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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Gemurmel. Während sich Richard weiter vom Haus entfernte, konnte er noch Davids
Stimme hören: »Wow. Wann ist dein Alter denn so verdammt tolerant und einfühlsam geworden, Amanda?« Jemand antwortete, und gequältes Gelächter drang in den Garten hinaus. Dann setzte wieder eine steife Unterhaltung ein.
    Richard tauchte in die Nacht. Die Luft war still und roch nach geschnittenem Gras und dem Chlor der Schwimmbecken. Ein Pfau stieß einen durchdringenden Schrei aus, der auf dem ganzen Anwesen widerhallte. »Verzieh dich, du dämliches Vieh!«, knurrte Richard und kickte wütend einen kleinen Stein in die Dunkelheit.
    In der Ferne rauschte der Verkehr vorüber. Eine Grille zirpte ganz in der Nähe. Er konnte kaum noch die Bergkette vor dem mondlosen Nachthimmel erkennen, eine gezackte Linie, die sich unregelmäßig hob und senkte. In seiner Welt, hinter dem hohen Zaun und der Schranke, zwischen den Eichen und den Schwänen, war sein Leben reine Fiktion, eine gezähmte Version des Daseins. Risiken und Unannehmlichkeiten waren aus dieser Welt verbannt worden, und das Leben folgte einem vorhersehbaren Muster. Was hatte Svritsky gesagt? Das zu wiederholen, was man bereits kennt, bedeutet nicht Leben. Die Berge, die Menschen, der Verkehr - all das war da draußen. Er selbst kam sich wie ein Zeichentrickfisch vor, der in einem Aquarium gefangen war, immer wieder mit der Schnauze gegen das Glas stieß und nur von Ferne und verzerrt das sah, was in der Welt außerhalb des Aquariums geschah.
    Er wünschte sich lächerlicherweise, Abayomi würde neben ihm stehen. Er sehnte sich nach ihrer Gegenwart und der Ahnung einer anderen Welt, die sie verbreitete. Sie hatten sich während der Massage kaum miteinander unterhalten, aber Richard wusste, dass es ihr problemlos gelingen würde, seine Gäste zu fesseln und ihnen ihre Engstirnigkeit vor Augen zu führen. Sie würde Coetzee und seine grauenvolle Frau mit wenigen Worten
entlarven. Abayomi würde neben ihnen wie eine Königin erstrahlen und den vollgestellten Tisch mit einer einzigen zornigen Bewegung leerfegen. David würde voll begehrlicher Bewunderung die Augen aufreißen, während er, Richard, schallend laut lachen würde. Wie seltsam, einer Fremden gegenüber eine derartige Leidenschaft zu empfinden!
    Die Sirene eines Krankenwagens entfernte sich langsam auf dem Highway. Auf der anderen Seite des Sicherheitszauns sprachen zwei Frauen angeregt auf Xhosa miteinander. Eine der beiden begann so heftig zu lachen, dass sie stehen bleiben musste, sich nach vorn beugte und am Zaun festhielt. Lautes Gelächter erfüllte einen Augenblick lang die Nacht.
    »Hohoho, jo, jo, jo!«, rief sie, schlug sich immer wieder auf den Schenkel und wischte sich die Tränen aus den Augen. Richard stand regungslos da und sah den beiden Frauen hinterher, als sie sich nach einer Weile, noch immer lachend, entfernten.
    Sein Handy vibrierte lautlos in seiner Hosentasche. Als er es herauszog, leuchtete das Display auf und zeigte an, dass eine SMS eingetroffen war. Die Nummer des Absenders wurde nicht angezeigt. Er drückte auf einen Knopf, um die Nachricht zu lesen.
    »Gute nacht, richard. Denk an deine haut auf meiner. Bis bald. A.«
    Die Worte versenkten sich wie Angelhaken in seinem Inneren, wo sie sich festkrallten.

8
    Der Gefangenentransporter, unterwegs in Richtung Gericht, kam ins Schlingern, und die zusammengepferchten Insassen stießen gegeneinander. Anfangs hatten sie noch versucht, jeglichen Körperkontakt zu vermeiden, doch schon bald gaben sie auf und ließen ihr Gewicht ungehemmt von einer Seite zur anderen fallen. Das Fahrzeug stank nach Urin und Exkrementen, und die Fensterscheiben waren mit einem dichten Drahtnetz verbarrikadiert. In einer Ecke konnte man halb getrocknetes Erbrochenes ausmachen. Wenn sich der Motor an einer Ampel oder einer Kreuzung im Leerlauf befand, füllte sich das Innere des Wagens mit Dieselabgasen. Dem durchdringenden Gestank war nirgendwo zu entkommen.
    Ifasen war vom ersten Moment an übel gewesen, als er hinten in den Transporter gestoßen worden war. Er war ins Stolpern gekommen und hatte sich das Knie an der harten Hecktür angeschlagen. Jetzt saß er vornübergebeugt da, rieb sich die schmerzende Stelle und versuchte, keinem der anderen Männer im Wagen in die Augen zu sehen. Der Kerl neben ihm roch stark nach Schweiß und legte immer wieder seine bandagierte Hand auf Ifasens Bein, um sich abzustützen. Schmutz und getrocknetes Blut gaben dem Verband die

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