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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Netzannone war auf ihrem Kleid verschmiert. Je mehr die Sonne die Container aufheizte, desto süßlicher fing die Frucht zu riechen an, bis Ifasen fast würgen musste.
    Auf dem Marktplatz wurde noch immer geschrien. Sie hörten,
wie in der Nähe ein Jeep mit quietschenden Reifen hielt, Leute jammerten und protestierten. Das Knallen einer Peitsche oder eines Schlagstocks auf dem Rücken eines Unglücklichen. Inzwischen lief ihnen der Schweiß in Strömen herab und bedeckte sie mit einem schmutzigen Film. Die Hitze im Container wurde unerträglich. Da sie nichts zu trinken hatten, begannen ihre Körper auszutrocknen, und ihre Rachen schmerzten. Abayomis Schluchzen wurde weniger und hörte schließlich ganz auf. Sie lag benommen da und starrte in die Dunkelheit. Ifasen wusste nicht, ob ihre Augen offen oder geschlossen waren.
    Sie harrten viele Stunden lang in dem Container aus. Endlich ließen die Geräusche nach, und der letzte Jeep verschwand mit knatterndem Motor. Die Sonne war bereits am Untergehen, als Ifasen auf Händen und Knien zur Tür kroch. Selbst das abendliche Licht brannte ihm in den Augen. Er spürte Abayomi neben sich. Zusammen spähten sie durch den schmalen Schlitz. Es war niemand zu sehen. Einige der Marktstände waren zusammengebrochen, und ihre Dächer aus Palmwedeln baumelten an Schnüren herab. Viele Rupfensäcke waren umgefallen oder verschwunden.
    Ifasen roch das Blut, ehe er es sah - salzig und metallisch. Neben der Containertür hatte sich eine dickflüssige Lache gesammelt. An den Rändern trocknete sie bereits und sah schwarz und fest aus, in der Mitte jedoch war sie noch leuchtend rot. Er stand auf und schob die Tür auf. Auf dem ganzen Marktplatz waren ähnliche Flecken zu erkennen. Abayomi und Ifasen traten langsam hinaus ins Freie, sich eng aneinander klammernd.
    Später erwähnten sie diesen Tag nie wieder. Aber in der Dunkelheit der Haftzelle tauchten die schrecklichen Bilder von damals vor Ifasens innerem Auge auf wie ungebetene Gäste.
    Wie erleichtert war er, als spät am Abend ein weiterer Gefangener in die Zelle gestoßen wurde. Die Tür wurde aufgerissen,
und ein laut protestierender junger Mann stolperte herein. Er roch nach Alkohol, war aber gesprächig und lenkte Ifasen ab. Nach einer Weile legte sich Ifasen in die der offenen Toilette am weitesten entfernte Ecke. Er wickelte sich in seine raue Decke, die nach abgestandenem Wasser und Schimmel roch. Während er sich bemühte, nicht an die Läuse zu denken, die sich vermutlich über seinem Körper verteilten, schloss er die Augen und versuchte zu schlafen.
    In der Nacht wurde er immer wieder vom Quietschen des Schlüssels im Schloss geweckt. Allmählich füllte sich die Zelle. Streitlustige Betrunkene und Kleinkriminelle stolperten in die Dunkelheit und klammerten sich dabei an ihre wenigen Habseligkeiten. Die Neuankömmlinge traten auf die bereits Anwesenden und taumelten so lange durch die Zelle, bis sie ein Fleckchen Betonboden entdeckt hatten, das noch frei war. Einige der Männer schrien wütend auf, wenn jemand gegen sie stieß, und brachen sofort einen Streit vom Zaun. Es wurde getreten und geflucht. Jemand stürzte auf Ifasen. Der Ellbogen des Mannes knallte gegen seinen halb offen stehenden Mund und schlug ihm die Oberlippe blutig. Es gab weder einen Spiegel noch Licht, um die Verletzung zu begutachten, aber Ifasen spürte, dass die Lippe geschwollen war. Immer wieder strich er mit der Zungenspitze über den Riss in seinem Mund. Er lag auf dem Rücken und versuchte, die Geräusche um ihn herum auszublenden.
    Am Samstag, im Licht des frühen Morgens, zählte er elf Gefangene. Die dicken Glasscheiben hoch über ihnen waren verschmiert und verkrustet, so dass selbst die wenigen hereindringenden Sonnenstrahlen schmutzig wirkten. Ein junger Constable brachte ihnen einen Laib Brot und ein kleines Schälchen Marmelade auf einem Emailtablett. Ifasen erreichte das versperrte Gitter, als der Polizist die Tür gerade wieder schließen wollte.

    »Bitte«, sagte Ifasen und streckte die Hand durch die Gitterstäbe, um den Mann daran zu hindern, die Tür zuzuschlagen. Der Constable wirkte verunsichert, ließ die Tür aber einen Spalt offen. Sein blondes Haar stand zerzaust unter seiner Kappe hervor. »Ich muss mit Inspector Jeneker sprechen. Bitte rufen Sie ihn für mich«, fuhr Ifasen fort.
    Der Polizist schüttelte den Kopf. »Der Inspector hat das Wochenende über frei. Er kommt erst am Montag wieder.« Erneut versuchte er, die

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