Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle
an. »Was sagst du dazu?«
Simms zuckte mit den Schultern. »Daß er versucht, sich den Hals aus der Schlinge zu reden, Imp.«
Imperlino nickte und wandte sich wieder an Durant. »Fahren Sie fort.«
»Es liegt doch auf der Hand. Man hat die beiden das Geld stehlen lassen, weil man beabsichtigte, Simms auf Sie anzusetzen. Das wiederum bedeutete, daß Simms bis in Ihre Kommandozentrale gelangen mußte. Also entschied man, daß er mit schmutzigen Händen kommen müßte. Das dreckige Geld aus Saigon ermöglichte den perfekten Einstieg. Irgendwer in Washington hatte von den sechs Millionen Dollar erfahren, die verbrannt werden sollten, und Simms erhielt Anweisung, zwei davon zu stehlen. Es war schlicht genial. Geld, nach dem niemand fahndet, als Köder. Und Eddie McBride als lebender Beweis für die Tatsache, daß es wirklich gestohlen worden war. Und Sie haben angebissen, Sie haben die Story gekauft, mitsamt Ihrem neuen Partner Simms – nur wäre ich, wenn ich Sie wäre, ab jetzt irgendwie auf der Hut.«
Imperlino lächelte höflich, so als danke er Durant für eine brauchbare, aber nicht sonderlich aufregende Information. Dann, immer noch höflich lächelnd, fuhr Imperlino zu seinem alten Zimmergenossen herum und hob die Pistole, als Simms auch schon abdrückte und Imperlino zweimal in die Brust schoß.
Das höfliche Lächeln verschwand und kehrte zurück und verschwand wieder, diesmal für immer, während Imperlino gegen die Wand zurücktaumelte, auf den nackten Fußboden rutschte und, im Staub sitzend, starb, die Augen mit einem Ausdruck so tiefer Enttäuschung auf Simms gerichtet, daß sogar der Tod sie nicht ganz auszulöschen vermochte.
»Okay, Reg«, sagte Durant, seine Pistole auf Simms’ Rücken gerichtet. »Keine Tricks. Dreh dich um, und leg sie auf den Schreibtisch. Laß dir Zeit.«
Als Simms sich umdrehte, war Durant überrascht von dem Ausdruck echter Trauer auf Simms’ Gesicht. Andererseits, wie soll man sonst aussehen, wenn man gerade seinen besten Freund erschossen hat? dachte Durant. Er hat ein Recht darauf.
Simms tat, wie ihm geheißen. Er legte die Beretta auf die Schreibtischplatte und schob sie langsam zu Durant hinüber.
»Setz dich hin, und leg die Hände auf die Schreibtischplatte«, sagte Durant und bewegte sich vorsichtig auf die Beretta zu. Er nahm sie und steckte sie ein.
»Früher oder später hätte ich es natürlich sowieso tun müssen«, sagte Simms in einem nachdenklichen, sachlichen Ton, der keinerlei Bezug zu dem gequälten Ausdruck hatte, der noch auf seinem Gesicht lag.
»Wirklich?« sagte Durant und warf einen schnellen Blick auf Silk Armitage, die den toten Imperlino anstarrte und gerade begann, langsam den Kopf zu schütteln. Sie schüttelte ihn noch, als Durant wieder Simms anblickte.
»Du glaubst mir nicht?« sagte Simms.
»Was ich glaube, ist ziemlich unwichtig.«
»Mit dem armen Eddie McBride hattest du natürlich recht. Er war sozusagen der Beweis für meine Glaubwürdigkeit.«
»Wer hat dich auf Imperlino angesetzt, Reg?«
Simms zuckte mit den Achseln, der Schmerz auf seinem Gesicht war fast verebbt. An seine Stelle trat ein fragender Ausdruck. »Das spielt jetzt keine Rolle«, sagte er. »Im Augenblick interessiert mich nur, was du mit mir vorhast.«
Durant starrte Simms sekundenlang an und sagte schließlich: »Was ich zu entscheiden versuche, ist, ob ich abdrücken soll.«
»Soll oder kann?« sagte Simms.
»Soll ist mein Problem«, sagte Durant, »kann macht mir keine Kopfschmerzen.«
Simms lächelte, offenbar wieder ganz vergnügt. »Du kannst es nicht, Quincy, niemals.«
»Vielleicht machte es mir Spaß.«
»Blödsinn. Du würdest nie deinen eigenen Bruder erschießen. Deinen Halbbruder, um es genau zu sagen.«
Der Schock traf Durant wie ein grausamer, völlig unerwarteter Schlag – die Waffe in seiner Hand zitterte. Er weigerte sich instinktiv, es zu glauben, akzeptierte es dann, weigerte sich noch einmal und akzeptierte für immer – das Leben mit Mutmaßungen über seine wahre Identität war zu Ende gegangen. Und plötzlich merkte Durant, daß er es gar nicht zu Ende gehen lassen wollte. Und während er noch darüber grübelte und rätselte, betrat Artie Wu ohne jede Hast das Zimmer.
»Ich habe es Quincy gerade gesagt, Artie«, sagte Simms, »daß wir Brüder sind, meine ich. Du siehst wirklich geschockt aus, Quincy. Aber überlege doch mal. Warum, glaubst du, habe ich all die Jahre für dich Kindermädchen gespielt, nachdem du damals in
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