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Wünsche

Wünsche

Titel: Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Kuckart
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oder Paralivka oder irgendwas mit -pivka. Meret sagte, sie suche etwas Helles, Keusches, irgendein Mädchen mit Wimpern, so lang, dass sie einen damit berühren kann.
    Wie viel willst du ausgeben?
    Der Preis spielt keine Rolle, ich habe Bares dabei.
    Das Bustier war rot, als die ehemalige Chefin die Jacke auszog, und die drei Leberflecke auf dem linken Oberarm schienen in der Wintersonne aufeinander zuzukriechen wie drei Ameisen. Die Chefin hob zwei Finger. Kaffee, Lilli, zwei, dann legte sie Meret die Hand auf die Hand: Ich hole den Katalog.
    Als sie zurückkam, zeigte Meret auf die junge Frau hinter dem Tresen: Die? Ist sie heute Abend frei?
    Die ehemalige Chefin setzte eine halbe Brille auf.
    Das ist meine Tochter, sie arbeitet nur an der Bar.
    Ich wusste gar nicht, dass du eine Tochter hast. Ich habe auch zwei.
    Meret schaute aus dem Wintergartenfenster auf den Fluss, der sich zwischen zwei Straßen schlängelte, die um diese Zeit kaum befahren waren, und sagte mit einer Stimme, die fast schwieg, die Mädchen leben beim Vater. Das Jugendamt hat sie mir weggenommen.
    Die ehemalige Chefin nahm die halbe Brille wieder ab.
    Du lügst.
    Stimmt, sagte Meret, manchmal.
    Drüben beim Tresen ging ein Licht an. Eine kleine, gläserne Lampe baumelte über einer Silberetagere mit verschiedenen Zuckersorten. Die Lampe machte den Bildausschnitt klein und behaglich wie eine Kaffeestube in Belgien. Die ehemalige Chefin setzte die Brille wieder auf, um im Katalog zu blättern.
    Hier, eine Neue aus der Schweiz, bot sie an. Sie hat studiert, kann drei Sprachen und hat bis vor Kurzem nur für Kurztrips Begleitservice gemacht, um die Beziehung zu ihrem Freund nicht zu gefährden. Jetzt ist es aus mit ihm, und sie ist bei uns. Vergeblich strich die Chefin dem Mädchen auf dem Foto das lange Haar aus dem Gesicht. Sara stand unter dem Bild.
    Du magst sie?
    Sie kostet 250 die Stunde. Extras handelt sie selber aus, wie üblich.
    Mit dem letzten Satz legte die ehemalige Chefin sich mit der Gleichmütigkeit eines malaiischen Seemanns, der schon mehr als ein Schiff hat untergehen sehen, die Jacke wieder um die Schultern. Die drei Ameisen auf ihrem Oberarm verschwanden und mit ihnen auch die weiße, bleiche Wintersonne draußen vor dem Fenster. Spätestens am Nachmittag würde es Regen geben.
    Sie soll von elf bis kurz nach Mitternacht kommen, sagte Meret.
    Zu dir nach Hause?
    Nein, ins Hotel. Ich schreibe die Adresse auf.
    28.
    Meret sitzt an der Hotelbar, als Friedrich hereinkommt.
    Einen Schuh hat sie halb ausgezogen und lässt ihn die Ferse streicheln. Neben ihr sitzt Hannes, wendet ihr ein aufmerksames Profil zu und lauscht sicher einer ihrer albernen Geschichten. Netter Kerl, denkt Friedrich, aber zu jung für meine Schwester. Er hat ein breites Kreuz, aber auch das wird ihm nicht dabei helfen, Nein zu sagen, wenn sie Komm sagt. Noch immer gehen die Männer mit Meret mit, auch wenn sie betrunken ist und einen Lärm macht, der Tote aufwecken könnte. Gern würde Friedrich nur mit Hannes auf Mitternacht warten, denn er kennt sein Gesicht, aber nicht seine Geschichte.
    Friedrich, sagt Meret laut, als sie ihn im Spiegel hinter den Flaschen näher kommen sieht. Sie dreht sich zu ihm um und spielt mit einem Zimmerschlüssel. Glöckchenleise schlägt Metall gegen Metall. Darf ich vorstellen, mein kleiner Bruder, sagt sie, als Kinder sind wir jede Nacht zusammen ins Bett gekrochen und haben uns aneinandergedrückt wie die kleinen Wölfe, stimmt’s, Friedrich? Ich bin Wolf geblieben, und mein Bruder ist mit den Jahren der magere Hund geworden, der zum Vorschein kommt, wenn man dem Wolf das Fell nass macht. Wir haben das große Bekleidungsgeschäft am Markt geerbt. Besser, er hat einundfünfzig Prozent geerbt, aber fürchtet sich davor, die Sache ohne die neunundvierzig Prozent seiner Schwester zu schaukeln. Recht hat er, der kleine Bruder. Er sieht zwar besser aus als ich, aber ich kann viel mehr. Vor allem kann ich gemein sein.
    Friedrich hat sich mit einem Hocker Abstand neben Hannes gesetzt. Der Hotelbesitzer hinter dem Tresen schaltet vom Videokanal auf das erste Fernsehprogramm. Zwei albern gelockte Moderatoren Anfang vierzig in roten Samtjacken fiebern dem Jahreswechsel entgegen, als sei es das erste Mal in ihrem Leben.
    Hab was für dich, sagt Meret und lässt den Zimmerschlüssel über den Tresen in Friedrichs Richtung schlittern. Zimmer 27 steht auf dem Messinganhänger.
    Was soll das?
    Friedrich, geht’s?
    Was?
    Geht es dir

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