WoW 09 - Arthas-Aufstieg des Lichkönigs
Muradin, stets ein vorbildlicher Botschafter seines Volkes, hatte diese Zwergentradition mit nach Lordaeron gebracht. Über die Jahre war sie populärer geworden und in diesem Jahr schien den Menschen das Fest wirklich am Herzen zu liegen.
Die festliche Atmosphäre war bereits ein paar Wochen früher entstanden, als Jaina sie mit ihrer bühnenreifen Show bei der Entzündung des Strohmanns entzückt hatte. Ihr war erlaubt worden, den Winter über zu bleiben, obwohl Dalaran nicht weit entfernt war für jemanden, der teleportieren konnte. Etwas hatte sich verändert und es war genauso subtil wie tiefgründig. Jaina Prachtmeer war mehr als die Tochter des Herrschers von Kul Tiras, war mehr als eine Freundin.
Sie wurde als Mitglied der königlichen Familie betrachtet.
Arthas fiel diese Veränderung zuerst auf, als seine Mutter sowohl Jaina als auch Calia mitnahm, um sie für den Ball des Winterhauchfests auszustatten. Nie zuvor hatte Lianne mit irgendwelchen Besuchern ihre Kleider oder die ihrer Tochter abgestimmt.
Auch Terenas wollte jetzt häufig, dass Jaina ihn und Arthas begleitete, wenn sie den Bitten des Volkes lauschten. Sie saß zur Linken des Königs, Arthas zu seiner Rechten, in einer Position, die fast der seines eigenen Sohnes gleichgestellt war.
Arthas nahm an, dass es die logische Konsequenz war. Oder nicht? Er erinnerte sich der Worte, die er vor einigen Jahren zu Calia gesprochen hatte. »
Wir alle haben unsere Pflichten, glaube ich. Du musst heiraten, wen Vater dir aussucht, und ich muss mich im Interesse des Königreichs vermählen.«
Jaina würde gut für das Königreich sein. Und sie würde, so dachte er, auch gut für ihn sein.
Warum fühlte er sich bei dem Gedanken dann aber so unwohl?
In der Nacht vor dem Winterhauchfest fiel frischer Schnee. Arthas schaute aus dem großen Fenster zum Lordamere-See hinaus, der nun gefroren war. Seit dem Morgengrauen hatte es geschneit und erst vor einer Stunde aufgehört. Der Himmel war wie schwarzer Samt, die Sterne wie eisige Diamanten gegen die sanfte Dunkelheit, still und magisch.
Eine weiche Hand umfasste seine. »Schön, nicht wahr?«, sagte Jaina leise. Arthas nickte, ohne sie anzusehen. »Jede Menge Munition.«
»Was?«
»Munition«, wiederholte Jaina. »Für Schneeballschlachten.«
Er wandte sich schließlich zu ihr um und ihm stockte der Atem. Er hatte die Ballkleider, die sie, Calia und seine Mutter an diesem Abend beim Bankett trugen, noch nicht gesehen und nun war er von ihrer Schönheit wie gebannt. Jaina Prachtmeer sah aus wie eine Schneekönigin. Angefangen bei den Schuhen, die wirkten, als bestünden sie aus Eis, über das weiße Kleid, das durchwirkt war von einem Blau wie das des Palastes, bis hin zum silbernen Stirnreif, der die Wärme des Fackelscheins einfing. Sie war hinreißend schön. Doch sie war keine Eiskönigin, keine Statue, sie war warm, weich und lebendig. Ihr goldenes Haar floss über ihre Schultern, ihre Wangen waren rot unter ihrem hinreißenden Blick, ihre blauen Augen strahlten vor Glück.
»Du bist wie... eine weiße Kerze«, sagte er. »Ganz weiß und golden.« Er griff nach einer ihrer Haarlocken und wickelte sie sich um den Finger.
Sie lachte. »Ja«, sagte sie und fasste nach seinen eigenen blonden Haaren. »Unsere Kinder werden aller Wahrscheinlichkeit nach auch blond werden.«
Er erstarrte.
»Jaina... bist du...«
Sie lachte. »Nein. Noch nicht. Doch es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass wir keine Kinder haben werden.«
Kinder. Wieder dieses Wort, das ihn schockierte und ihn seltsam bedrängte. Sie redete von den Kindern, die
sie
haben würden. Sein Geist raste in die Zukunft, eine Zukunft mit Jaina als seiner Frau, ihren Kindern im Palast, ihren Eltern verstorben, ihm auf dem Thron, die Last der Krone auf seinem Haupt. Ein Teil von ihm wollte das unbedingt. Er-liebte es, Jaina bei sich zu haben, liebte es, sie nachts in seinen Armen zu halten, liebte den Geschmack und Geruch von ihr, liebte ihr Lachen, so rein wie eine Glocke und so süß wie der Duft von Rosen.
Er liebte...
Was, wenn er es verdarb?
Denn plötzlich fiel ihm in diesem Moment auf, dass alles bislang ein Kinderspiel gewesen war. Er hatte Jaina als Kameradin gesehen, so wie sie es seit seiner Kindheit gewesen war, nur dass ihre Spiele miteinander inzwischen erwachsener geworden waren. Doch etwas in ihm hatte sich verändert. Was, wenn es wirklich echt war? Was, wenn er sie wirklich
liebte
und sie ihn? Was, wenn er ein schlechter
Weitere Kostenlose Bücher