WoW 08 - KdA 3 - Das Erwachen
die Mitte des Brunnens. Der Sturm war stärker geworden und riss an dem toten Baum. Auf den Wassern blitzten unheimliche geisterhafte Lichter.
Die Priesterin schüttelte den Kopf. Illidan hatte zwar großes Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten, trotzdem verstand sie nicht, warum die Dämonen sie noch nicht entdeckt hatten. Mannoroth war doch nicht wirklich so blind, wie Malfurions Zwilling glaubte. Aber außer dem Dämonenhund waren sie nur zwei Teufelswachen begegnet, die Illidan mit einer einzigen Handbewegung abgelenkt hatte.
Illidan berührte den Verschluss der Phiole mit einem Finger. Tyrande bemerkte erst jetzt, dass der Pfropfen aus einer Kristallstatue der Königin bestand. Azshara drehte sich dreimal, so als würde sie für den Zauberer tanzen, dann löste sich der Verschluss. Illidan legte ihn zur Seite.
»Pass auf, Tyrande, pass auf, während ich etwas tue, das dein ach so geliebter Malfurion niemals vollbringen könnte.«
Er schüttete den Inhalt der Phiole über sich.
Aber die Wasser des Brunnens verhielten sich nicht wie normales Wasser, zumindest nicht in diesem Fall. Sie durchnässten ihn nicht, und da, wo sie ihn berührten, leuchtete Malfurions Zwilling für einen Moment tiefschwarz auf. Dann sickerte die dunkle Aura in seinen Körper hinein, erfüllte ihn, wie zuvor schon die gestohlene Energie der Teufelsbestie.
»Bei den Göttern …«, flüsterte er. »Ich hatte geahnt, dass ich irgendetwas fühlen würde, aber das … das ist
wundervoll
.«
Die Priesterin schüttelte den Kopf, aber Illidan ignorierte ihren stummen Protest. Sie wollte auf ihn zugehen, doch sein Zauber sorgte auch dafür, dass sie sich nicht mehr rühren konnte.
Mutter Mond
, dachte sie.
Kannst du mir denn nicht helfen?
Aber Elune schien nicht antworten zu wollen, und Tyrande war dazu verdammt, Illidan hilflos zuzusehen.
Er streckte seine Arme dem Brunnen entgegen und begann leise Worte zu murmeln. Die schwarze Aura kehrte zurück und legte sich um seine Hände. Mit jeder Sekunde wurde sie intensiver.
Seine Augenhöhlen glühten wie Feuer unter dem Schal. Der Stoff wirkte angesengt.
Als Illidan seinen Zauber begann, spürte Tyrande mit ihren hoch entwickelten Sinnen, wie sich etwas anderes regte. Die Priesterin wollte Illidan warnen, aber er hatte sich von ihr weggedreht.
Die unsichtbare Präsenz hüllte den nichts ahnenden Zauberer ein. Tyrande erkannte, dass es sich nicht um ein einzelnes Wesen handelte, sondern um gleich drei verschiedene.
Mit diesem Wissen kam auch das Gefühl, dass die drei so dunkel waren – nein, sogar noch dunkler – wie Sargeras. Dessen faulige Gedanken hatte die Priesterin einmal gespürt.
Es überraschte sie, dass Illidan diese Präsenz nicht wahrnahm. Tyrande glaubte, dass es sich dabei um ein bisher unbekanntes Element der Brennenden Legion handelte. Mit angehaltenem Atem wartete sie auf den furchtbaren Angriff, der sich jeden Moment ereignen musste.
Doch statt dessen begannen die drei mysteriösen Wesen Illidans Zauber zu unterstützen und in etwas noch Mächtigeres zu verwandeln. Der Magier lachte, als sich seine Arbeit der Vollendung näherte. Er ahnte nichts von der fremden Unterstützung.
Die Priesterin begriff, dass die fehlenden Angriffe auf dem Weg zum Brunnen nicht allein Illidans Können zu verdanken gewesen waren.
Verzweifelt bat sie Elune um Hilfe. Jemand musste Illidan sagen, dass er getäuscht wurde. Sie ahnte, dass sein großer Zauber in einer Katastrophe enden würde.
Mutter Mond, bitte hilf mir!
Eine wohlige Wärme erfüllte Tyrande. Sie spürte, wie der Bann, den Illidan über sie gelegt hatte, schwand. Sie spürte neue Hoffnung in sich aufsteigen.
»Illidan!«, schrie die Priesterin. »Illidan, pass auf …«
Er drehte sich in ihre Richtung, presste aber im gleichen Moment die Handflächen zusammen. Ein Strahl aus tiefschwarzem Licht schoss daraus hervor und raste dem stürmischen Himmel über dem Brunnen der Ewigkeit entgegen.
Tyrande spürte, wie die drei Wesen verschwanden. Schlimmer noch, sie spürte, wie
zufrieden
sie waren.
Ihre Warnung kam zu spät.
Sargeras spürte, wie der letzte Widerstand schwand. Das Portal, das er sich ersehnt hatte, bildete sich endlich. Schon bald würde er diese vom Leben verseuchte Welt betreten …
Krasus zuckte zusammen.
»Was ist los?«, fragte Alexstrasza.
Der Magier warf einen Blick auf die weit entfernten Ruinen von Zin-Azshari … und auf den gewaltigen Sturm, der über dem Brunnen der Ewigkeit tobte.
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