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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sie. »Mir hätte klar sein müssen, dass das schwierig werden könnte.« Sie seufzte. »Weißt du, was es heißt, verzweifelt zu sein, Richard? Nicht nur enttäuscht, nicht nur unerfüllt. Nein, wirklich tief verzweifelt? Ich glaube nicht, dass du das kennst. Es gibt nichts, was man nicht tun würde, wenn man wirklich verzweifelt ist.«
    Er wartete darauf, dass sie weitersprach. Doch sie nahm ihr Glas und trank einen großen Schluck Whisky. Nachdem sie es wieder abgestellt hatte, sah sie ihn eine Weile lang an, ohne etwas zu sagen. Sie wirkte ausgelaugt.
    »Ich helfe dir mit Ifasen«, meinte Richard schließlich. »Ich verspreche dir, dass ich ihn frei bekomme. Und dann werde ich dich in Ruhe lassen, und du wirst mich nie mehr wiedersehen. Du kehrst in dein Leben zurück und ich in meines.« Sie betrachtete ihn mit traurigen Augen. »So jemand wie du ist mir noch nie begegnet, Abayomi. Du hast etwas in mir verändert. Etwas, das tief in meinem Inneren verborgen war. Du hast es an die
Oberfläche gebracht, und jetzt muss ich allein damit zurechtkommen.«
    »Ich wollte dir nicht wehtun, Richard. Das weißt du.«
    »Ja, das weiß ich. Aber ich bin … ich bin in dich … vernarrt. Tust du mir den Gefallen? Kommst du mit mir nach oben? Ein letztes Mal?« Noch während er sprach, merkte er, wie eine dumpfe Wut in ihm aufstieg. In seinen Augen standen Tränen.
    Sie sah ihn weder mitfühlend noch zornig an. Er wünschte sich, ihre Miene besser durchschauen zu können oder etwas anderes in ihr auszulösen als nur diesen nichtssagenden Ausdruck.
    »Ein letztes Mal, Richard«, erwiderte sie. Ihr Gesicht wirkte verhärmt.
    Ein Schauder lief ihm über den Rücken. Sie verwirrte ihn derart, dass er wieder das Gefühl hatte, ihr ausgeliefert zu sein. Eigentlich hatte er erwartet, sich erleichtert zu fühlen, doch stattdessen verspürte er auf einmal das Bedürfnis, nein zu sagen. Er wollte ihr und sich selbst die Masken vom Gesicht reißen und sich in sie hineinversenken, sich endlich ihrem wahren Selbst gegenübersehen.
    Gleichzeitig genoss er ihre schlanken Finger auf seinem Nacken, als sie sich erhob, ebenso wie die absichtliche Berührung ihrer Brust an seiner Wange, als sie an ihm vorüberging. Er leerte seinen Whisky und stand ergeben auf - ein Gefangener seines eigenen Plans, unfähig zu widerstehen.
    An der Hotelrezeption vermied es Richard, den Angestellten anzusehen, der ihm den Schlüssel reichte. Es war eine Plastikkarte mit einer Zimmernummer. Abayomis Miene war undurchdringlich, als sie den Mann höflich anlächelte.
    »Noch einen schönen Abend, Mr Calloway«, wünschte der Rezeptionist.
    Richard murmelte etwas und drehte sich dann rasch zu den
Liften um. Er fühlte sich unsicher auf den Beinen, während sie auf den Aufzug warteten.
    Als sie die Sicherheit des Zimmers erreicht hatten, legte sich seine Unruhe nicht. Es war ein steriler, unpersönlicher Raum, wie man ihn in den meisten Hotels fand. Die Zimmermädchen hatten den Fernseher angeschaltet und den Ton auf leise gestellt. Auf dem Bildschirm war ein Tennisspiel im Gange. Zwei hauteng gekleidete Russinnen schmetterten den Ball über den blaugrünen Platz. Ohne Geräusche wirkte das Ganze wie eine Karikatur - kurzröckige Zeichentrickfiguren, die unerwartet einmal in die eine und einmal in die andere Richtung sprangen. Der Teppich roch nach Schaumreiniger, und ein Rest von einem Putzmittel, das nach Kiefern duftete, hing in der Luft.
    Richard warf einen Blick in den großen Spiegel an der Wand. Er sah sich einem müde wirkenden Mann mittleren Alters gegenüber, der einen leichten Bauchansatz und vor Stress eingesunkene Wangen hatte. Er strich sich das Haar aus dem Gesicht und richtete sich auf. Hinter sich im Spiegel konnte er Abayomis Hände erkennen, die sich auf seinen Nacken zubewegten, um ihn zu streicheln. Diesmal verstörte ihn die Dunkelheit ihrer Haut auf seinem bleichen Fleisch. Wie die umgedrehte Werbung einer Wohlfahrtsorganisation, dachte er bitter.
    Er schob seine Hand in die obere Jackentasche und holte ein sorgfältig gefaltetes Bündel Geldscheine heraus. Das sollte der Test sein, hatte er in der Bar beschlossen. Ob sie diesmal, bei ihrem letzten Zusammensein, Geld annehmen würde oder nicht. Ob sie sein Angebot, sie zu bezahlen, kränken, beschämen oder ob sie das Geld routiniert einstecken würde. Er drehte sich um, ihre Hände noch immer auf seinem Nacken. Aufmerksam beobachtete er, wie sich ihr Blick senkte und auf die Scheine in seiner

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