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entschärft? Nichts Genaues weiß man nicht. Na dann...“
Mein
Kopf arbeitete unbewußt. Plötzlich dachte ich an Hélène Dulaure.
Man
darf keine Möglichkeit außer acht lassen. Das wird Ihnen jeder drittklassige
Flic erzählen, der gerade seinen ersten Hühnerdieb festgenommen hat. Aber seit
ich in dieser trüben Brühe fischte, hatte ich ‘ne Menge außer acht gelassen.
Ganz besonders die Bürovorsteherin von Mado. Ich mußte mir jedoch mildernde
Umstände zubilligen. Schon wegen meiner geheimnisvollen Tracht Prügel.
Dabei
war dieses schlecht gekleidete Mädchen bestimmt eine interessante Person, mit
mehr Komplexen, als sich ein berühmter Psychoanalytiker träumen ließ. Gehörte
zu den führenden Mitgliedern des Gil-Andréa-Fanclubs, ohne daß Mado was davon
wußte. Oder vielleicht doch? Konnte sein, daß sie meine Unterhaltung mir ihrer
Chefin am letzten Freitag belauscht hatte...Ich hatte Mado sprechen wollen, um
festen Boden unter die Füße zu bekommen. Mados Tod zog mir den Boden erst so
richtig weg. Ich konnte versuchen, ihn bei Mademoiselle Dulaure
wiedergutzumachen.
Ich
blätterte noch einmal in den Papieren auf Mados Schreibtisch. Nirgendwo stand
die Adresse von Mademoiselle Dulaure. Klar. Die gehörte in die Agentur. Dort
hatte sie sicher eine eigene Akte. Ich mußte dorthin. Heute nacht sollte es mir
auf ein Schloß mehr oder weniger nicht ankommen. Außerdem mußte ich das in der
Agentur nicht aufbrechen. Die Schlüssel lagen hier im Schreibtisch. Mado
brauchte sie ja doch nicht mehr.
Ich
wischte mit meinem Taschentuch über alle glatten Flächen, auf denen
Fingerabdrücke von mir sein konnten. Dann verließ ich den Schauplatz der Tragödie.
14
Familiensinn
Lautlos
betrat ich den Vorraum der Agentur Interstar. Ich leuchtete mit einem
Streichholz und ging in das Büro von Mademoiselle Dulaure. Die Fensterläden
waren geschlossen. Ich konnte es wagen, Licht zu machen. Ich berührte den Lichtschalter.
Weiter kam ich jedoch nicht. Am anderen Ende des Korridors stand die Tür zum
Allerheiligsten einen Spalt auf. Drinnen brannte Licht...Noch ein übler Scherz
für Nestor! Wie überall! Wie immer! Ich schlich mich auf leisen Sohlen an.
In
dem großen Zimmer brannten alle Lampen. Neben dem Glasschreibtisch stand eine
Frau. Sie war ausnahmsweise nicht tot.
Sie
beugte sich über die Papiere, die auf der Schreibunterlage verstreut lagen.
Vertieft in ihre Arbeit, hatte sie mich nicht kommen hören.
„Machen
Sie Überstunden?“ fragte ich.
Hélène
Dulaure schreckte hoch. Das Blatt in ihrer Hand fiel zu Boden, die Hand fuhr an
den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken. Sie drehte sich um.
„Genau
zu Ihnen wollte ich!“ fügte ich hinzu.
Sie
stammelte:
„Was...
was...“
Der
Schreck entstellte ihr ungefälliges Gesicht. Es war häßlicher denn je. Sie sah
mich nicht an, sondern die Tasche meiner Jacke, die von meiner Faust und meiner
Pfeife ausgebeult war. Die vermutete Pistole jedoch lag in meinem Koffer im
Hotel. Hélène Dulaure zitterten die Knie. Hätte der Schreibtisch dort nicht
gestanden, wäre sie umgekippt.
„Ich
bin nur der neue Nachtwächter“, witzelte ich. „Regen Sie sich doch nicht so
auf!“
Ihr
Blick löste sich von dem Revolverersatz meiner Bruyèrepfeife. Sie sah mir ins
Gesicht und ging zum Angriff über.
„Sind
Sie nicht Nestor Burma? Wer hat Ihnen erlaubt...“ versuchte sie, die Situation
zu meistern.
Weiter
kam sie nicht. Die Müdigkeit schien sie zu überwältigen. Vielleicht war es
heute nacht zu viel für sie gewesen. Ich ging zu ihr, nahm sie beim Arm und
setzte sie in einen Sessel. Ich hatte gerade eine Sauftour hinter mir. Das darf
man nicht vergessen. Also setzte ich mich auch. Allerdings auf die
Schreibtischkante, damit es aussah, als überblickte ich die Situation.
„Plaudern
wir ein wenig“, sagte ich. „Suchen Sie hier, was Sie bei Mado nicht gefunden
haben?“
Es
war mir nicht so vorgekommen, als hätte jemand vor mir Mados Wohnung
durchwühlt. Ich konnte aber ruhig fragen. Die arme Vogelscheuche schielte mich
aus runden Augen an, sagte eine Weile nichts. Dann seufzte sie:
„Ihnen
bin ich sowieso nicht gewachsen... Ja... Hat sie gemerkt, daß ich da war?“
„Sie
hat ‘ne Menge gemerkt“, lachte ich. „Was haben Sie gesucht?“
Sie
muckte auf:
„Das
geht Sie nichts an.“
„Aber
die Polente.“
„Die...die
Polizei?“
„Aber
ja. Überrascht?“
„Die
Polizei hat nichts damit zu tun.“
„Wirklich
nicht? Sie machen
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