WoW 09 - Thall-Drachendämmerung
wankte es, dann wurde sein Flügelschlag kräftiger und es griff an.
Kirygosa hatte vor allem in den letzten Monaten ihrer Gefangenschaft Albträume gehabt. Täglich war sie gefoltert worden, gefangen in ihrer menschlichen Gestalt. Dabei hatte sie auf den Tod gewartet. Ja, sie hatte viele Albträume durchlitten. Doch die waren nichts gegen die schreckliche Realität gewesen, die sie nun miterleben musste.
Chromatus bewegte sich ruckartig, wie eine Puppe, ein Ding, das niemals existieren dürfte. Doch er war sogar größer als der Aspekt Kalecgos. Und seine ungelenken Bewegungen liefen irgendwie schneller ab, seine brutalen Schläge waren tödlicher als die der lebendigen Drachen, egal, ob sie an seiner Seite oder gegen ihn kämpften. Er setzte mehr als physische Stärke und Beweglichkeit ein. Unter das Weiß arkaner Magie und das Lila der Zwielichtdrachenangriffe mischten sich andere Farben: das Rot vom Feuer der roten Drachen, eine smaragdgrüne Giftwolke der grünen Drachen: Chromatus kämpfte mit den Fähigkeiten aller anderen Drachenschwärme gleichzeitig.
Kirygosa konnte die Triumphschreie der Zwielichtdrachen hören, die plötzlich mit neuem Enthusiasmus kämpften. Noch vor wenigen Augenblicken hatten sie feige den Schwanz herumgeworfen, jetzt waren sie wieder eisern entschlossen und unerbittlich in ihrem Kampf.
Schon der reine Anblick dieser Obszönität war erschreckend. Dieses Monster hätte nicht sein sollen und doch war es hier, spie Feuer, benutzte Illusionen, ging mit dem Tod auf seine ungelenke Art um, die irgendwie brutal und zugleich tödlich effektiv war.
Mehrere Drachen aus Kirygosas Schwarm wurden unmittelbar von Chromatus getötet. Andere waren starr vor Schreck und wie hypnotisiert von dem Anblick des chromatischen Drachen, dass sie nicht auf die Zwielichtdrachen achteten, die immer noch in der Luft waren. Kirygosa sah, wie ein blauer Drache versuchte, von hinten an Chromatus heranzukommen. Doch mit einem einzigen, fast beiläufigen Schlag seiner machtvollen Klaue brach er ihm das Genick. Der blaue Drache war augenblicklich tot und wieder mit seinem Artgenossen vereint. Schmerzerfüllt wandte sich Kirygosa ab und verbarg ihr Gesicht. Eine feste Hand packte ihre und zog sie weg. Sie richtete ihre tränenerfüllten Augen auf den Vater des Zwielichts. Dabei hätte sie beinahe die Gesichtszüge unter der dunklen Kapuze erkannt.
„Wer lacht jetzt, kleines blaues Mädchen?", zischte er. „Chromatus ist kaum aus dem Schlaf des Todes erwacht und sieh nur, was er tut! Sieh!" Er zerrte sie zum Rand der Plattform, packte ihr Kinn und schob die Arme beiseite. „Sieh!"
Immerhin, dachte Kirygosa, kann er mich nicht zwingen, meine Augen zu öffnen.
***
Thrall konnte förmlich spüren, wie das Gefühl der Niederlage durch den blauen Drachenschwarm lief. Er fühlte es mit ihnen.
Es war ein Drache, aber ein Drache, der aus dem schlimmsten Albtraum der Verlassenen hervorgegangen schien. Er hatte fünf Köpfe, jeder von einer anderen Farbe. Das Monster bewegte sich ruckartig und war halb verrottet, als würde die Geißel zum Angriff blasen. Doch dieses Ding lebte, es war nicht untot. Jeder der Köpfe griff mit solcher Gewalt an, dass ein ganzer Schwarm, der den Sieg praktisch schon in Händen gehalten hatte, in Panik verfiel.
„Was ist das?", rief er Kalec zu.
Der Aspekt antwortete nicht sofort. Er war zu beschäftigt, ein paar Angriffe abzuwehren. Dann schrie er zurück: „Ein chromatischer Drache!"
Thrall erinnerte sich, was Desharin ihm über diese Kreaturen berichtet hatte. Es waren Flickwerk-Monster, deren Teile aus allen fünf Schwärmen stammten. Desharin hatte gesagt, sie alle wären tot.
Dieses hier war jedoch offensichtlich sehr lebendig.
Thrall starrte eine Sekunde das Biest an, versuchte herauszufinden, was es war und was es dem blauen Drachenschwarm und selbst Kalecgos, dem neuen Aspekt, antat. Es war nur ein Augenblick der Unachtsamkeit, des Schrecks - aber es war ein Augenblick zu lang.
Das Ding griff sie an, die fünf Köpfe bereit. Der Gestank seines verrotteten Fleischs war fast übermächtig. Kalec warf sich aus dem Weg. Thrall klammerte sich mit all seiner Kraft fest. Er wähnte sich schon in Sicherheit, als etwas gegen seinen Körper krachte. Irgendetwas schlug nach ihm, als wäre er nicht mehr als eine Fliege, die auf dem Rücken eines Wolfs ritt. Obwohl Kalecs kunstvolles Manöver ihn vor einem direkten Angriff des vielköpfigen chromatischen Drachen bewahrt hatte,
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