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Wuensch dir was

Wuensch dir was

Titel: Wuensch dir was Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern Ursula C Sturm
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umwerfend darin aus. Du wirst in allem umwerfend aussehen. Und außerdem bist du frisch geschminkt und warst gerade beim Friseur, also warum nicht?« Sie betrachtete mich wie eine Kunststudentin ihr Gemälde.
    »Ich muss nur noch hier einen Abnäher machen«, murmelte sie halblaut und zupfte in der Hüftgegend
am Stoff herum. »Komm, stell dich auf meinen Schneiderschemel vor dem Spiegel.«
    Ich tat wie geheißen, und Lucy begann, die Änderungen abzustecken.
    »Ich nähe es rasch etwas enger, und dann probierst du die anderen Kleider an. Dass ich nicht früher darauf gekommen bin! Du bist das perfekte Model, Gram!«
    Wieder einmal bekam ich feuchte Augen.
    »Wenn du alle fünf Minuten losheulst, wirst du diesen Tag aber nicht gebührend genießen können«, flachste sie.
    »Ich glaube, ich will nicht, dass dieser Tag jemals endet.«
    »Ich auch nicht.« Sie lächelte mich an und stürzte sich dann in die Arbeit.
    Das Büro des Barneys-Einkäufers, bei dem Lucy vorsprechen sollte, befand sich nur ein paar Straßen weiter, deshalb transportierten wir die Kleider auf einem fahrbaren Kleiderständer mit Rollen. Ich übernahm vorne links die Steuerung, während Lucy hinten rechts schob. Wir mussten uns ganz schön abmühen; vor allem beim Überqueren der Straßen wäre uns der Ständer mehr als einmal beinahe umgekippt. Ich hatte irgendwann im Philadelphia Inquirer gelesen, dass die Rampen für Rollstuhlfahrer in Philadelphia in einem erbärmlichen Zustand sind, und auch Mrs. Goldfarb, deren Ehemann im Rollstuhl saß, hatte sich einmal bitter darüber beklagt. Kein Wunder; erbärmlich ist
gar kein Ausdruck! Ein paar Tage zuvor hatte es geregnet, und in den Löchern im Asphalt hatte sich Wasser gesammelt. Vor einigen Rampen waren die Pfützen so groß, dass ich Lucys Kleider unten anheben musste, damit sie nicht vollgespritzt wurden.
    Vor einem Hintereingang hielt Lucy an.
    »Okay, hör zu, Gram, überlass mir das Reden, ja?«
    »Was ist, wenn ich etwas hinzuzufügen habe?«
    »Du sagst kein Sterbenswort!«, befahl sie.
    Ich klappte den Mund zu und tat, als würde ich ihn mit einem unsichtbaren Schlüssel zusperren. Ich wollte ihr auf keinen Fall ihren großen Tag verderben.
    Während wir den Kleiderständer in den Aufzug schoben, kramte Lucy ihr Handy aus der Tasche.
    »Vielleicht sollten wir Mom Bescheid sagen, dass es dir gutgeht. Sie hat jetzt schon gut und gern fünfmal angerufen.«
    »Ich will nichts davon hören, Lucy. Ich möchte einmal einen Tag meine Ruhe haben.«
    »Aber ich kann mir gut vorstellen, was sie durchmacht. Du kennst doch Mom.«
    »Ich sag dir jetzt einmal etwas über deine Mutter: Sie kann ein richtiger Tyrann sein.«
    »Nein, sie ist bloß chronisch ängstlich, genau wie Frida. Nur dass Mom zum Tyrannen mutiert, wenn sie sich Sorgen macht, während Frida sich zurückzieht. Schon seltsam, dass die beiden sich einerseits so ähnlich sind und andererseits so unterschiedlich reagieren.«

    »Ich wünschte, Barbara würde endlich ein paar Freunde finden.«
    »Mom wird nie Freunde haben.« Lucy seufzte. »Dafür geht sie viel zu oft auf Konfrontationskurs.«
    »Ehrlich gesagt, habe ich immer befürchtet, du könntest früher oder später eine richtige Abneigung gegen deine Mutter entwickeln, bei dem Benehmen, das sie an den Tag legt.«
    »Ich verstehe sie«, erwiderte Lucy. »Ich fühle mich beinahe verantwortlich für sie. Zwar nicht ganz so stark wie sie sich für dich verantwortlich fühlt, aber ich stehe voll hinter ihr, wenn es nötig ist.«
    Zum zweiten Mal binnen einer Stunde wurde mir bewusst, dass meine Enkelin bedeutend reifer war als andere Menschen in ihrem Alter.
    »Was hast du denn?«
    »Ach, ich liebe dich einfach mit jedem Tag, den ich dich kenne, mehr. Wie kommt es nur, dass du so klug bist?«
    »Das sind die Gene.« Lucy grinste.
    Die Aufzugtüren öffneten sich, und wir näherten uns dem Büro des Einkäufers. »Also gut«, sagte ich. »Ruf deine Mutter an.«
    Sofort zückte Lucy ihr Telefon und wählte.
    »Sie ist nicht zu Hause«, stellte sie gleich darauf fest. »Ich versuche es übers Handy.«
    Sie wählte Barbaras Mobiltelefonnummer.
    »Sie geht nicht ran. Ich spreche ihr auf die Mailbox«, berichtete sie. »Hey, Mom, hier ist Lucy. Ich
habe deine Nachricht, äh, deine Nachrichten erhalten.« Sie sah mich hilfesuchend an und zuckte die Achseln. Wir hätten uns vorher zurechtlegen sollen, was sie sagen würde. »Äh, ich habe Großmutter heute noch nicht gesehen …«
    »Doch,

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