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Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Titel: Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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die Latigo Canyon Road abgebogen war.
    McBride fand einen Hohlweg, dem er bis zum Highway folgte. Er wartete, bis weder aus der einen noch der anderen Richtung ein Wagen kam, und hetzte über die Straße. Hier verstellte ihm ein hoher Drahtzaun den Weg. McBride bewegte sich an ihm entlang, bis er ein Loch fand, durch das er hindurchschlüpfen konnte. Er tastete sich vorsichtig weiter bis an den Strand, dort warf er sich in den Sand, um Kräfte zu sammeln. Nach seiner Schätzung war er gut zwei Stunden unterwegs gewesen und hatte mindestens sechs Meilen zurückgelegt. Wenn nicht sieben.
    Er sehnte sich nach einer Zigarette und holte die Schachtel Marlboro aus der linken Hosentasche, wobei sein Daumen hängenblieb und wie rasend schmerzte. Er steckte eine Zigarette in den Mund und fluchte leise, als ihm einfiel, was mit seinem Feuerzeug passiert war. Verdammte Scheiße, dachte er, sie werden es finden, und mit dem Emblem drauf kombinieren sie, daß es einem Marine oder Exmarine gehören muß, und Solly braucht auch nicht lange, um ihnen zu sagen, welchem. Er fragte sich, ob man den ausgebrannten Winnebago schon gefunden hatte. Wenn ja, war die Frage, wie lange die Polizei brauchte, um den Fahrzeughalter zu ermitteln, Sollys Schwager, und auf Solly zu stoßen. Eine Stunde, vermutlich. Allenfalls zwei.
    McBride versuchte zu entscheiden, was er tun sollte. In sein Hotelzimmer in Venice zurückzukehren wäre glatter Wahnsinn. Dort würde man ihn schon erwarten – entweder die Polizei oder ein paar von Sollys Jungs, die er noch nicht kannte. Er blickte an sich herab, um festzustellen, wie vorzeigbar er aussah. Aber es war zu dunkel. Immerhin war ihm klar, daß seine weiße Hose völlig verdreckt war und sein T-Shirt kaum weniger. Außerdem hatte er garantiert Schrammen und Prellungen von den zahlreichen Stürzen. Wenn er, so zugerichtet und auch noch ohne Wagen, in ein Motel marschierte, genügte ein Blick des Portiers, um ihm die Polizei auf den Hals zu schaffen.
    McBride suchte nach einem Ausweg aus seiner mißlichen Lage, aber er war nicht wirklich gut darin, Probleme zu lösen, und irgendwie dämmerte ihm das. Also stand er auf, klopfte den Sand ab und machte sich fast instinktiv auf den Weg Richtung Norden – zu jemandem, eine Meile oder so entfernt, der gescheiter war als er und vielleicht einen Einfall hatte. Er machte sich auf den Weg zu Quincy Durant.
     
    Durant saß auf der Couch im Wohnraum, auf den Knien einen Spiralblock, auf dem Plattenspieler das Cleveland Quartett mit Mozarts Adagio und Fuge in C-Moll (K. 546). Er fuhr zusammen, als laute Schritte auf der Holztreppe, die vom Strand zum Haus führte, Mozart übertönten. Aber wegen des Lärms, den die Schritte machten, entspannte er sich gleich wieder. Offenbar wollte der Besucher ihn damit vorwarnen.
    Er blickte auf die Notizen, die er sich gemacht hatte. Als Überschrift stand in Druckbuchstaben, die nachgerade kunstvoll ausgefallen waren, SILK ARMITAGE. Es folgten vier durchnumerierte Absätze von je drei Zeilen. Als er die Schritte auf der Holztreppe hörte, hatte er gerade den fünften Absatz begonnen. Er klappte den Block zu, schob ihn unter ein Couchkissen, stand auf und ging zur gläsernen Schiebetür. Er knipste die Außenbeleuchtung an und schob die Tür in genau dem Moment auf, als McBride die oberste Stufe erreicht hatte.
    McBride blieb stehen und grinste unsicher. »Wie geht’s?« sagte er. Durant musterte ihn. »Ich würde sagen, entschieden besser als Ihnen.«
    McBride nickte erschöpft. Erst jetzt merkte er, wie fertig er war. »Darf ich reinkommen?«
    »Sicher.«
    Durant trat zurück und ließ McBride eintreten. McBride blieb einen Augenblick lang ganz still stehen. Er schloß die Augen, schwankte ein bißchen und machte die Augen wieder auf. »Die Musik«, sagte er, »hört sich gut an. Klassisch, oder?«
    »Ja«, sagte Durant, »klassische Musik. Versuchen Sie mal den da«, sagte er und zeigte auf den Eames-Sessel. »Blut läßt sich von Leder besser abwaschen.«
    »Ich blute?«
    »Nicht sehr.«
    »Ich wußte gar nicht, daß ich blute.«
    »Sie haben da oben zwei ganz schöne Kratzer«, sagte Durant und berührte seine eigene linke Schläfe.
    McBride, wie jedermann an ein Spiegelbild gewöhnt, faßte sich zuerst an die rechte Schläfe. Dann bemerkte er den Irrtum und berührte die zwei Platzwunden an der linken Schläfe. Er betrachtete das Blut an seinen Fingern, sagte: »Hm« und setzte sich in den Eames-Sessel.
    »Was möchten Sie?«

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