Wuensche Dir alles
ist anstrengend, und er kann nie wirklich sicher sein, ob seine Mühe belohnt wird. Er kann nur hinnehmen, dass sein Einsatz manchmal nicht den gebührenden Erfolg hat, wenn naturbedingte Umstände es so wollen. So lebt der Bauer in einem ganz anderen Bewusstsein als ein STÄDTER. Dieser ist sehr darauf bedacht, alle körperlichen Anstrengungen des Alltags auf ein Minimum zu reduzieren. Er verfolgt dieses Ziel unablässig und legt deshalb großen Wert auf technische Hilfsmittel und Luxusgüter. Er zielt auf eine Maximierung der Freizeit und eine Minimierung der Anstrengung. Er ist zielorientiert, insbesondere in seinen beruflichen Aktivitäten. Er liebt die Übersicht und informiert sich genau über den Werdegang der Dinge, er liebt genaue Prognosen und richtet sein Leben in scheinbar sicheren Bahnen ein. Wenn der Nutzen nicht seinem Einsatz entspricht, ärgert er sich. Da reagiert er wie auf einen Gegenstand, bei dem das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmt. Unter dem Einfluss des Nützlichkeitsgedankens zweifelt er so manches Mal am eigenen Tun.
Ohne Zweckdenken entsteht Freiheit
In der FREIZEIT dagegen ist der moderne Mensch durchaus gewillt, Anstrengung auf sich zu nehmen, und zwar mit großer Freude. Er radelt, wandert, turnt und joggt mit Vergnügen und empfindet all das als etwas, das selbstverständlich zu seinem Leben gehört. Er hat natürlich Vorstellungen davon, welchen praktischen, zum Beispiel gesundheitlichen Nutzen seine anstrengenden Freizeitunternehmungen haben, aber das ist zumeist nicht seine Hauptmotivation. Es macht ihm einfach Spaß, jenseits von Nützlichkeitserwägungen. Er misst den Wert nicht an den Zielen, die er erreichen kann. ER GENIEßT SEINE AKTIVITÄT, ist überzeugt, dass er sie braucht, und bleibt unabhängig von deren Ergebnis. Die Aktivität selbst wird zum Ziel. Diese Haltung auch im Alltag zu üben, ist ideal, wenn wir den Nützlichkeitsgedanken abschütteln und uns von den Zielen unabhängig machen wollen. So entsteht ECHTE FREIHEIT!
»Unser Wille kann lediglich der Aktivität dienen. Er kann nie über den Erfolg verfügen. «
[ Bhagavadgita 2.47]
Ich erinnere mich an die erste Begegnung mit meinem Yogameister 1977. Unser Gespräch verlief in etwa so:
Er: »Und, was willst du?«
Ich: »Ich suche die Erleuchtung.«
Er: »Oh, das verkaufe ich hier nicht!«
Ich: »Nein, nein, so habe ich das nicht gemeint! Ich bin sehr am Yoga und an der Erleuchtungsidee interessiert.«
Er: »Besser wäre Interesse an ein paar Übungen. Lerne sie, führe sie zu Hause regelmäßig aus, und dann schau weiter!«
Nach ein paar Jahren stellte ich ihm dann wieder die Frage nach der Erleuchtung.
»Was passiert, wenn du übst?«, fragte er.
»Ich werde ruhig und achtsam, wenn ich gut übe, und trotzdem wird es mir dabei nicht langweilig. Im Gegenteil, ich fühle mich glücklich.«
»Bleibe weiter dran, vielleicht geschieht ja etwas«, beendete er das Gespräch.
Etwas passierte tatsächlich im Laufe der Zeit, etwas, das ich nicht erwartet hatte. Ich verstand irgendwann kristallklar: »Das Ziel ist nicht da, um erreicht zu werden, sondern um auf dem Weg und in Bewegung zu bleiben!« Das war ein erleuchtendes Erlebnis.
Über die Sorgfalt beim Tun
Wenn wir in der Produktionshalle einer Fabrik oder in einem großen Büro stehen, sehen wir, mit welcher Präzision viele Menschen täglich arbeiten. Wenn Sie durch Indien reisen, fällt Ihnen in jedem Basar auf, wie sorgfältig und akkurat die Verkäufer ihre Waren angeordnet haben, seien es Gemüse, Obst, Kleider oder sonstige Dinge. Immer dann, wenn die Genauigkeit nicht nur mechanisch – wie am Fließband – ausgeübt wird, sondern wirklich gefühlt ist, geschieht etwas wie bei einem präzise zusammenspielenden Orchester. Es entsteht Harmonie, eine Stimmung, in der wir unser Tun lieben und zielvergessen unserer Aktivität nachgehen können. Und das passiert nicht nur in einem Orchester oder auf einer Bühne. Das kann genauso gut in einer Großküche, Fabrikhalle oder überall passieren, wo viele Menschen gemeinsam an etwas arbeiten, sogar auf der Straße. Wenn wir uns als Teil eines solchen Gemeinschaftswerks verstehen, macht uns nicht nur die Arbeit viel mehr Spaß, sondern das Ergebnis unserer Arbeit wird auch viel besser sein, und das Zweckdenken wird immer mehr nachlassen.
Präzision und Gleichmut
In einer Kultur, die sich ans Dritte Reich erinnert, kann dieses Bild irritierend wirken. Denn Präzision wird in jeder Armee als hohe Tugend
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