WoW 09 - Thall-Drachendämmerung
zweifelsfrei genau zu wissen, was er tat.
Sekunden nach dem Tod ihres Bruders zog ein Sturm am Himmel über dem Wyrmruhtempel auf. Schwarz-lila Wolken wirbelten wütend umher. Mit einem mächtigen Krachen entlud sich der Himmel. Kirygosa schrie auf und presste die Hände auf ihre gepeinigten menschlichen Ohren.
Blendend weißes Licht schoss nach oben und unten. Es war wie eine Lanze, die den Himmel bis ins Unendliche durchstieß und ebenso tief in die Erde eindrang. Sie erkannte es als eine Nadel, ein Werkzeug, das aus arkaner Energie bestand. Einst hatte Malygos solche Nadeln benutzt, um arkane Magie aus den Leylinien von Azeroth in den Nexus zu transferieren.
Nun wurde der Prozess umgekehrt. Die Nadel zog Kraft aus dem Nexus.
Und gefangen von der Nadel zwischen Himmel und Erde war Chromatus.
Die Spitze von fast unfassbarer magischer Energie bohrte sich in den riesigen, gesprenkelten, leblosen Körper der Monstrosität. Kirygosa zitterte, während sie es beobachtete, schlang die Arme um sich und registrierte kaum die Nadeleinstiche und Narben auf ihrer bleichen Haut. Sie wusste nur zu genau, dass sie ein Grund von mehreren war, weshalb dieser gespenstische Vorgang vor ihr ablief. Sie hatten sie für Experimente benutzt. Doch sie hatten sie aus zwei Gründen am Leben gelassen: wegen ihrer Abstammung und ihres Geschlechts.
„Du hast Glück, meine Liebe", sagte der Vater des Zwielichts neben ihr. „Glücklich unter den Drachen bist du, dies mitzuerleben... und etwas dazu beigetragen zu haben."
„Sieht so aus, als hätte mein Bruder einen größeren Anteil geleistet", sagte Kiry so zornig, dass ihre Stimme rau und brüchig klang. „So also belohnt der Schattenhammer Dienst und Treue. Arygos hat für Eure Sache einen ganzen Schwarm verraten - eigentlich ein ganzes Volk - und du hast ihn getötet!"
„Ich habe ihn getötet, weil er versagt hat, nicht, weil er diente", erwiderte der Vater des Zwielichts milde. „Und ja, so honoriert der Schattenhammer Versagen."
„Todesschwinge schien nicht sehr zufrieden mit den Fortschritten zu sein, die du gemacht hast", zischte Kirygosa eisig. „Du könntest der Nächste sein, nach meinem armen irregeführten Brud..."
Er zog an der Kette. Ihre Worte wurden zu einem gequälten Wimmern, als sich die Kette in ihren Hals brannte. „Ich würde meine Worte sorgfältiger wählen, Kleine."
Sie bekam wieder Luft und einen verzweifelten Moment lang erschien ihr der drohende Tod süßer als eine Existenz als Werkzeug, das ihrem Schwarm schadete. Sie öffnete den Mund zu einer beleidigenden Antwort, als ein wildes, euphorisches Brüllen von einer aufgeregten Gruppe Kultisten unter ihnen ihr die Worte in der Kehle ersterben ließ.
Chromatus bewegte sich.
Nur ein wenig und schwer zu erkennen, aber eine Klaue öffnete und schloss sich. Der Rest von ihm lag da wie tot. Dann zuckte der mächtige Schwanz. Ein Kopf - der Schwarze - drehte sich.
Der Vater des Zwielichts lief zum Rand der Plattform. „Er lebt! Er lebt!" Er ballte eine Faust und stieß sie in die Luft.
Die Gruppe unten jubelte noch lauter.
Die magische Nadel pulsierte. Ihre Energie bohrte sich in den belebten Körper. Mit jedem Moment, der verging, schien es Kirygosa, als würde das Monster stärker. Seine anderen Gliedmaßen begannen zu zucken. Einer nach dem anderen hoben sich die hässlichen Köpfe. Wie Tentakel eines riesigen Seeungeheuers zuckten und bewegten sie sich, sahen sich um, öffneten ihre Mäuler. Zehn Augen standen nun offen und ihre Farbe zeigte eine Übereinstimmung, die dem Rest des Drachen fehlte. Jedes Augenpaar war von hell leuchtendem Lila. Er war zwar am Leben und bewegte sich. Aber an einigen Stellen waren die Knochen zu sehen. Schuppen waren abgefallen, verwesende Haut darunter sichtbar geworden. Jedem der Köpfe schien etwas zu fehlen - ein Ohr, ein triefendes Auge...
„Chromatus!", rief der Vater des Zwielichts. „Zu mir, mein Sohn, den ich geboren habe. Sieh mich an!"
Ein rotes Ohr zuckte. Grüne Nüstern leuchteten. Der bronzefarbene Kopf drehte sich langsam auf dem Hals. Einer nach dem anderen, zunächst noch unbeholfen, da ungeübt, folgten die Köpfe, bis alle fünf den Vater des Zwielichts ansahen.
„Unser... Vater", sprach der bronzefarbene Kopf mit vornehmer Stimme, obwohl die Worte zunächst noch schwerfällig klangen.
Die lila Augen in dem blauen Kopf zogen sich zusammen, azs ihr Blick auf Kirygosa fiel. Düsteres Gelächter dröhnte durch den blauen Kopf. Als er sprach,
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