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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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gähnte ausführlich. Als er das Eintreffen des Amtsrichters verkündete, standen alle im Saal Anwesenden einen Moment lang auf. Nachdem der Gerichtsdiener seine Aufgabe erfüllt hatte, ließ er sich wieder auf seinen Stuhl sinken und begann, seine Nägel zu bearbeiten. Schon bald erfolgte die übliche Routine und legte sich wie feiner Ruß auf den Saal.
    Der Amtsrichter war ein imposanter Mann. Er schien für die Staatsanwältin ebenso wenig Geduld aufzubringen wie für die langsame Prozession der Beschuldigten, die vor ihm erschien. Eine lange Reihe von Männern schlurfte auf die Anklagebank, einer nach dem anderen mit tief gesenktem Kopf und herabhängenden Schultern. Jedes Mal erklang die schrille Stimme der Staatsanwältin, und es folgte die sonore Antwort des Richters. Abayomi konnte das Afrikaans, das gesprochen wurde, nicht verstehen, aber sie sah in den enttäuschten Gesichtern der Beschuldigten, dass deren Antrag auf Freilassung abgelehnt worden war. Mit stumpfer Miene lenkten sie ihre Schritte zurück in die Zellen.
    Gegen zehn Uhr wurde eine Pause eingelegt. Der Richter eilte aus dem Saal, als ob es sich um einen wichtigen Notfall handelte. Die anderen erhoben sich ebenfalls, streckten sich, schalteten ihre Handys ein oder strichen sich die zerknitterten Hosen glatt. Immer wieder ertönten Piepsgeräusche, die auf das Eintreffen einer SMS hinwiesen. Die Staatsanwältin weigerte sich erneut,
mit Abayomi zu sprechen, und murmelte etwas Unverständliches, als sie den Saal verließ. Abayomi folgte ihr nach draußen in den Korridor, doch die kleine Frau war innerhalb weniger Sekunden in der Menge verschwunden.
    »He, Babi «, rief eine bekannte Stimme. »Was geht ab, mai sista ?« Sunday saß mit ausgestreckten Beinen auf einer Bank vor dem Gerichtssaal. Auf seinem Schoß lag ein MP3-Spieler, und die Mütze hatte er sich keck ins Gesicht gezogen. Jetzt schob er sie zurück und grinste zu Abayomi hoch.
    » Haba! Was soll schon abgehen, Sunday?«, erwiderte Abayomi und lächelte zum ersten Mal an diesem Tag. »Danke, dass du gekommen bist. Er ist noch immer nicht erschienen. Und man sagt mir nicht, was los ist. Ich würde diese Leute am liebsten anschreien - sie weigern sich einfach, mit mir zu sprechen.«
    »Die Ziege, die am lautesten meckert, bleibt hungrig.« Sunday nickte weise und schenkte ihr dann erneut ein breites Grinsen. » Tory don wowo - möge Gott uns helfen.«
    »Du und deine dämlichen Sprüche, Sunday«, tadelte ihn Abayomi, wobei ihre Stimme sanft klang. Sie ließ sich neben ihm nieder.
    Sunday schob eine Hand in die Tasche seiner Jeansjacke und holte eine Rolle Pfefferminzbonbons heraus. Er bohrte seinen Daumen in das Papier, um eines für Abayomi herauszupulen. Doch gerade als er es ihr reichen wollte, riss er die Augen auf. Er sprang hastig auf, und das Bonbon rollte wie eine Murmel über den Boden davon.
    » Voertsek , Sunday!«, hallte es im Gang wider. Abayomi musste nicht erst aufblicken, um zu wissen, wer da rief. Sunday eilte wie ein verwundetes Tier den Korridor entlang, als suchte er Deckung, und verschwand um die Ecke. Die Bank senkte sich leicht, als sich Jeneker neben Abayomi niederließ. Deutlich
nahm sie seinen Geruch und die bedrohliche Wärme seines Körpers wahr, der dem ihren viel zu nah kam.
    »Hallo, meine Liebe.« Die Hand des Inspectors strich über ihre Zöpfe und berührte fast ihre Wange. Sie schüttelte sich, und er lachte auf. »Nicht froh, mich zu sehen? Vielleicht solltest du deine Einstellung mir gegenüber noch einmal überdenken. Vergiss nicht, in welcher Lage sich dein Mann befindet.«
    Abayomi blickte auf und sah, dass er sie mit einem hämischen Lächeln um den Mund betrachtete. Der dünne Schnurrbart auf seiner Oberlippe zog sich zusammen. Seine Lederjacke roch nach Zigarettenrauch und etwas Verdorbenem, als ob sie langsam verfaulte.
    »Lassen Sie uns in Ruhe, Jeneker«, brachte sie hervor. »Du bist nichts anderes als der Affe deines Bosses« , fügte sie leise in Igbo hinzu und blickte weg.
    Jenekers Hand schoss wie eine Viper hervor, packte sie am Handgelenk und drückte so fest zu, dass es schmerzte. Er rückte noch näher, wobei sein Mund zitterte. »Sprich nie mehr in dieser widerwärtigen Sprache mit mir. Hörst du? Nie mehr.«
    Sie spürte seine Speichelspritzer auf ihrer Wange und versuchte sich abzuwenden. Doch er riss sie so heftig am Handgelenk, dass sie gezwungen war, ihn wieder anzublicken. »Halte dich ja nicht für etwas Besseres. Du bist

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