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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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deine Leute tun viele Dinge, die in den Augen Allahs nicht korrekt sind. Bring sie hinaus. Ich will sie nicht in meiner Küche. Möge Allah uns verzeihen.« Sie hatte nicht bemerkt, dass Ifasen beschämt aus der Küche geschlüpft war, die Wangen feucht vor Tränen und Versagen.
    Abeni bereitete die Fische tatsächlich für sich selbst zu. Sie nahm sie aus, bedeckte sie mit frischen Tomaten und Zwiebeln und backte sie in einem leeren Termitenhügel im Garten. Ifasen war später am Abend aus der Küchentür geschlichen und mit einem Teller voll Fisch und Reis hinter dem Haus verschwunden. Das weiße Fleisch des Fisches hatte sich in mundgerechten Stücken von den Gräten gelöst. Er hatte noch nie etwas derart Leckeres und Verbotenes gegessen. Während des Essens dachte er immer wieder an den alten Fischer, der vermutlich irgendwo an einem knisternden Feuer saß und sich ebenfalls die Beute schmecken ließ.
    Auch jetzt, als er dem Bettler hinterhersah, wie er fluchend auf den Bürgersteig stolperte, musste Ifasen an den alten Mann von damals denken. Zwei Simbabwer, die auf der gegenüberliegenden Seite der Kreuzung arbeiteten, kamen zu Ifasen herüber, als sich der Verkehr lichtete. Sie verkauften silberfarbene Sonnenblenden für Windschutzscheiben und Handyladegeräte, deren Kabel wie Schlangen von ihren Armen herabhingen. Sie hatten erst einige Wochen zuvor angefangen und sich nicht die Mühe gemacht, sich Ifasen oder dem Bettler vorzustellen. Ifasen hatte sie ignoriert, aber der alte Mann war empört gewesen
und hatte versucht, die beiden zu verjagen. Es waren junge und flinke Männer, die lachend und problemlos seinen Schlägen ausgewichen waren und sich lautstark über ihn lustig gemacht hatten. Jetzt nickten sie Ifasen zu.
    »Habt ihr schon etwas verkauft?«, erkundigte er sich.
    »Nur zwei Blenden. Heute ist es zu heiß. Allen ist zu heiß, und die Leute sind zu beschäftigt, um sich überhaupt nach dem Preis zu erkundigen.« Der Mann blickte die Straße hinunter. Eine Gruppe Autos fuhr an einer weiter entfernten Kreuzung los. Wie eine Welle rollte die Wagenkolonne langsam auf sie zu. »Da kommen wieder welche. Mal sehen, ob wir jetzt mehr Glück haben.« Der andere Simbabwer schnaubte mutlos, ordnete aber vorsichtshalber die Kabel auf seinem Arm an.
    Nach einer weiteren Stunde des Auf- und Ablaufens zwischen den wartenden Wagen war es noch immer keinem von ihnen geglückt, etwas zu verkaufen. Dem Bettler jedoch hatte jemand eine Plastiktüte mit Essensresten gereicht. Er saß in einiger Entfernung auf einem Grünstreifen und nagte an einem zerdrückten Sandwich und alten Kotelettknochen. Die zwei Simbabwer schlenderten zu einer nahe gelegenen Tankstelle, um Wasser zu holen. Nur Ifasen blieb zurück. Er stand noch immer in der brennenden Sonne und versuchte inzwischen nicht einmal mehr, seine Mobiles so zu halten, dass man sie sehen konnte.
    Das Wetter in Obeokuta war genauso drückend schwül gewesen, wenn es keinen Wind gegeben hatte. Aber die Hitze hatte die Gerüche der Erde und des Gestrüpps in die Nase steigen lassen, so dass sich die Luft mit einem Duft erfüllte, der für Ifasen Heimat bedeutet hatte: Akazienblüten und Erde, Kuhdung und Vanilleschoten. Es war ein berauschendes feuchtes Aroma voller Versprechen gewesen. An heißen Tagen hatte er mit offener Tür und weit aufgerissenen Fenstern im Klassenzimmer gestanden, und die warmen Gerüche waren über die Schulbänke hinweggeströmt.
Der Duft hatte seine Schüler beruhigt und ihn selbst mit einem stillen, entschlossenen Ehrgeiz erfüllt.
    Doch hier an dieser Kreuzung in Kapstadt kam ihm die Hitze sinnlos und dreckig vor - angefüllt von Abgasen, die seine Haut mit Ruß und Schmutz bedeckten. Jeder Schritt erhöhte seine Körpertemperatur und untergrub seine Entschlossenheit, etwas zu verkaufen. Er verspürte eine große Bitterkeit, wenn er an die Verhältnisse dachte, in denen er jetzt lebte. Wie sehr sehnte er sich nach der Gelassenheit seines früheren Lehrerdaseins, nach dem Respekt, der ihm entgegengebracht worden war, und dem Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Er hatte den lockeren, freundlichen Umgang mit seinen Schülern und ihre leuchtenden unschuldigen Augen aus tiefstem Herzen genossen. Seine Zeit als Referendar und später als festes Mitglied des Lehrerkollegs - ehe er das Land für immer verlassen musste - kam ihm im Nachhinein wie ein Segen vor. Es war eine Zeit voller Erinnerungen an Abayomi, an die begeisterte Wissbegier junger

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