WoW 05 - Der Tag des Drachen
durchdringend, dass es nicht einmal Rhonin in den Sinn kam, die Entscheidung des Zwerges anfechten zu wollen.
Weiter und weiter flogen sie. Gelegentlich riskierte Rhonin einen Blick auf seine Begleiter. Duncan trat den zürnenden Elementen noch immer mit unerschütterlichem Gleichmut entgegen; die Gischt, die sein bärtiges Gesicht drangsalierte, schien ihm nicht einmal bewusst zu werden. Aber wenigstens Vereesa zeigte eine Reaktion auf diese völlig irrsinnige Art zu reisen. Wie der Magier, hielt auch sie ihren Kopf die meiste Zeit weit nach unten geneigt, und ihr langes Silberhaar lag unter der Kapuze ihres Reisemantels verborgen. Sie kauerte dicht hinter Falstad, der, zumindest kam es Rhonin so vor, ihr Unbehagen zu genießen schien.
Schließlich beruhigte sich sein Magen auf ein erträgliches Maß. Rhonin schielte nach der Sonne und berechnete, dass sie nun schon an die fünf Stunden oder mehr in der Luft sein mussten. Bei der Geschwindigkeit, mit der die Greifen entlang des Himmels zogen, hatten sie bestimmt schon die Hälfte des Weges hinter sich gebracht.
Schließlich brach er das Schweigen und erkundigte sich bei Molok danach.
»Hälfte des Weges?« Der Zwerg lachte. »Zwei weitere Stunden, und ich denke, wir werden die Westausläufer von Khaz Modan in der Ferne aufragen sehen! Hälfte des Weges?
Ha!
«
Diese Neuigkeit und die plötzliche gute Laune des Zwerges entlockten Rhonin ein Lächeln. Er hatte also schon fast drei Viertel der Reise überstanden … Nur noch etwas mehr als zwei Stunden, und er würde wieder festen Boden unter den Füßen haben. Wenigstens einmal hatte er ein Ziel erreicht, ohne von einem unliebsamen Zwischenfall aufgehalten zu werden …
»Findet Ihr einen Platz zum Landen, sobald wir dort sind?«
»Jede Menge Plätze finden wir für Euch, Zauberer, nur keine Bange. Wir werden Euch bald genug los sein! Hoffe nur, es fängt nicht vorher an zu regnen.«
Rhonin beäugte die Wolken, die im Laufe der letzten halben Stunde aufgezogen waren, misstrauisch. Möglicherweise handelte es sich um Regenwolken, aber er nahm an, dass das Wetter noch solange halten würde, bis die Gruppe ihr Ziel erreicht hatte. Alles, worum er sich jetzt noch Sorgen machen musste, war das Ausfindigmachen des günstigsten Weges nach Grim Batol, sobald die anderen sich auf den Heimflug nach Lordaeron begeben hatten.
Rhonin wusste nur zu gut, wie die anderen auf seinen dreisten Plan reagiert hätten, wäre er ihnen bekannt geworden. Erneut dachte er an die Geister, die ihn verfolgten, an die Schatten der Vergangenheit. Sie waren seine wahren Gefährten auf dieser wahnsinnigen Reise, die Furien, die ihn vorantrieben. Sie würden ihn auf seiner Mission entweder siegen oder sterben sehen.
Sterben … Nicht zum ersten Mal seit dem Tod seiner früheren Gefährten fragte er sich, ob dies nicht vielleicht die beste Lösung für alle gewesen wäre. Vielleicht hätte er seine Schuld auf diese Weise wenigstens vor sich selbst sühnen können, wenn schon nicht vor den Spukgestalten in seinem Kopf.
Aber zuerst musste er Grim Batol erreichen.
»Da, Zauberer, schaut!«
Er schrak zusammen und wurde sich erst jetzt bewusst, dass er irgendwann in den letzten Minuten eingedöst war. Rhonin spähte über Moloks Schulter in die Richtung, die ihm der Zwerg wies. Durch den Tränenfilm konnte der Zauberer zunächst nichts erkennen. Doch nachdem sich sein Blick geklärt hatte, entdeckte er zwei dunkle Flecken am Horizont. Zwei bewegungslose Flecken. »Ist das Land?«
»Aye, Zauberer! Die ersten Vorläufer von Khaz Modan.«
So nah! Neuer Lebensmut, fast ein Hochgefühl stieg in Rhonin auf, als er begriff, dass es ihm gelungen war, den Rest des Fluges regelrecht zu verschlafen.
Khaz Modan! Gleichgültig, wie gefährlich die Reise von nun an werden würde, er hatte es immerhin bis hierher geschafft. Bei der Geschwindigkeit der Greifen würde es nur noch kurze Zeit dauern, bis sie auf festem Boden niedergingen …
Zwei neue Flecken zogen seine Aufmerksamkeit auf sich, zwei Flecken in der Luft, die sich
bewegten
und dabei größer wurden, als kämen sie der Gruppe entgegen!
»Was ist das? Was kommt da auf uns zu?«
Molok beugte sich blinzelnd nach vorn. »Bei den zerklüfteten Eisbergen von Northeron … Drachen! Zwei davon!«
Drachen …
»Rote?«
»Kümmert Euch die Farbe des Himmels, Zauberer? Ein Drache ist ein Drache, bei meinem Bart, und die da kommen verflucht rasch auf uns zu!«
Ein Blick zu den anderen Greifenreitern
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