Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Landsmann von ihm getan hatte? Würde das irgendeinen Unterschied machen?
    »Mansoor ist einmal bereits fast erstochen worden. Man hat ihn mehrmals verhaftet, zusammengeschlagen, wie ein Tier gejagt«, fuhr Jeneker fort. »Letzte Woche habe ich meinen Sohn bewusstlos aus dem Kanal gefischt, wo er neben Scheiße und toten Hunden trieb.«
    Ifasen versuchte etwas zu sagen. Aber der Inspector bemerkte es gar nicht, so sehr war er in seinem Hass und seiner Verzweiflung gefangen. Er hatte beide Hände zu Fäusten geballt. »Das habt ihr ihm angetan! Du und deine verdammten Landsleute! Ihr seid alle gleich. Allesamt widerwärtige Poese ! Und jetzt zieh dich gefälligst an, bevor ich es mir anders überlege und dir zeige, was ich von dir halte!«
    Er riss Ifasens Gürtel und Schnürsenkel heraus, so dass diesem die Hose um die Hüften hing und er nur noch schlurfend laufen konnte. Der Inspector brachte ihn in einen anderen
Raum, in dem sich ein Holztresen und grell leuchtende Lampen befanden. Hier zwang er Ifasen dazu, jede seiner Fingerkuppen auf einen schmierigen Metallblock zu drücken. Dann rollte er seine Finger, die schwarz vor Tinte waren, auf einem Blatt Papier ab. Er fluchte, als der Abdruck über die vorgezeichneten Linien geriet.
    Schließlich bedeutete er ihm, sich die Hände zu waschen. Die rosafarbene Flüssigseife, die Ifasen mit der hohlen Hand aus einem kleinen Behälter neben dem Waschbecken holte, verteilte die schwarzen Flecken bis auf seinen Handrücken und überzog seine Haut mit einem unangenehmen Schleim. Das nasse Handtuch erinnerte ihn an die Ziegenhäute, die zu Hause in Nigeria nach der sommerlichen Schlachtung im Hof gehangen hatten, weshalb er das Wasser von den Händen schüttelte, um es nicht berühren zu müssen.
    Danach führte ihn Jeneker über einen Hof mit geparkten Polizeiautos und Unfallwagen, die hier abgestellt worden waren. In einer Ecke stand ein hohes Panzerfahrzeug, dessen Kühlergrill etwas eingedrückt war. Es sah wie das Grinsen eines Irren aus. Jeneker zog eine schwere Metalltür in der Mauer auf. Seine Schlüssel schlugen klirrend aneinander, als er das Gitter dahinter aufsperrte und Ifasen grob in eine feuchtkalte Zelle stieß.
    »Das mit Ihrem Sohn tut mir leid«, sagte Ifasen aus der Dunkelheit heraus. Jeneker schien ihn jedoch nicht zu hören. Er warf ihm wortlos eine staubige Decke zu und verriegelte dann wieder die Gitter und die Tür.
    Das dunkle Loch, in dem sich Ifasen nun befand, löste sofort Panik in ihm aus. Er stützte sich mit den Händen an der kalten Zementwand ab und schloss die Augen in der Hoffnung, dass er sich beruhigen würde. Verzweifelt versuchte er sich Abayomi und Khalifah vorzustellen. Doch seine Angst nahm nur noch zu, als Bilder in ihm aufstiegen, an die er lieber nicht gedacht hätte.

    Ein Nachmittag in Abeokuta. Er war mit Abayomi händchenhaltend über den Marktplatz geschlendert, vorbei an behelfsmäßig aufgebauten Ständen und Körben voller Obst und Gemüse. Abayomi hatte eine reife Netzannone gegessen und die Kerne mit ihren Zähnen herausgezogen, um sie dann auf den staubigen Boden zu ihren Füßen zu spucken. Die Frucht hatte herrlich geduftet. Plötzlich hatten die Schreie von Männern und das Knattern von Maschinengewehrsalven die Luft erfüllt. Die Leute waren wie Antilopen auseinandergestürmt, zwischen den Säcken voller Bohnen und Reis davongerannt. Ein Armeejeep tauchte am Ende der Straße auf. Er fuhr in Schlangenlinien über den unebenen Boden. Neben Abayomi und Ifasen ging ein Tontopf mit gelbgrünem indischem Pickle zu Bruch. Die Tonscherben verteilten sich über dem ganzen Stand, während glitschige Chilis und Stücke von Paprikaschoten auf den Boden spritzten. Ifasen packte Abayomi am Arm und zog sie zwischen zwei Ständen hindurch in einen offen stehenden Metallcontainer. Er schloss die quietschenden Türen hinter sich, so dass sie sich in völliger Dunkelheit befanden.
    Draußen knatterten die Maschinengewehre. Einige Schüsse wurden rasch hintereinander in den Himmel abgegeben, während andere gezielter klangen und an den Metallwänden des Containers vorbeizischten. Eine Kugel traf sogar die Tür, wo sie eine Delle hinterließ, jedoch nicht vermochte, das Metall zu durchdringen. Ifasen und Abayomi kauerten in einer Ecke, verdeckt von Sackleinen und Plastikplanen. Abayomi zitterte vor Angst und klammerte sich an Ifasens Arm. Sie begann leise zu schluchzen, während sie ihr Gesicht in seine Halsbeuge drückte. Die

Weitere Kostenlose Bücher