Wovon träumt ein Millionär?
wäre. Doch ein Kinderzimmer einzurichten für ein Kind, das es nicht gab, war nahezu unmöglich. Mary fühlte sich wie eine Betrügerin und wollte nur noch weg aus diesem Laden.
Ein junges Paar kam herein. Erwartungsvoll lächelnd bewunderten sie die Kindermöbel, während sie von einem kunstvoll gearbeiteten Stück zum nächsten gingen. Liebevoll hielten sie einander an den Händen. Der Bauch der Frau ähnelte einer runden süßen Wassermelone. Genau das wollte Mary. Eine richtige Beziehung, ein richtiges Baby … Mit Ethan Curtis war das undenkbar. Wieder erinnerte sie sich an die Party – und wie sie geendet hatte. In den vergangenen zwei Tagen hatte Mary an nichts anderes gedacht als an Ethan und diese blonde Frau. Und sie hatte den vollkommen irrationalen Wunsch verspürt, bei ihm zu sein. Was mochte geschehen sein, nachdem sie gegangen war? Hatte Ethan sie am Pool getroffen? Waren sie zusammen schwimmen gewesen? Allison hatte nicht wie eine Frau gewirkt, die besonde ren Wert auf Badebekleidung legte.
Mary schluckte. Warum zum Teufel scherte sie sich überhaupt darum, was Ethan tat? Oder mit wem er es tat? Sie musste damit aufhören.
Im Moment sollte sie wohl besser nach Hause gehen. Nervös und abwesend, wie sie im Moment war, würde sie nicht an dem Kinderzimmer weiterarbeiten können. Wenn Ethan sie fragen würde, wie weit sie vorangekommen wäre, würde sie einfach ausweichen und …
„Mary?“
Gerade als Mary den Laden verlassen wollte, kam eine sehr elegante Dame Mitte siebzig herein. Sie trug einen marineblauen Rock aus Seidenkrepp. Das weiße Haar hatte sie zurückgekämmt und im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden.
„Großmutter? Was tust du hier?“
Grace Harrington musterte ihre Enkelin. Sie zog ihre perfekt geschwungenen Augenbrauen hoch und musterte missbilligend Marys schlichten schwarzen Hosenanzug und die etwas abgewetzt wirkenden Highheels. Für Grace Harrington waren Kleider wie Papiertüten – lediglich für den einmaligen Gebrauch bestimmt.
„Pearl Edicotts Enkelin erwartet Zwillinge“, erklärte sie nun knapp. „Und Pearl hat einfach keinen Geschmack. Es ist wirklich sehr gut, dass sie das wenigstens eingesehen hat.“
„Wirklich sehr gut“, wiederholte Mary. Obwohl sie es nicht wollte, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Grace Harrington war mehr als überheblich. Ein fürchterlicher Snob. Nüchtern betrachtet hätte Mary sie eigentlich verachten müssen. Grace war alles andere als warmherzig. Meistens fand sie etwas an Marys Kleidung oder ihren Haaren auszusetzen. Ihre Angestellten behandelte sie, als würden sie nicht dieselbe Luft atmen. Und hinzu kam die Tatsache, dass sie Marys Mutter nach deren Heirat mit Hugh praktisch aus ihrem Leben verbannt hatte.
Dennoch spürte Mary eine Verbundenheit mit dieser Frau, sogar eine Art Bewunderung. Grace war klug, sehr belesen und sagte immer, was sie dachte. Mary und ihre Großeltern standen sich vielleicht nicht besonders nah, aber sie waren eine Familie. Ihre Großeltern hatten immer ein Teil ihres Lebens sein wollen. Und Marys Mutter hatte ihrer Tochter den Kontakt nie verwehrt.
Grace nahm zwei sündhaft teure Babykleidchen aus Chenille in die Hand und betrachtete sie eingehend. „Und was machst du hier, meine Liebe?“
„Ich richte für einen Kunden ein Kinderzimmer ein.“
„Ah ja. Dein Geschäft. Wie läuft es denn?“
„Großartig.“
Einen Moment lang ließ Grace die Kleidchen sinken und betrachtete Mary mit geschürzten Lippen. „Das ist doch nicht für einen dieser Haushalte, in dem zwei Männer zusammenleben, oder?“
„Diesmal nicht.“
„Also für ein Pärchen?“ Ohne Marys Antwort abzuwarten, schnalzte Grace missbilligend mit der Zunge und fuhr fort: „Eine Mutter, die das Kinderzimmer für das eigene Baby nicht selbst einrichten möchte. Wie modern.“
Es juckte Mary in den Fingern, ihre Großmutter zu fragen, ob sie denn das Zimmer für ihre Tochter selbst eingerichtet hatte – oder ob sie zu dem Zweck drei bis vier Innenarchitekten engagiert hatte. Doch sie wusste, wie die Antwort lauten würde: „Es war meine Vision. Die Hilfskräfte haben sie nur umgesetzt.“
„Das Kinderzimmer soll für einen alleinerziehenden Vater sein“, erzählte Mary.
„Jemand, den ich kenne?“
Mary hob die Augenbrauen. „Wie viele alleinerziehende Väter befinden sich denn in deinem Freundeskreis, Großmutter?“
Ungerührt blickte Grace sie an. „Keiner … jedenfalls nicht, dass ich wüsste.“
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