Würde - Roman
setzte sich dann auf den Barhocker neben ihm. Ihr Knie drückte gegen seinen Schenkel. »Was möchtest du trinken?«, fragte er.
»Das hängt davon ab … Was du mir zu sagen hast.«
Richard war entschlossen gewesen, sich nicht mehr von ihrer geschickt eingesetzten Verführungskunst betören zu lassen. Doch ihr Lächeln wirkte ehrlich, und er merkte, wie er wieder schwach wurde. »Ich glaube, du könntest einen Whisky gebrauchen.«
»Verstehe.« Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln und nickte dann dem Barmann zu. »Einen einfachen Whisky, bitte.« Diesmal hatte sie kaum Make-up aufgetragen. Nur auf ihren Augenlidern glitzerte ein Rest Farbe. »Wie ist dein Treffen mit Ifasen gelaufen?«
»Ganz gut, soweit man das sagen kann.« Richard war noch nicht bereit, ihr mitzuteilen, was er erfahren hatte. Sollte er ihr überhaupt davon erzählen? Auch er konnte ein Geheimnis für sich bewahren, um es im Bedarfsfall als Waffe einzusetzen.
»Versuche nicht, mir etwas vorzumachen, Richard. Du bist ein zu guter Mensch für solche Spiele.«
Die Mischung aus Kompliment und Spott brachte ihn einen Moment lang aus dem Konzept.
»Ich bin Ifasens Frau«, fuhr sie fort. »Wir haben ein Kind. Das weißt du jetzt. Du denkst sicher nicht, dass ich dir diese Dinge schon früher hätte erzählen müssen. Sie gehören nicht hierher in diese … Beziehung. Sie haben in dieser Hinsicht keine Bedeutung. Bausch sie also nicht auf, sondern denke immer daran, was ich dir über die Sonne und die Sterne gesagt habe.«
Richard nickte. Wenn sie sprach, schien alles so klar zu sein. Warum sollte es eine Bedeutung für ihn haben, dass sie verheiratet war? Es war, wie sie selbst sagte, für ihre Beziehung nicht wichtig. Doch sobald sie schwieg, kehrten seine Zweifel zurück.
»Wie sieht unsere … unsere Beziehung eigentlich aus?« Er
stotterte unsicher. Inzwischen war er ziemlich betrunken und formte die Worte nur mit Mühe.
»Warum musst du fragen? Es ist, wie es ist - nicht mehr und nicht weniger. Warum fragst du, als ob es das eine oder das andere sein könnte? Du weißt, was es ist. Es ist dumm, eine solche Frage zu stellen.«
Obwohl sich ihr Tonfall nicht verändert hatte, fühlte sich Richard von ihren Worten angegriffen. Was ihr klar zu sein schien, verstand er nicht im Geringsten, und ihn als dumm zu bezeichnen, weil er nichts verstand, war ungerecht von ihr. Er merkte, dass er wütend wurde.
»Dumm? Okay, dann beantworte mir mal das: Ich habe in diesem Hotel ein Zimmer reserviert. Ich möchte mit dir nach oben gehen und dich dort auf einem breiten Doppelbett lieben. Ich will mit dir schlafen, wie das ein Liebespaar tut. Ein echtes Liebespaar. Also - was für eine Beziehung haben wir?«
Sein Kopf war vom Alkohol benebelt, und die unklare Wut schien seinen ganzen Körper zu durchfluten. Er musste die Kontrolle übernehmen. Nur, indem er Macht über Abayomi ausübte, konnte er noch hoffen, seine Sucht in den Griff zu bekommen.
»Was bedeutet sie für dich? Was bedeute ich für dich? Geht es um das Extrageld in deiner Tasche? Oder wäre das mit dem Hotelzimmer nur eine Möglichkeit für dich, mich für meine Hilfe zu bezahlen? Oder ist es doch mehr? Dir mag das alles klar sein, aber mir nicht, Abayomi. Nicht mehr, nachdem ich deinen Mann kennengelernt und von deinem Sohn, deinem Bruder und deinem Vater gehört habe …« Er bereute, den letzten Satz ausgesprochen zu haben, und biss sich hastig auf die Lippen, als er beobachtete, wie sich ihr Gesicht zuerst öffnete und dann schlagartig verfinsterte.
»Es steht dir nicht zu, mir solche Dinge zu sagen«, erwiderte
sie. »Und es steht dir auch nicht zu, Hotelzimmer zu reservieren und zu glauben, dass ich dir überallhin folge.« Sie erhob sich und stand groß und abweisend vor ihm. »Nimm nicht an, dass du mich kennst, Richard. Danke für deine Hilfe, aber nein danke.«
Als sie sich zum Gehen wandte, fasste Richard nach ihrem Handgelenk und hielt es fest, wobei er darauf achtete, ihr nicht wehzutun. »Es tut mir leid«, murmelte er. »Bitte setz dich wieder und sprich mit mir. Das war falsch von mir, so etwas zu sagen, und ich möchte mich dafür entschuldigen. Bleib … bleib einfach eine Weile hier bei mir sitzen. Deine Familiengeschichte hat nichts mit mir zu tun. Es war nicht richtig von mir, sie zu erwähnen.«
Er ließ ihr Handgelenk los, und Abayomi setzte sich wieder. Sie wirkte müde. »Ich habe einen Fehler gemacht, als ich dich gebeten habe, Ifasen zu helfen«, erklärte
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