WoW 09 - Arthas-Aufstieg des Lichkönigs
jetzt anders. Schwarzmoors Haar war grau durchwirkt, er hatte zugenommen und seine Augen waren blutunterlaufen. Glücklicherweise war er völlig nüchtern. Wäre er zu diesem Treffen angetrunken erschienen, hätte Terenas, der stets fest an Mäßigung glaubte, sich geweigert, ihn zu empfangen.
Schwarzmoor war vorgeladen worden, weil er versagt hatte. Irgendwie war der gefeierte Gladiatoren-Orc Thrall während eines Feuers aus Durnholde geflohen. Schwarzmoor hatte versucht, die Flucht zu vertuschen, und persönlich die Suche nach dem Orc geleitet. Alles war nur in kleinem Rahmen abgelaufen, doch ein Geheimnis, das so groß wie der riesige grüne Orc war, konnte nicht lange geheim gehalten werden.
Nachdem es bekannt geworden war, gab es natürlich wilde Gerüchte – es sei ein verfeindeter Lord gewesen, der den Orc befreit hatte, der damit seine Gewinne in der Arena sichern wollte, oder es wäre eine eifersüchtige Geliebte gewesen, die Schwarzmoor bloßstellen wollte. Manche behaupteten, eine schlaue Gruppe von Orcs, die nicht unter der merkwürdigen Lethargie litten, habe ihn befreit. Wieder andere waren sich sicher, dass Orgrim Schicksalshammer persönlich dahintersteckte oder Drachen, die als Menschen getarnt den Ort mit ihrem feurigen Odem in Brand gesetzt hatten.
Arthas hatte es genossen, den Orc kämpfen zu sehen, doch er erinnerte sich daran, dass auch ihm der Gedanke gekommen war, ob es klug war, einen Orc auszubilden. Als die Nachricht von Thralls Flucht bekannt geworden war, hatte Terenas Schwarzmoor augenblicklich zum Rapport bestellt.
»Es war schon schlimm genug, dass Ihr einen Orc zum Gladiatoren ausbilden musstet«, begann Terenas. »Doch ihm auch noch Militärstrategie und das Lesen und Schreiben beizubringen... Ich muss Euch fragen, Generalleutnant, was im Namen des Lichts habt Ihr Euch dabei gedacht?«
Arthas unterdrückte ein Lächeln, als Aedelas Schwarzmoor vor seinen Augen buchstäblich zu schrumpfen schien.
»Ihr hattet mir versichert, dass das Geld und die Materialien direkt in den Ausbau der Sicherheit gehen und dass Euer Orc gut bewacht würde«, fuhr Terenas fort. »Und dennoch ist er irgendwie dort draußen, statt sicher in Durnholde verwahrt. Wie konnte das geschehen?«
Schwarzmoor runzelte die Stirn und sammelte sich ein wenig. »Es ist sicherlich wenig erfreulich, dass Thrall fliehen konnte. Ich bin mir sicher, Ihr wisst, wie ich mich fühle.«
Das war ein Punkt für Schwarzmoor. Terenas litt immer noch darunter, dass Schicksalshammer vor seiner Nase geflohen war. Doch es war kein schlauer Schachzug des Generalleutnants.
Terenas runzelte die Stirn und fuhr fort. »Ich hoffe, das ist keine beunruhigende Entwicklung. Das Geld stammt aus der Arbeit der Menschen, Generalleutnant. Es soll ihnen Sicherheit bieten. Muss ich einen Verwalter mitschicken, der dafür sorgt, dass es richtig verteilt wird?«
»Nein! Nein, nein, das wird nicht nötig sein. Ich werde jede Kupfermünze nachweisen.«
»Ja«, sagte Terenas mit trügerischer Ruhe, »das werdet Ihr.«
Als Schwarzmoor schließlich ging und sich auf dem ganzen Weg nach draußen unterwürfig verneigte, wandte sich Terenas an seinen Sohn.
»Was hältst du von der ganzen Sache? Du hast Thrall in Aktion erlebt.«
Arthas nickte. »Er war ganz anders, als ich mir einen Orc vorgestellt habe. Ich meine... er war groß. Und kämpfte wild. Doch es war offensichtlich, dass er auch intelligent war. Und gut ausgebildet.«
Terenas strich sich durch den Bart und dachte nach. »Es gibt ein paar flüchtige Orcs dort draußen. Einige, die vielleicht nicht wie die anderen unter der Mattigkeit leiden. Wenn Thrall sie findet und ihnen beibringt, was er weiß, könnte das für uns sehr schlecht sein.«
Arthas setzte sich aufrechter hin. Möglicherweise war das die Gelegenheit, auf die er gewartet hatte. »Ich habe viel mit Uther geübt.« Und das hatte er wirklich. Unfähig, anderen – und sich selbst – zu erklären, warum er die Beziehung mit Jaina beendet hatte, hatte er sich in die Ausbildung gestürzt. Er kämpfte jeden Tag stundenlang, bis sein Körper schmerzte, und versuchte sich so zu verausgaben, dass ihr Bild aus seinem Kopf verschwand.
Das war es doch, was er wollte, oder? Sie hatte es gut aufgenommen. Warum lag er dann aber nachts wach, vermisste ihre Wärme und Gegenwart derart schmerzhaft, dass es schon eine Qual war? Er hatte sogar die bislang verachteten Stunden in ruhiger stiller Meditation willkommen geheißen, um sich
Weitere Kostenlose Bücher