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Wuensch dir was

Wuensch dir was

Titel: Wuensch dir was Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern Ursula C Sturm
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gutgeht.«
    »Oh, die ist gerade nicht da«, sagte ich rasch, um Zeit zu gewinnen.
    »So, so.« Frida musterte mich mit zusammengekniffenen Augen.
    »Weißt du was, Lucy? Es mag vielleicht seltsam klingen, aber deine Freundin sieht haargenau aus wie deine Großmutter in jungen Jahren.«
    »Das ist meine Cousine … Michele«, schwindelte Lucy hastig. »Die Enkelin von Grandmoms Bruder.«
    »Die Ähnlichkeit ist verblüffend.« Frida trat ungläubig näher.
    »Äh, ja, das sagen viele«, stammelte ich.
    »Es kommt mir vor, als würde ich einen Blick in die Vergangenheit werfen«, staunte Frida.
    »Ja, auch das höre ich oft.« Ich überlegte fieberhaft.
    Frida schwieg einen Augenblick.
    »Ellie hat aber nie erwähnt, dass ihr Bruder eine Enkelin hat«, sagte sie dann.

    »Doch, doch. Sie erinnern sich bloß nicht«, sagte ich im Brustton der Überzeugung. Frida ist nämlich unheimlich leichtgläubig. Geradezu einfältig zuweilen. Als wir noch Kinder waren, habe ich ihr einmal eingeredet, es würde regnen, obwohl der Himmel strahlend blau war.
    »Ach, jetzt, wo du es erwähnst … Kommst du aus Chicago?«, fragte sie.
    »Ja, ganz recht«, sagte ich selbstsicher.
    »Tja … dann willkommen in Philadelphia.« Sie lächelte.
    Arme Frida. Sie kennt mich quasi von Geburt an, und es vergeht kein Tag, an dem wir nicht zumindest miteinander telefonieren. Keine Ahnung, wie sie ausgerechnet auf Chicago kommt. Niemand aus meiner Familie hat je in Chicago gelebt.
    »Wo wollte Ellie denn hin?«, erkundigte sie sich.
    »Sie ist zu Mom gefahren«, erklärte Lucy geistesgegenwärtig.
    »Verstehe. Nun gut, da offenbar alles in Ordnung ist, will ich euch nicht länger stören«, sagte sie und wandte sich zum Gehen.
    Ihre Gestalt im Morgenmantel war ein solcher Kontrast zu Lucy und mir, dass mir der Anblick einen Stich versetzte. Frida war ein so sanftes, zerbrechliches Wesen, dass ich stets das Gefühl hatte, auf sie aufpassen zu müssen; nicht bloß, als wir noch Kinder waren, sondern auch später, als sie längst eine eigene Familie hatte. Frida war keine große Schönheit, und sie hatte keinerlei
Gespür für Mode. Sie wirkte nie jugendlich, nicht einmal, als sie noch jung war. Ich weiß nicht, wie sie reagiert hätte, wenn sie herausbekommen hätte, dass ich es war. Sie war noch nie sehr belastbar und ist es bis heute nicht.
    »Frida«, rief ich ihr nach. Sie hielt inne. »Wollen Sie nicht mit uns Mittagessen gehen?«
    Sie drehte sich um und sah uns lächelnd an. Ich wusste, das war genau das, was sie hatte hören wollen.
    »Vielen Dank, aber ich bin heute ziemlich beschäftigt.«
    Das war natürlich gelogen.
    »Aber ich wünsche euch einen schönen Tag«, fuhr sie fort, und schon war sie zur Tür hinaus.
    »Wiedersehen!« Ich sah ihr nach, und das Herz wurde mir schwer.
    Und das brachte mich wieder zur Vernunft. Frida. Barbara. Und auch die Tatsache, dass Lucy nicht mehr auf mich hören wollte, obwohl ich immer noch ihre Großmutter war. Nein. Ich konnte unmöglich so bleiben. Nicht einmal einen Tag lang. Es war einfach falsch.
    »Lucy, ich kann das nicht«, verkündete ich.
    »Was kannst du nicht?«
    »Ich muss mich zurückverwandeln. Du wirst mich nie wieder mit denselben Augen sehen. Und außerdem habe ich meine beste Freundin angelogen. Arme Frida.«
    »Du hast Frida doch schon tausendmal angelogen.«

    »Was? Wann habe ich Frida jemals angelogen?«
    »Na, vorige Woche zum Beispiel, als sie wollte, dass du sie zu diesem Konzert des Symphonieorchesters begleitest.«
    »Das war etwas anderes«, widersprach ich. »Da stand Bach auf dem Programm, und du kennst ja meine Einstellung zu Bach.«
    »Es lag nicht an Bach. Du hast gesagt, du könntest Frida nicht eine Sekunde länger ertragen. Du hattest sie an dem Tag einfach gründlich satt.«
    Sie hatte mich durchschaut.
    »Zugegeben, aber deshalb kann ich jetzt trotzdem nicht einen ganzen Tag lang durch die Stadt stolzieren und vorgeben, neunundzwanzig zu sein. Denk doch mal an deine Mutter, die zu Hause sitzt in dem festen Glauben, dass ich fünfundsiebzig bin.«
    »Quatsch! Mom sitzt nicht zu Hause und macht sich Gedanken über dein Alter.«
    »Und ob! Ihr ganzes Leben dreht sich nur um mich. Wie soll ich ihr denn verheimlichen, was passiert ist?«
    Lucy packte mich an den Schultern und holte tief Luft.
    »Ich sage dir das nur dieses eine Mal, Gram: Denk zur Abwechslung mal an dich und nicht an deine Mitmenschen. Du sagst doch selbst, dass du dich dein Leben lang nur um andere

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