Wuensch dich ins Wunder-Weihnachtsland
Postamtes. Sie lächelte und schüttelte zur Begrüßung jedem Helfer die Hand. Anschließend verkündete sie: „Es ist jetzt 7:38 Uhr. Nun wollen wir es Weihnachten werden lassen! Die Kinder warten schon sehnlichst auf ihre Geschenke.“
Und so war es auch. Seit zwei Wochen wurden täglich immer praller gefüllte Postsäcke angeliefert. Im kleinen und engen Himmelspostamt herrschte große Hektik. Jedes Engelchen kannte genau seine Handgriffe: Die gelieferte Post wurde verteilt, geöffnet und nach Dringlichkeit und Art der Geschenke sortiert. Dieses Treiben beobachtete Frau von Corpus-Callosum äußerst genau von ihrem Büro aus.
Am nächsten Morgen empfing die neue Oberpostmeisterin alle Engel an der Eingangstür.
„Bei unserer Dienstleistung ist Pünktlichkeit enorm wichtig“, belehrte sie in einem militärischen Ton immer wieder.
Als drei Helfer etwas verspätet eintrafen, bestrafte ihre Vorgesetzte diese mit strenger Mine. „Dafür werdet ihr am Heiligen Abend die Nachtschicht übernehmen.“
Niemand traute sich, etwas zu entgegnen. Auch während des gesamten Tages herrschte im Postamt eine sehr gedrückte Atmosphäre, denn Frau von Corpus-Callosum patrouillierte wie eine Oberlehrerin an den Engeln vorbei und beobachtete jeden Handgriff mit eisigem Blick. Wenn jemand sprach, so wurde dieser ermahnt und zu einer Sonderschicht verdonnert. Daher wagte auch niemand mehr auch nur zu flüstern, geschweige denn einen Scherz zu machen.
Am ersten Dezember war die Auslieferung der Adventskalender abgeschlossen. Üblicherweise hatten die Engel den folgenden Tag frei, damit sie vor den hektischen Wochen noch einmal Kraft tanken konnten. Doch in diesem Jahr war alles anders.
„Ab morgen müsst ihr doppelt so schnell arbeiten!“, vermeldete die Oberpostmeisterin.
Die Engel schauten sich fragend an, aber niemand wagte, nach dem freien Tag zu fragen.
„Außerdem gebe ich noch ein paar neue Vorschriften bekannt. Regel Nummer eins: In Zukunft werden nur noch korrekt adressierte Briefe bearbeitet. Wenn die Kinder die DIN-Norm nicht einhalten, dann sollen sie auch keine Geschenke bekommen. Regel Nummer 2: Wenn der Wunschzettel auch nur einen Rechtschreibfehler enthält oder nicht in der feinsäuberlichsten Sonntagsschrift verfasst ist, wird er weggeworfen. Schließlich können sich die Kinder für ihre Geschenke auch etwas anstrengen. Und Regel Nummer 3 lautet: Geringwertige Bestellungen werden nicht mehr ausgeliefert. Wir sind erst ab einem Wert von 150 Euro zuständig. Wer meine Anweisungen nicht beachtet, dem werden die Flügel gestutzt!“
Es herrschte betretenes Schweigen im Raum. Dann durften die Engel das Himmelspostamt verlassen.
Draußen wurde aufgeregt diskutiert: „Das kann sie doch nicht machen!“, „Die armen Kinder!“, „Das müssen wir melden!“ waren einige Äußerungen. Doch niemand traute sich zum Christkind zu gehen, weil jeder Engel Angst vor den Konsequenzen hatte. Mittlerweile waren auch Gerüchte im Umlauf, dass „von Corpus-Collosum“ gar nicht der richtige Name der Oberpostmeisterin sei und sie eigentlich eine Stelle bei den himmlischen Streitkräften haben wollte.
Die Engel führten in den folgenden Tagen brav die neuen Anweisungen aus, bis es der kleine Nathaniel nicht mehr aushielt. Er nahm allen Mut zusammen und schlich in einem günstigen Moment zum Christkind. Dort erzählte er von den Veränderungen seit Alfons’ Weggang.
Das Christkind traute seinen Ohren kaum und sicherte dem kleinen Engel zu: „Ich werde mich der Sache annehmen!“
Am nächsten Tag wurde Rosina von Corpus-Callosum zum Christkind gebeten.
„Ich habe einen Spezialauftrag für Sie. Bringen Sie bitte ein Päckchen noch heute auf die Erde. Ausnahmsweise wird dieses Geschenk schon vor Weihnachten zugestellt.“
„Natürlich!“, antwortete die Oberpostmeisterin knapp. Sie nahm den Karton mitsamt Wunschzettel und Spezialschlüssel, der alle Türen in der Menschenwelt unbemerkt aufschließen konnte, entgegen.
Die Oberpostmeisterin wunderte sich natürlich über diesen Auftrag, doch sie erledigte ihn pflichtbewusst. Die Adresse führte sie zu einem kleinen, ärmlichen Haus. Sie sperrte die Eingangstüre auf und ging in das bescheidene Wohnzimmer, in dem der Weihnachtsbaum schon geschmückt in der Ecke stand.
Nun schaute sie sich noch einmal den Brief an.
„Ein fürchterliches Gekritzel!“, entfuhr es ihr. Außerdem stellte sie kopfschüttelnd fest, dass der Wunschzettel mit Fehlern übersät war, und
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