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Wuensch dir was

Wuensch dir was

Titel: Wuensch dir was Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern Ursula C Sturm
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doch!«, flüsterte ich. »Du hast mich gesehen, und es geht mir gut!«
    »Ach, da fällt mir gerade ein, ich habe sie heute Morgen gesehen, da war sie gerade auf dem Weg zum Friseur.« Lucy zuckte ratlos die Achseln. »Du kannst Tante Frida also bestellen, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Gram geht es gut. Ich hab dich lieb!«
    Sie legte auf und steckte das Handy ein.
    »Na, geht’s dir jetzt besser?«, erkundigte ich mich.
    »Ja.« Sie atmete erleichtert durch.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür vor uns. »Die bezaubernde Lucy!«, rief ein reichlich feminin klingender Mann.
    Lucy begrüßte ihn gleichermaßen überschwänglich. »Rodney!« Sie küssten einander auf beide Wangen, dann sagte sie: »Darf ich vorstellen, das ist mein Model – meine Cousine Ellie Jerome.«
    »Sehr erfreut.« Rodney begrüßte auch mich mit Küsschen rechts, Küsschen links. Wie sehr hatte ich mir immer einen homosexuellen Freund gewünscht! Aber in den noblen Vororten von Philadelphia gab es keine schwulen Männer. Klar kannte ich den einen oder anderen; einen Dekorateur, dessen Dienste ich allerdings nie genutzt hatte (ich blieb meiner Myrna
Pomerantz treu, die ihre Sache großartig machte, bis sie leider an Alzheimer erkrankte und starb, die Ärmste). In der Montgomery Avenue gab es einen Kürschner, der vom anderen Ufer war, aber der musste Anfang der neunziger Jahre zusperren, als die Nachfrage nach Pelzen drastisch nachließ. Keine Ahnung, was aus ihm geworden ist. Jedenfalls war meine Hoffnung, einen netten schwulen Mann kennenzulernen und mich mit ihm anzufreunden, mit ein Grund für mich, in die Innenstadt zu ziehen. Bislang hat es sich noch nicht ergeben, aber ich glaube, ich mache mich demnächst aktiv auf die Suche.
    »Hier drüben können Sie sich umziehen.« Rodney ergriff meine Hand und führte mich hinter einen Vorhang. »Ihre Cousine hat ja ein tolles Figürchen, Lucy«, bemerkte er. »Und erst ihre Körperhaltung! Einfach unfassbar.«
    »Ja, nicht wahr?« Lucy lächelte. »Ich war mir sicher, dass sie ein großartiges Model abgeben würde.«
    »Das hat mir meine Mutter beigebracht, und ich habe es an meine Tochter weitergegeben«, rief ich durch den Vorhang. »Man kann an Lucys Mutter so einiges bemängeln, aber nicht ihre Haltung.«
    »Tochter? Mutter?«, hörte ich Rodney fragen. »Sind Sie jetzt Cousinen oder nicht?«
    »Ach, das ist eine lange Geschichte«, sagte Lucy ausweichend.
    Ich fühlte mich in jedem Kleid, das ich vorführte, noch glamouröser. Rodney erging sich nicht in Lobhudeleien,
sondern nahm jedes genauestens in Augenschein, prüfte den Sitz, befahl mir, mich langsam zu drehen, und machte sich Notizen. Hin und wieder kommentierte Lucy ihre Kreationen mit kurzen Erklärungen à la »Hier habe ich einen geraden Kragen gewählt, wegen der besseren Passform«. Rodney nickte bloß. Ich präsentierte die Kleider und hielt den Mund, wie Lucy es mir aufgetragen hatte. Ich gab mir große Mühe, streckte die Arme aus oder stützte die Hände auf die Taille, wie ich es bei vielen der Schauspielerinnen in Lucys Zeitschriften gesehen hatte. Wenn sie sich auf dem roten Teppich fotografieren ließen, stellten sie sich meist seitlich hin, eine Hand auf der Hüfte, Oberkörper nach hinten gelehnt. Manche sahen aus, als würden sie gleich hintenüberkippen, deshalb passte ich auf, dass ich es nicht übertrieb.
    Nachdem wir Rodney das letzte Kleid vorgeführt hatten, schlüpfte ich hinter dem Vorhang wieder in mein Ellie-Jerome-Kleid.
    »Ich finde sie alle toll«, hörte ich Rodney rufen.
    »Yippie!«, schrie ich aus der Umkleide.
    Rodney und Lucy lachten, was ich als gutes Zeichen wertete. Lucy hatte bei jedem neuen Kleid, das ich vorführte, fürchterlich angespannt gewirkt, fast wie Howard, während er bei einem seiner Fälle auf das Urteil gewartet hatte.
    »Ich möchte sie alle ins Frühjahrsprogramm aufnehmen«, verkündete Rodney. »Reden wir übers Geld. Als externe Designerin würden Sie für jedes Ihrer
Kleidungsstücke, das wir in unserem Geschäft verkaufen … mal sehen … vierzig Prozent vom Nettoladenpreis erhalten.«
    »Tja …«, sagte Lucy nervös. »Ich hatte gehofft …«
    Ich konnte mich nicht zurückhalten. Lucy hatte so viel Arbeit in diese Kleider gesteckt, und ich würde nicht zulassen, dass sie über den Tisch gezogen wurde.
    »Wir wollen mindestens fünfundsiebzig Prozent«, forderte ich.
    »Gram!«, stieß Lucy hervor.
    Rodney lachte, aber ich ließ mich nicht beirren. Ich

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