Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle
sagte Durant. »Scotch oder Bourbon?«
»Gin«, sagte McBride. »Haben Sie Gin?«
»Habe ich«, sagte Durant. Er ging in die Küche und öffnete den Hängeschrank über dem Kühlschrank. Er nahm die immer noch ungeöffnete Flasche Tanqueray Gin heraus und die Flasche mit dem Scotch.
»Pur?« rief er zu McBride hinüber.
»Yeah, pur.«
Durant tat Eiswürfel in ein Wasserglas und goß Whisky und Leitungswasser zu. Dann öffnete er die Ginflasche und schüttete drei Finger hoch Gin in das andere Wasserglas. Er stellte die Flasche zurück und trug die Gläser in den Wohnraum. »Hier«, sagte er, »das bringt Sie wieder auf die Beine.«
»Danke«, sagte McBride. Er klang dankbar. Er nahm einen großen Schluck Gin und schüttelte sich. »Herr im Himmel.« Er versuchte, sich die Schachtel Marlboro aus der linken Hosentasche zu ziehen, blieb aber mit dem Daumen hängen. »Oh gottverdammter Hurensohn, oh Jesus H. Christus.«
Durant nahm seine Packung Pall Mall vom Couchtisch, schüttelte eine Zigarette heraus und bot sie McBride an. »Hier«, sagte er.
McBride nahm die Zigarette, ließ sich Feuer geben und inhalierte bis in die Lungenspitzen. Er mußte husten. »Ziemlich stark, oder?« sagte er.
Durant betrachtete ihn gründlich. »Wieder okay?«
»Yeah.«
»Sie werden nicht ohnmächtig oder so?«
»Nein, nein, alles okay.«
»Ich bin gleich wieder da.«
McBride trank Gin, bis Durant mit dem deckellosen Schuhkarton, seinem Arzneikasten, wieder erschien. McBrides Verletzungen waren weniger schlimm, als sie ausgesehen hatten, selbst die Platzwunden an der Schläfe. Durant wusch das Blut ab und versorgte die Wunden mit einem antiseptischen Mittel.
Anschließend hockte er sich wie ein Orientale auf die Fersen und begutachtete sein Werk.
»Ich glaube, Sie brauchen nicht mal Pflaster. Was macht denn der Daumen?«
»Der tut wahnsinnig weh. Ich glaube, ich habe ihn vielleicht noch mal gebrochen.«
»Unwahrscheinlich. Soll ich mal nachsehen?«
»Kennen Sie sich mit gebrochenen Daumen aus?«
Durant lächelte. »Ein bißchen. Es sollte reichen.«
McBride runzelte die Stirn, während er überlegte, ob er seinen Daumen einem Amateurarzt anvertrauen sollte. Als er zu dem Schluß kam, er sollte, streckte er Durant die linke Hand entgegen und sagte: »Hier.«
Durant lächelte wieder und besichtigte den Job, den der Drogenarzt an McBrides Daumen gemacht hatte. Nachlässig, dachte er, sogar regelrecht verantwortungslos. Der Daumen stand in einem Dreißig-Grad-Winkel zur Hand. Durant schnitt den Verband auf, benutzte die alte Schiene, um den Daumen gegen McBrides linken Zeigefinger zu schienen, und bandagierte ihn. Er hantierte schnell und sicher und erstaunlich behutsam. McBride brüllte nur einmal auf. Als Durant fertig war, setzte er sich wieder auf die Fersen, während Mc-Bride seinen frisch verpackten Daumen wie ein Geschenk des Himmels betrachtete.
»Echt stark«, sagte er. »Der Drogendoktor sollte sich ein Beispiel nehmen.«
»Ich habe den Daumen an die Hand geschient, damit Sie nicht immer damit hängenbleiben.«
»Klasse, ehrlich. Wo haben Sie das gelernt?«
Durant zuckte mit den Achseln. »Im Lauf der Zeit sammelt man so seine Erfahrungen.«
»Sie waren nie Arzt?«
Durant lächelte und schüttelte den Kopf. »Nein, nie.«
»Aber Sie machen das wie ein Arzt. Merkt man irgendwie. Ich meine an den Bewegungen.«
Durant fixierte McBride und sagte: »Was ist passiert, Eddie?«
»Sie meinen heute abend?«
»Ja, das meine ich.«
McBride holte problemlos seine Zigaretten aus der Tasche und zündete sich mit dem Tischfeuerzeug eine an. Er nahm auch noch einen Schluck Gin. Dann blickte er ins Leere und sagte: »Ich mußte beide töten. Ich erfinde das nicht, ehrlich nicht. Entweder die beiden oder ich, und mir fiel irgendwie kein überzeugender Grund ein, warum ich es sein sollte.«
Durant nickte, als verstünde er das ausgezeichnet. »Aber das war später, oder? Erst am Schluß.«
»Yeah.«
»Fangen Sie am Anfang an. Und lassen Sie sich Zeit.«
»Werden Sie die Polizei holen?«
»Weiß ich nicht. Das entscheide ich, wenn ich Ihre Geschichte gehört habe.«
McBride mußte über Durants Antwort erst mal nachdenken. Er drehte und wendete sie in seinem Hirn und begriff schließlich, daß er keine andere Wahl hatte. Keine einzige. Er seufzte und sagte: »Okay, es ist folgendermaßen passiert.«
Eddie McBride brauchte eine Viertelstunde, um seine Geschichte zu erzählen. Er erzählte sie mit einer leisen,
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