Wu & Durant 03 - Voodoo, LTD.
Cullen die andere Waffe auf den Tisch, schaute immer noch Georgia Blue an und sagte: »Was jetzt?«
»Das polizeiliche Kennzeichen«, sagte Georgia Blue.
Nachdem Colleen Cullen es genannt hatte, entspannte Georgia Blue die Schrotflinte, klappte sie auf, nahm die beiden Patronen heraus, legte die Flinte auf den Tisch und sagte: »Gib ihr das Geld, Otherguy.«
20
In seiner Rolle als Neuankömmling in Malibu verbrachte Booth Stallings an diesem Nachmittag und frühen Abend beinahe zwei Stunden damit, sich seinen etwas sprachlosen Nachbarn und ihren ganz und gar sprachlosen lateinamerikanischen Hausangestellten vorzustellen.
Dreimal wurde er ins Haus gebeten, zweimal schickte man ihn weg, zwei Türen wurden ihm vor der Nase zugeschlagen, viermal durfte er zu einem kurzen, kühlen Dialog auf der Schwelle stehenbleiben, und nur einmal wurde ihm höflich, wenn auch ohne jedes Verständnis zugehört, und zwar von einer Frau aus Düsseldorf, die hier Ferien machte und die, abgesehen von den beiden Worten ›Okay, großartige die sie zusammen mit einem strahlenden Lächeln ständig ins Gespräch warf, nur Deutsch sprach.
Die Nachbarn, die sich zu einem Gespräch herabließen, wußten nichts Zweckdienliches über William A. C. Rice den Vierten zu berichten – jedenfalls nichts, was sie Stallings anvertraut hätten. Bis er an der Tür des Doppelhauses klingelte, das auf der anderen Seite des Highway genau gegenüber von dem Haus stand, in dem Billy Rice gestorben war.
Der Mann, der in dem einstöckigen kanariengelben Haus an die Tür kam, war mindestens vierundsiebzig oder fünfundsiebzig Jahre alt. Außerdem war er barfuß und trug offensichtlich nichts am Körper als seinen kurzen grünen Frotteebademantel, Zigarette, Pilotensonnenbrille und den bernsteinfarbigen Drink, den er in der linken Hand hielt. Trotzdem dachte Stallings, daß ihm an dem zerfurchten Gesicht mit dem breiten, verbitterten Mund, in dessen linker Ecke eine Zigarette steckte, irgend etwas bekannt vorkam.
Die Zigarette hüpfte ein wenig auf und ab, als der Mann sprach, bevor Stallings auch nur ›Hallo‹ sagen konnte: »Glauben Sie wirklich, daß er Sie für zwei Wochen nach Hawaii schicken wird?«
»Wer?«
»Der Boss der Drückerkolonne, der einen Mann in Ihrem Alter noch von Haustür zu Haustür treibt, um Zeitschriftenabonnements an Land zu ziehen.«
»Ich hab’ nichts zu verkaufen, mein Freund«, erwiderte Stallings mit einem Lächeln, von dem er hoffte, daß es vertrauenerweckend und unbefangen genug war. »Mein Name ist Booth Stallings, und ich möchte nur meine Aufwartung machen, weil ich Ihr neuer Nachbar bin.«
»Welches Haus?«
»Direkt gegenüber, das Haus, das dem armen Mr. Rice gehört hat.«
Der Mann nickte, nahm die Zigarette aus dem Mund, trank ganz automatisch einen Schluck von seinem Drink, steckte die Zigarette wieder an ihren Platz und sagte: »Billy Rice mag ja vieles gewesen sein, aber arm war er ganz bestimmt nicht.«
»Sie kannten ihn ganz gut, oder?«
»Können Sie ’nen anständigen Drink vertragen?«
»Ich fürchte, ja.«
»Also, dann kommen Sie. Wir schenken uns einen ein, und Sie können sich mit Rick Cleveland, dem freundlichsten Nachbarn der Gegend, besser bekannt machen.«
Es entstand eine kurze, kaum wahrnehmbare Pause, bis Cleveland ihm die rechte Hand entgegenstreckte, als hätte er darauf gewartet, daß Stallings den Namen seinem Gesicht zuordnen würde. Nachdem Stallings die Hand ergriffen hatte, ging er das Risiko ein und sagte zu seinem Gegenüber: »Richtig, Sie sind ja Schauspieler.«
Dem kaum merklichen Kopfnicken folgte der Anflug eines erleichterten Lächelns, bevor Cleveland sich umdrehte und ins Wohnzimmer vorausging. »Ja, aber ich hab’ in den letzten Jahren nicht viel gearbeitet.«
Stallings vermutete, daß es sich eher um zehn als um zwei Jahre handelte. »Wohnen Sie schon lange in Malibu?« fragte er.
»Seit einundfünfzig. Und in L. A. seit siebenunddreißig«, antwortete Cleveland und nahm eine halb leere Flasche Vat 69 von einem Tisch mit Marmorplatte. »Ist Ihnen Scotch recht?«
»Sicher.«
»Wasser?«
»Ein wenig.«
»Brauchen Sie Eis?«
Da nirgends etwas zu entdecken war, sagte Stallings: »Hab ich mir abgewöhnt.«
Als er seinen Drink in Händen hielt, drehte Stallings sich zu dem großen Fenster um, durch das man einen Ausblick auf den Pacific Coast Highway, das Haus von Billy Rice und – wenn man auf die Zehenspitzen stieg – einen schmalen Streifen des
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