WoW 01 - Aufstieg der Horde
aufgetragen, auf eine Antwort zu warten«, sagte sie nach einer Weile peinlichen Schweigens.
Durotan nickte erneut, dann entrollte er das Pergament. Die Schrift war exzellent, und er wusste, dass Schwarzfaust die Botschaft diktiert hatte. Der Kriegshäuptling, so intelligent und schlau er auch war, war alles andere als ein Literat.
Es war schlimmer, als er befürchtet hatte. Durotan versuchte sich nichts anmerken zu lassen, obwohl er aus dem Augenwinkel heraus sah, dass Draka ihn aufmerksam betrachtete.
An Durotan, Sohn des Garad, Häuptling des Frostwolf-Clans, Schwarzfaust, Kriegshäuptling der Horde, entsendet Dir seine Grüße. Du hattest Gelegenheit, Dich von den Fähigkeiten meiner neu ausgebildeten Hexenmeister zu überzeugen. Es ist an der Zeit, unsere Feinde anzugreifen. Telmor, die Stadt der Draenei, liegt nahe an Eurem Gebiet. Du wirst angewiesen, eine Kriegsgruppe zu bilden und die Stadt anzugreifen. Orgrim hat mir erzählt, dass Ihr beiden als Jungen in der Stadt wart. Und dass Du das Geheimnis kennst, wie die Draenei ihre Stadt unsichtbar machen. Orgrim sagte mir auch, dass Du ein exzellentes Gedächtnis hättest und dass Du dich daran erinnern würdest, wie man die Stadt unseren Kriegern für einen Angriff sichtbar macht.
Ich bin mir sicher, dass ich Dir nicht zu sagen brauche, was die Zerstörung dieser Stadt für die Horde bedeutet. Und auch für den Frostwolf-Clan. Antworte unverzüglich auf diesen Brief, und wir werden mit den Vorbereitungen für den Angriff beginnen.
Für die Horde!
Die Unterschrift war ein Abdruck von Schwarzfausts rechter Hand, die mit Tinte überzogen war.
Durotan war außer sich. Wie hatte Orgrim dem Kriegshäuptling das alles nur verraten können? Folgte er Schwarzfaust wirklich so bedingungslos, dass er ihm von der Sache erzählt hatte? Der Ärger ebbte ab, als er erkannte, dass die Informationen, auf die sich Schwarzfaust bezog, im Laufe der letzten Jahre leicht in ganz normalen Unterhaltungen gefallen sein konnten. Schwarzfaust war intelligent genug, er sammelte solches Wissen und benutzte es dann, wenn er es brauchte.
Durotan überlegte, ob er einfach lügen sollte und behaupten, dass er sich nicht an die Worte erinnern konnte, mit denen Restalaan die Illusion aufgelöst hatte, die die Stadt sicher und verborgen vor den Augen der Oger hielt und inzwischen auch vor denen der Orcs. Es war lange her, und er hatte sie nur einmal gehört. Jeder andere hätte sie längst vergessen.
Aber die Drohung in dem Brief war offensichtlich. Wenn Durotan den Angriff ermöglichte, würde er seine Loyalität der Horde gegenüber unter Beweis stellen. Wenn er ablehnte, selbst wenn er behauptete, sich nicht mehr an die Worte zu erinnern, so musste er, so wie Orgrim es ausgedrückt hatte, das Schlimmste fürchten.
Die Kurierin wartete.
Durotan traf die einzige mögliche Entscheidung.
Er schaute in das unbeteiligt wirkende Gesicht der Reiterin. »Ich werde tun, was der Kriegshäuptling verlangt. Für die Horde.«
Die Kurierin schaute sowohl erleichtert als auch überrascht. »Der Kriegshäuptling wird zufrieden sein, das zu hören. Ich wurde angewiesen, dir auch dies hier zu geben.« Sie griff in ihren ledernen Rucksack und holte einen kleinen Beutel heraus, den sie Durotan reichte. »Deine Krieger und deine Hexenmeister werden damit üben müssen.«
Durotan nickte. Er wusste, was sich in dem Beutel befand: das
Herz der Wut
und der
Leuchtende Stern,
die er Velen abgenommen hatte. Diese Steine waren vielleicht das Einzige, das ihn gerettet hatte, als er Ner'zhuls Wut heraufbeschwor. Er würde sie gegen ebenjene Leute einsetzen, denen er sie weggenommen hatte.
»Der Kriegshäuptling wird dich bald kontaktieren«, sagte die Kurierin, hob die Hand und trieb dann ihren Wolf an. Durotan sah ihr nach, während sie aus dem Lager ritt. Draka trat neben ihn. Er gab ihr den Brief und ging ins Zelt.
Kurz darauf kam sie zu ihm, schlang die Arme um ihn, während er das Gesicht in die Hände legte. Die Entscheidung, die er hatte treffen müssen, war fürchterlich.
Ein paar Tage später sammelte sich die Kriegsgruppe im Lager der Frostwölfe. Die meisten Krieger und Hexenmeister waren vom Schwarzfels-Clan, aber es fand sich mehr als ein Kriegshymnen-Gesicht in der Menge und mehrere vom Clan der Zerschmetterten Hand. Selbst der Begriffsstutzigste der Frostwölfe konnte das Misstrauen und die Verachtung der anderen spüren. Durotan wusste, dass es kein Zufall war, dass
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