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Schloß aus. Sekunden
später bewegte sich was. Ich trat lautlos ein, schloß ebenso lautlos die Tür
hinter mir. Im Korridor lauschte ich. Kein Ton. Das Telefongespräch war wohl zu
Ende. Ich versuchte, mich zu orientieren. Unter einer Tür links sah man Licht.
Ich stieß die Tür auf. Eine Art kleiner Salon, hell erleuchtet, aber kein
menschliches Wesen. Dieses Zimmer lag zur Straße. Ich hatte von unten sein
Fenster gesehen. Der dicke Teppich dämpfte meine Schritte. Ich ging ins
Nebenzimmer. Hier war es dunkel. Nur hinten leuchtete ein helles Viereck. Die
Tür zum Schlafzimmer. Ich konnte ein Stück vom Bett sehen. Auf leisen Sohlen
ging ich hin.
„Na,
Mado?“ sagte ich.
Es
war wirklich das Schlafzimmer. Hübsch, behaglich. An den Wänden eine
Seidentapete, in der Luft ein teures Parfüm. Sehr erotisch. Vor den Fenstern
hingen schwere rote Samtvorhänge. Eine Stehlampe in der Ecke und eine
Nachttischlampe verbreiteten ein warmes Licht.
Ich
hatte mich nicht geirrt. Vierzig Jahre oder nicht, sie war eine schöne Frau.
Gewesen. Sie lag schräg auf dem Bett. Ihre gesamte Bekleidung bestand aus einem
Uhrenarmband und einem bernsteinfarbenen Nylonstrumpf. Das Armband trug sie am
Handgelenk, den Strumpf um den Hals. Wie der Wachmann eben machte der
Sekundenzeiger auf dem Zifferblatt seine Runden. Das war aber auch das einzige,
was sich an der Frau bewegte.
*
* *
Dieser
Anblick verscheuchte die letzten Nebel meines Rausches. Dafür verspürte ich in
den Beinen plötzlich eine gewaltige Müdigkeit. Einen Kunden zu verlieren, das
nimmt einen immer ziemlich mit. Eins von diesen Dingern, die man Puff nennt,
war umgekippt. Ich stellte ihn wieder hin und setzte mich drauf.
Der
Kampf hatte wohl nicht lange gedauert. Dabei war das Telefon auf den Boden
gefallen. Deshalb das Besetztzeichen. Schließlich hatte der Nylonstrumpf der
heftigen Turnübung ein Ende gesetzt. Auf der Etage gab es keine Nachbarn, und
die von unten hatten bestimmt nichts gehört, weil der Teppich so dick war.
Als
ich meinte, mich wieder erholt zu haben, stand ich auf und inspizierte die
sterblichen Überreste der früher so lebenssprühenden Leiterin der Agentur
Interstar. Ein scharfer Gegenstand, nach den Wunden zu urteilen ausgezackt —
ich fand ihn auch später nicht — , hatte auf jeder ihrer Wangen ein blutiges
Kreuz zurückgelassen. Das Zeichen für einen Verräter. Das sah nach übelster
Unterwelt aus... oder nach Wahnsinn. Mado war noch nicht lange tot, ihre Leiche
noch warm. Was ich am Ende meines Telefongesprächs mit Mado für ein seltsames
Störgeräusch oder ein Abhörgerät gehalten hatte, war nur das Läuten an der
Eingangstür gewesen. Sie hatte sich über ihr super-durchsichtiges Nachthemd
einen Morgenmantel gelegt und war zur Tür gegangen, um zu öffnen. Dann war’s
früher oder später zur Sache gegangen. Der nächtliche Besucher konnte nur einer
ihrer Bekannten gewesen sein.
Ich
untersuchte die Wohnung. Zuerst den Schauplatz des Verbrechens, das
Schlafzimmer. Morgenmantel und Nachthemd lagen kaputt auf dem Boden. Waren Mado
wohl brutal von den Schultern gerissen worden. Ich hob beides auf. Das
erregende Nachthemd war jetzt nur noch als Scheuerlappen zu gebrauchen. Das
Dienstmädchen würde aber immer noch ins Schwärmen geraten. Ich ließ die
unbrauchbaren Kleidungsstücke liegen und durchwühlte die Schubladen des
hübschen Sekretärs. Ich suchte eine Notiz, ein Indiz, das meine Beziehung zu
dem Opfer verraten hätte. Die Sache in der Agentur Gauri reichte mir. Ich fand
nichts. Die Durchsuchung der anderen Zimmer brachte auch nicht mehr ein. Ich
ging ins Sterbezimmer zurück und setzte mich wieder auf den Puff.
Das
wär’s, Mado! Was von Ihnen übriggeblieben ist, ist noch sehr schön. So manche
Zwanzigjährige würde Sie darum beneiden. Trotzdem, es sind nur noch Ihre
sterblichen Überreste. Sie haben ein gefährliches Spiel gespielt. Welches, weiß
ich nicht. Genausowenig weiß ich, welchen Platz Sie mir zugedacht haben.
Schließlich haben die Ereignisse Sie überrollt. Ein schlechtgeölter Mechanismus
ist Ihnen um die Ohren geflogen. Und ich kenn immer noch nicht meine Rolle in
dem Drehbuch. Dauert wohl noch etwas, bis daß ich es weiß. Werd noch Federn
lassen müssen... Sie waren meine Klientin. Jetzt sind Sie’s nicht mehr. Ich
sollte die Finger davon lassen. Aber wer garantiert mir, daß nicht selbst dann
die Zeitbombe losgeht, die Sie für mich bestimmt eingestellt haben? Oder hat
Ihr Tod sie
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