WoW 09 - Thall-Drachendämmerung
keinen Lichkönig. Noch nicht, immerhin. Arthas war ein verheirateter Mann und Vater. Lordaeron war nicht zu Unterstadt geworden, bevölkert von den Untoten, sondern stattdessen regiert von Schwarzmoor, der auf dem Thron eines guten Mannes saß.
„Wenn man bedenkt, dass er die Welt so fest im Griff hat murmelte er.
„Was es umso eigenartiger erscheinen lässt, dass er plötzlich verschwunden ist", sagte Taretha.
„Verschwunden?"
„Ja. Seine Berater haben versucht, es zu vertuschen. Sie sagen, er sei auf einer Mission, um weitere Orcs aufzuscheuchen oder einige Drachen zu töten oder einen Friedensvertrag zu unterzeichnen, je nachdem, wem man glaubt. Aber er ist verschwunden."
„Vielleicht hat ihn ja jemand getötet", überlegte Thrall. Er lächelte leicht. „Das kann man nur hoffen."
„Wenn es so wäre, dann wäre es Zeit für einen Putsch", erwiderte Taretha. „Der Thron würde von jemand anderem besetzt - entweder von Arthas als rechtmäßigem Erben oder von Schwarzmoors Mörder. Nein, da geht etwas Merkwürdiges vor. Doch es wird nicht lange so bleiben. Ich bin sicher, dass Arthas und Varian bereits einen Angriff planen. Sie müssen Spione haben."
Sie hatte recht. Auch wenn sie keine Ausbildung erhalten hatte, war Taretha eine hochintelligente Frau. Es musste natürlich Spione geben, und Arthas und Varian würden garantiert so schnell reagieren wie möglich, um aus der mysteriösen „Abwesenheit" ihren Vorteil zu ziehen.
Thrall dachte angestrengt nach. Er wusste, er musste den Zeitweg reparieren oder die Welt würde sich auflösen. Vielleicht war es eine gute Sache, dass Schwarzmoor fort war. Vielleicht würde diese Welt so einen Weg eröffnen, damit sich der Zeitweg selbst reparieren konnte.
Und dennoch - das würde solch eine Tragödie bedeuten.
Die Seuche würde das Land überziehen. Tausende wären tot oder Schlimmeres.
Arthas würde der Lichkönig werden. Ein Gedanke ließ ihm den Schweiß ausbrechen: Was, wenn in dieser Welt Schwarzmoor der Lichkönig wurde? Er hatte Kel'Thuzad, der ihm Verlockungen einflüsterte.
Antonidas würde sterben und Dalaran würde fallen, so wie Quel'Thalas, die Elfenstadt.
Und Taretha...
Er stützte die Stirn einen Moment lang in seine Hand. Die Aufgabe schien unmöglich. Wenn er doch nur die Bronzedrachen finden könnte, um mit ihnen zu reden, zu erklären, was vorging. Selbst ein grüner oder roter Drache wäre eine Hilfe gewesen. Sie kannten die Aufgabe der Bronzenen, sie würden ihm die Geschichte der falschen Zeitwege glauben, zumindest in der Theorie.
„Glaubst... du, dass wir einen Unterschied machen?", fragte Taretha leise.
Er lachte bitter. „Ich glaube, wir müssen einen Drachen finden", sagte er. „Einen, der einem Orc zuhört, ohne mich gleich zu töten, und..."
Seine Augen weiteten sich.
„... und ich weiß, wo wir einen finden können."
***
Krasus saß in seinem Studierzimmer. Selten hatte er sich wohler gefühlt als hier. Es war ein warmer Raum, kleiner, als er ihm durch seine Position bei den Kirin Tor zugestanden hätte, aber gemütlich. Momentan war jedes bisschen Platz, vom Schreibtisch über kleine Ablagen bis hin zur Spitze eines Bücherstapels, mit aufgeschlagenen Büchern bedeckt. Nur wenn er an der Seite seiner Gefährtin Alexstrasza war, spürte er mehr Freude im Herzen als hier. Er war ungern von ihr getrennt. Doch niemand verstand „Pflicht" besser als die Lebensbinderin. Sie wusste, dass seine Arbeit hier unter den Kirin Tor letztlich dem Schwarm, und was in den Augen seiner Geliebten noch wichtiger war, auch Azeroth helfen würde. Die Menschen, Hochelfen und Gnome, mit denen er zusammenarbeitete, glaubten, dass Drachen, die so lange lebten, voneinander gelangweilt waren und deshalb gern mal auswärts arbeiteten. Doch da lagen sie falsch.
Eine Kugel schwebte in der Nähe. In Grün, Braun und Blau gehalten war sie eine exakte Nachbildung von Azeroth. Hier und dort verteilt lagen Gerätschaften, Schmuckstücke und andere unbezahlbare Dinge. Im Moment übertrug Krasus geschäftig etwas aus einem sehr alten Buch auf Pergamentpapier. Denn würde das Buch zu oft benutzt, würde es zu Staub zerfallen. Magie hielt das Buch derzeit schützend zusammen, aber Krasus war pragmatisch und wusste, dass eine Kopie stets eine weise Sache gegen die Unbilden der Zeit war. Diese Aufgabe hätte ein Anfänger mit Leichtigkeit erledigen können, doch Krasus machte es lieber selbst. Es passte einfach zu seiner lehrerhaften, magischen Art,
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