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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Menschen, an die beruhigend sichere Routine des Unterrichts und an die Kameradschaft zwischen den Kollegen. Wie viel er für diese höllische Nichtexistenz, in der er sich jetzt befand, doch aufgegeben hatte!
    Ifasen wanderte zwischen den wartenden Autos hin und her. Als sie weiterfuhren, bemerkte er einen metallicgrünen BMW mit dunkel getönten Scheiben. Der Wagen kroch langsam an ihm vorbei bis zur weißen Linie, wo die Ampel auf Orange schaltete. Daraufhin beschleunigte er das Tempo. Ifasen beobachtete das Auto aus schmalen Augen. Es bog auf den Platz vor der Tankstelle ein, hielt jedoch nicht an, sondern wendete und überquerte die zweispurige Straße, um wieder an die Kreuzung zurückzukehren.
    Ein junger Mann saß hinter dem Steuer. Er ließ Ifasen nicht aus den Augen, während er auf die andere Seite der Verkehrsinsel rollte. Er schien ihm sogar kurz zuzunicken, ehe er wenige
Minuten später auf Ifasens Seite wieder auftauchte. Die Reifen knirschten auf den Glassplittern und Steinchen, als der BMW am Rand hielt. Der Ventilator des Motors schaltete sich ein, während sich das Auto im Leerlauf befand.
    Ifasen schlenderte auf den Wagen zu. Das automatische Fenster glitt hinunter, und er spürte, wie ihm der kühle Wind der Klimaanlage entgegenwehte. Laute Musik donnerte im Inneren, der schnelle Rhythmus und die hektischen, schrillen Kreischlaute einer Sängerin ließen die Luft beinahe vibrieren. Zwei flauschige Würfel hingen am Rückspiegel. Der Mann beugte sich vor und drehte an der Hi-Fi-Anlage, um die Lautstärke zu drosseln. An seinem Nacken zeigte sich die Spitze einer Tätowierung. Sein blondes Haar war auf beiden Seiten des Kopfes geschoren, so dass man seine helle Haut deutlich sehen konnte. Oben und vorn hatte er das Haar lang gelassen. Er war muskulös. Der klar definierte Brustkorb und die kräftigen Oberarme zeichneten sich unter dem Stoff seines Shirts ab. Herablassend und selbstbewusst musterte er Ifasen von Kopf bis Fuß.
    »Hi, Mann, was geht ab?«, fragte er, ohne Ifasen in die Augen zu blicken.
    »Mir geht es gut. Danke. Kann ich Ihnen eines dieser Mobiles verkaufen? Sie kosten nur fünfzehn Rand.«
    Ifasen bezweifelte, dass es sich bei diesem Mann um einen Kunden handelte. Trotzdem hielt er die Aufhänger hoch, so dass sich die Figuren in der Sonne drehten. Der Fahrer würdigte sie keines Blickes, sondern starrte nur geradeaus. Sein Gesicht war hart und wachsam, was Ifasen nervös machte. Für einen langen Moment herrschte Schweigen.
    »Und? Hast du Puder für mich, Mann?«, fragte der Mann schließlich.
    Ifasen verstand sofort, was er meinte. Trotzdem erwiderte er verwirrt: »Wie bitte? Wonach haben Sie gefragt?« In seinen Ohren
begann es zu surren. Der Arm, mit dem er die Mobiles hochhielt, fühlte sich auf einmal müde an. Doch er ließ sie weiterhin auf Brusthöhe baumeln, denn die federleichten Stanzbilder schienen eine Barriere zwischen ihm und dem anderen zu bilden.
    Der Fahrer drehte sich jetzt ganz zu ihm. Er runzelte verärgert die Stirn, und sein Blick verdunkelte sich sichtbar. »Kokain«, erklärte er. »Ich sagte: Hast du Puder für mich? Ich suche Kokain. Aber ich nehme auch etwas anderes. Sag mir einfach, was du hast. Okay?«
    Ifasen ließ die Mobiles sinken. »Tut mir leid«, erwiderte er mit belegter Stimme. »Aber so was verkaufe ich nicht … Ich verkaufe nur diese Mobiles. Sie kosten fünfzehn Rand pro Stück. Das ist das Einzige, was ich verkaufe.« Er wusste, dass er sich wiederholte, hatte aber keine Ahnung, was er sonst sagen sollte.
    »Schwachsinn, Mann.« Die Schultermuskeln des Mannes spannten sich an, so dass sie sich sichtbar hinten am Nacken abzeichneten. »Red keinen Scheiß. Ich weiß, dass du was hast. Ich bin nicht von der Polizei. Okay? Also hör mit der lächerlichen Nummer auf. Du bist doch Nigerianer, oder?«
    Ifasen antwortete nicht.
    »Nigerianer, oder? Mann, das kann jeder sehen. Und du trägst Nike-Schuhe, während du diesen Plastikscheiß am Straßenrand verkaufst. Verarsch mich also nicht. Wir wissen alle, was ihr macht. Jetzt sag endlich, was du vertickst.«
    Ifasen blickte auf seine Schuhe mit den dünnen Sohlen. »Ich verkaufe keine Drogen«, erklärte er mit gesenkter Stimme. Er wandte sich zum Gehen, wobei er die Gegend nach seinen Kollegen absuchte. Doch die Kreuzung war wie ausgestorben.
    »Nein, so nicht, Freundchen. So einfach kommst du mir nicht davon. Warte gefälligst, bis ich mit dir fertig bin. Verstanden?«
    Ifasen spürte, wie er

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