eine Mücke sie gestochen hat, sagt sie, die Mücke habe sie gestichen. Wenn sie etwas geholt hat, sagte
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