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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Wagens hatte man eine Reihe von Drogen gefunden: einige gerollte Haschischzigaretten, einen Strohhalm mit Crystal Speed, ein Stückchen gepresstes Hasch und ein paar Ecstasy-Pillen.
    »Hasch!«, hatte Richard beim ersten Treffen mit dem Jungen gescherzt. »Woher kommst du denn? Noch aus den Siebzigern?«
    Inzwischen bedauerte er sein lockeres Auftreten. Sie hatten aufgrund des jugendlichen Alters des Angeklagten und der relativ kleinen Menge an Drogen vor der Strafverfolgungsbehörde Einspruch erhoben. Dieser aber wurde abgelehnt. Richard hätte das eigentlich nicht überraschen dürfen, da die Verschärfung des Drogenproblems an den Schulen die Behörden dazu zwang, härter durchzugreifen und auch junge Straftäter gerichtlich zu verfolgen.
    »Warum kann man sich nicht auf die wahren Verbrecher konzentrieren und die ins Gefängnis stecken, anstatt unsere Kinder zu behelligen?«, hatte die Mutter des Jungen gejammert, während sie nervös über den Lexus-Anhänger an ihrem Schlüsselbund gerieben hatte. »Die Jungs wollten doch nur ein bisschen Spaß.«
    Richard hatte die Frau mit ihrer Rüschenbluse und den geschminkten Lippen anfangs recht attraktiv gefunden. Er hatte seinen Charme spielen lassen und aufmerksam jeder ihrer Klagen gelauscht, sich Notizen gemacht und ihr aufregende Anekdoten aus dem Gerichtssaal erzählt. Doch ihr Sohn war ein mürrischer, akneübersäter Junge, der sich weigerte, Richards Fragen mit mehr als einem Schnauben oder einem Schulterzucken zu beantworten. Er hing lässig auf seinem Stuhl, kratzte
an der Haut seiner Fingerknöchel und ließ ununterbrochen sein Knie auf und ab wippen. Die unablässigen Forderungen der Mutter begannen Richard auf die Nerven zu gehen, bis ihm ihre Bluse schließlich billig und der Lippenstift geschmacklos vorkamen. Inzwischen war er ihr gegenüber nur noch ungeduldig und wünschte sich, bald den ganzen Fall ad acta legen zu können.
    Ein schnittiges BMW -Cabriolet mit heruntergeklapptem Dach glitt neben ihn. Er warf einen Blick zu der Fahrerin hinüber. Ihr lockiges blondes Haar wehte in der leichten Brise hin und her, wurde aber dank der hohen Windschutzscheibe nicht vom starken Ostwind erfasst. Eine Hand ruhte auf dem Lenkrad, während sie mit der anderen ein elegantes Handy an ihr Ohr hielt. Sie blickte geradeaus auf die Straße. Ihr selbstbewusstes, entschlossenes Auftreten erinnerte Richard an Amanda, obgleich die Fahrerin neben ihm wesentlich hübscher war als seine Frau, wie er ehrlicherweise feststellen musste.
    Schöne Frauen wirkten anfangs immer begehrenswert, das wusste Richard aus Erfahrung. Doch mit der Zeit verhärteten sich ihre Gesichtszüge, und sie büßten ihre geheimnisvolle Aura ein, indem sie ihren Geliebten gegenüber kritisch wurden. Je mehr ihre Wärme nachließ, desto stärker schien ihr Aussehen in ein staubtrockenes Inneres gesogen zu werden, und schon bald wirkten sie ausgemergelt und hohl.
    Richard fühlte sich von unbekannten Frauen auf eine Weise angezogen, die gänzlich anders war als die Anerkennung, die er fremden Männern entgegenbrachte. Anfangs fand er offensichtliche Schwächen und sogar gewisse äußerliche Eigentümlichkeiten bei Frauen liebenswürdig, während er Männern gegenüber keinerlei Nachsicht zeigte. Er war bei seinen Geschlechtsgenossen vorsichtig und sich der unausgesprochenen Eifersüchteleien und Unsicherheiten bewusst, die an ihnen nagten und ihnen wie
Schatten folgten. Dennoch waren seine langjährigen Freundschaften ausschließlich auf Männer beschränkt. Er war zwar mit einigen von Amandas Freundinnen näher bekannt, entwickelte manchmal auch eine verbotene Zuneigung für die Ehefrau eines Kollegen oder umgarnte seine Klientinnen mit seinem Charme. Aber die Sache verlor irgendwann immer ihren Reiz für ihn, und er ging auf Distanz. Schlagartig wies er die Bedürfnisse und Wünsche der jeweiligen Frau von sich und konnte beobachten, wie ihn ihre Augen zuerst verletzt, dann kühl und schließlich bitter anblickten.
    Richard glaubte ein Mensch zu sein, der in Gefahr stand, Affären zu haben. Er stellte sich solche Beziehungen als etwas Kurzfristiges vor, als eine plötzliche gegenseitige Anziehung, die leidenschaftliche Erfüllung fand und dann nach ein oder zwei Wochen zu einem Ende kam. Hie und da malte er sich eine überwältigende Verliebtheit in eine geheimnisvolle Frau aus, die seine volle Aufmerksamkeit forderte, die ihn gierig genoss und dann befriedigt zurückließ. Doch zu seiner eigenen

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