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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ihn nicht sehen, bis er am Montag vor Gericht erscheint. Und nur das Gericht kann ihn wieder auf freien Fuß setzen. Er wurde wegen Drogenbesitzes festgenommen, verstehen Sie?« Der Polizist wand sich unter ihrem festen Blick.
    »Wegen Drogenbesitzes?«, sagte sie. »Ich glaube, da muss ein Missverständnis vorliegen, Constable. Ifasen hat nichts mit Drogen zu tun. Chei! Wenn Sie wüssten, woher er kommt, wer er
ist …« Sie hielt inne, als ihr bewusst wurde, wie sinnlos ihr Protest war.
    »Es tut mir leid. Ich verstehe, was Sie mir sagen wollen. Aber das ist ein ernster Vorwurf, der Ihrem Mann da gemacht wird.« Der Polizist zeigte auf eine Spalte in dem Buch, das noch immer offen vor ihm dalag. Mit derselben ordentlichen Schrift waren einige Wörter und Zahlen notiert worden. »Wir können ihn also nicht einfach wieder freilassen. Sehen Sie?« Sein Ton klang fast flehend.
    Abayomi seufzte, atmete tief ein und dann wieder aus. Die Wörter und Zahlen in dem Buch sagten ihr nichts, doch es war eindeutig, dass ihr der Constable nicht helfen würde. Sie und Ifasen waren ähnlichen Schwierigkeiten ausgesetzt gewesen, als sie aus Nigeria geflohen waren. An der Grenze zu Sambia war ihnen der Übertritt verwehrt worden, und der streitsüchtige Grenzbeamte hatte ihnen ihre Papiere wütend zurückgegeben. Dabei hatte er Abayomi ungeniert angestarrt. Ohne sich mit Ifasen zu besprechen, war sie dem Mann in eine winzige Abstellkammer gefolgt, wo es nach Farbe und Putzmitteln gerochen hatte. Dort hatte sie ihm erlaubt, seine Hand unter ihr Kleid zu schieben. Sie hatte seinen steifen Penis aus seiner Hose geholt und ihn rasch zum Höhepunkt gebracht. Als es vorbei war, versuchte er, sie zu küssen. Sie stieß ihn von sich. Dennoch hatte er danach ihre Papiere abgestempelt und die kleine Familie über die Grenze gelassen.
    Abayomi beobachtete die ungeschickten Gesten des Constable. Er war offensichtlich von ihr fasziniert, besaß aber nicht den nötigen Einfluss, um ihr das zu geben, was sie wollte.
    »Was genau wird dann passieren?« Ihre Miene war undurchdringlich geworden. »Am Montag, meine ich.«
    »Sein Fall wird dem Amtsrichter vorgelegt, und zwar im Amtsgericht von Kapstadt in Saal fünfzehn. Dann wird er auf Kaution
freigelassen.« Den jungen Mann schien diese Aussicht aufzumuntern. »Sie müssen also Bargeld ins Gericht mitbringen. Wenn Sie bezahlt haben, wird man ihn auf freien Fuß setzen, und er muss erst wieder an dem Tag erscheinen, der ihm genannt wird. Okay?«
    Sie fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Kleine Sandkörnchen, die ihr der Wind zugetragen hatte, kratzten über ihre Haut. »Verstehe. Könnten Sie ihm dann bitte diese Kleidung und das Essen geben?« Sie stellte zwei Plastiktüten auf den Tresen.
    »Tut mir leid«, erwiderte der Constable niedergeschlagen. »Das darf ich leider auch nicht … Ich kann ihm jedenfalls keine Kleidung bringen. Das Essen könnte er bekommen, aber … Na ja, er ist nicht allein in der Zelle, und deshalb ist zu befürchten, dass sich die Insassen um das Essen streiten. Das passiert jedes Mal …« Er brach ab.
    »Danke für Ihre Hilfe, Constable Miller.« Abayomi nahm die beiden Tüten wieder an sich und wandte sich zum Gehen. Draußen vor dem Polizeirevier warf sie die Tüte mit Essen einem alten Mann in den Schoß, der neben seinen Krücken auf dem Boden lag. Dann ging sie davon, während die Tasche mit Ifasens Kleidung gegen ihren Schenkel schlug.
     
    Abayomi wartete am Montag bereits in aller Früh auf einer harten Bank in der hintersten Reihe eines imposanten Gerichtssaals. Ein Wappen und eine herabhängende Fahne füllten den Raum hinter dem noch leeren Stuhl des Richters. Der Stuhl schien sehr weit von Abayomi entfernt zu sein. Sie versuchte, sich bei der Staatsanwältin zu erkundigen, was mit ihrem Mann geschehen würde, doch die Frau winkte nur ungeduldig ab, als sie an ihr vorbeieilte.
    »Ich kann jetzt nicht mit Ihnen reden.« Ihre Stimme klang schrill und unangenehm durchdringend. Sie lud einen Stapel
ramponiert aussehender Akten auf ihren Platz und hastete dann wieder aus dem Saal.
    Abayomi gab nach einer Weile die Hoffnung auf, etwas über Ifasen in Erfahrung zu bringen. Sie setzte sich wieder auf ihren Platz und wartete darauf, dass die Verhandlung beginnen würde. Schließlich erhob sich ein Gerichtsdiener. Ein Schokoladenpapier segelte aus seinem Schoß zu Boden. Er wirkte wie jemand, der aus einem tiefen Schlaf erwacht war, denn er streckte sich und

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