WoW 08 - KdA 3 - Das Erwachen
wurde.
Während dieses schrecklichen Schauspiels begann sich Illidan zu verändern. Er hatte den Schal zwar wieder über die Augenhöhlen gelegt, aber Tyrande sah trotzdem die wilden Feuer, die darin brannten. Der Zauberer grinste wie betrunken. Grüne Flammen wallten um seinen Körper herum auf, so als wäre er ein Dämon. Sein Körper schwoll an …
Die Flammen fielen so schnell in sich zusammen, wie sie entstanden waren. Der Zauberer nahm wieder sein normales Aussehen an. Er wischte seine Hand ab und trat nach der Asche, die von der Teufelsbestie übrig geblieben war. Dann glättete er sein Haar, lächelte selbstsicher und wandte sich an Tyrande: »Wollen wir weitergehen?«
Die Priesterin verbarg ihr Entsetzen so gut es ihr möglich war. Dies war nicht mehr der Illidan, mit dem sie aufgewachsen war. Er genoss das Blutvergießen ebenso sehr wie die Dämonen. Und dass er das Gift der Legion so begierig in seinen Körper pumpte, widerte Tyrande in einem Maße an, das sie noch nie erlebt hatte.
Mutter Mond, hilf mir bitte. Sag mir, was ich tun soll. Kann ich ihn überhaupt noch retten?
»Hier oben«, befahl Illidan. »Vom Dach aus kann ich mich auf die Mitte des Brunnens konzentrieren.«
Sie ließen die Knochen hinter sich und kletterten auf eine ehemals elegante Dachterrasse. Ein zerbrochenes Geländer, das einmal aus lebendem Holz bestanden hatte, lag am Boden. Eine Statue von Azshara, die erstaunlicherweise heil geblieben war, lag in den toten braunen Blättern des Baums, der früher einmal das ganze Haus gestützt hatte.
Illidan lehnte sich gegen den Mosaikboden. Einige Motive darauf waren noch immer zu erkennen. Tyrande sah Teile von edlen Tieren, eine Flusslandschaft und dichten Wald.
Im Zentrum des Mosaiks befand sich Königin Azsharas wunderschönes Gesicht. Malfurions Bruder legte sein Gesicht gegen ihre vollen, wenn auch in Mitleidenschaft gezogenen Lippen.
»Es ist fast so weit«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Tyrande. Aus einer Gürteltasche zog Illidan eine lange, schmale Phiole. Durch das gefärbte Glas konnte man zwar nicht sehen, was sich darin befand, aber Tyrandes Sinne schlugen Alarm.
»Illidan, was ist in der Flasche?«
Sein verschleierter Blick ruhte weiter auf der Phiole. »Nur ein winziger Teil des Brunnens.«
»Was?« Die Worte, die er so leichtfertig dahin gesagt hatte, erschütterten sie zutiefst. Illidan hatte es gewagt, aus der Machtquelle der Nachtelfen zu stehlen? »Aber … niemand darf … es ist verboten … sogar die Hochgeborenen würden niemals …«
Der Zauberer nickte. »Nein, das würden sie wohl nicht. Ist das nicht eine interessante Tatsache? Ich meine, diese Idee muss doch schon jemandem vor mir gekommen sein … vielleicht stammen daher die Legenden über unsere größten Zauberer. Vielleicht haben sie sich für besonders schwere Sprüche heimlich ein wenig Kraft aus dem Brunnen geborgt. Wahrscheinlich taten sie das sogar.« Illidan hob die Schultern. Seine Mimik verhärtete sich erneut. »Aber selbst wenn ich der Erste bin, sehe ich keinen Grund, weshalb ich mich zurückhalten sollte. Die Idee kam mir einfach so. Wenn ich etwas Kraft aus dem Brunnen entlehne, kann ich doch alles erreichen!«
»Aber der Brunnen … selbst ein einziger Tropfen …« Tyrande musste es ihm ausreden. Ein solcher Missbrauch des Brunnens musste in einer Katastrophe enden, genauso wie Illidans Akzeptanz der Dämonenmagie.
»Ja, kannst du dir vorstellen, welche Macht diese Phiole enthält?« Wären Illidans Augen noch in seinen Höhlen gewesen, hätten sie jetzt gierig aufgeleuchtet. »Das sollte reichen, um die Welt zu retten.«
Doch die Priesterin war davon nicht überzeugt. Durch die Lehren der Elune wusste Tyrande weit mehr als Illidan über die Legenden und die Geschichte des Brunnens. »Illidan, wenn du den Brunnen auf diese Weise missbrauchst, könntest du völliges Chaos auslösen. Denk an die Geschichte von Aru-Talis.«
»Aru-Talis ist nur eine Legende.«
»Und ist der gewaltige Krater, der in Generationen wieder zugewachsen ist, auch nur eine Legende?«
Er wischte ihre Warnung beiseite. »Niemand weiß, was mit dieser Stadt geschehen ist, falls sie überhaupt jemals existierte. Erspare mir deine Geschichten über Weisheit und Furcht.«
»Illidan …«
Der Zauberer wurde ärgerlich. »Sei still und zwar
sofort
.«
Tyrande versuchte etwas zu sagen, aber kein Laut verließ ihren Mund. Sie hustete, aber selbst das geschah lautlos.
Illidan stand auf und betrachtete
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