Würstelmassaker
ich habe deinen Neffen gefunden. War ein hartes Stück Arbeit«, flunkerte Palinski, das hatte er von den Politikern gelernt. »Aber ich habe mit ihm gesprochen .«
»Wir müssen unbedingt heute noch darüber sprechen«, Fuscheé klang sehr, sehr interessiert. »Kannst du gegen 21 Uhr ins Ministerium kommen .«
Langsam begann die ewige »Ministeriumgeherei« zu nerven. Aber auch Netties klassenkämpferische Worte gingen ihm durch den Kopf. »Tut mir leid, Josef, aber heute Abend bin ich unabkömmlich. Verstehe mich bitte nicht falsch. Falls das Staatswohl auf dem Spiel stände, würde ich Wilma nach gestern auch heute wieder versetzen. Aber um das Staatswohl geht es dabei nicht .« Was wiederum nicht ganz stimmte, aber das spielte in diesem Moment keine Rolle.
»Aber du bist gegen 21 Uhr herzlich willkommen im Ristorante »Mama Maria« in der Döblinger Hauptstrasse. Ich lade dich gerne auf die beste Pizza nördlich des Brenners ein. Und bring doch deine Frau mit, die wird sich sicher freuen, auch einmal einen Abend mit ihrem Mann zu verbringen .«
Das sekundenlange Schweigen des Ministers war nicht zu überhören. Sein »Das war wieder einmal ein echter Palinski«, entbehrte nicht eines gewissen pikierten Untertons. Sein abschließendes: »Aber eine gute Idee, ich werde da sein« klang dann wieder recht freundlich.
War er zu forsch gewesen, überlegte der »Echte .« Und wenn schon, der Minister hatte bereits früher bewiesen, dass er seinem Freund Mario eine gewisse Narrenfreiheit einräumte und sogar dankbar war, wenn der sie auch nützte.
So, jetzt war es soweit. Palinski atmete tief durch, dann nochmals und dann wählte er die Telefonnummer, die ihn mit Wilma verbinden sollte.
5
Nachdem sie sie nicht in ihrem Appartement angetroffen hatten, fanden Palinski und Florian Tante Nettie in der Cafeteria, wie das gute, alte Kaffeehaus jetzt sogar in einer Seniorenresidenz genannt wurde. Egal, wie die Einrichtung hieß, der Kaffee war gut und das Ambiente ansprechend.
Während Florian genüsslich eine Sachertorte mit Schlag verdrückte, rückte Tante Nettie mit »den neuen Beweisen«, wie sie es nannte, heraus. »Ich habe die Schachtel gleich mitgebracht«, sie stellte eine jener Schmuckdosen, in denen üblicherweise besonders hochwertige Kekse zum Verkauf gelangten, auf den Tisch.
Neugierig öffnete Palinski das mit einem dicken Gummiband verschlossene Behältnis und riskierte einen ersten Blick ins Innere. Soweit er erkennen konnte, handelte es sich bei dem Inhalt um ein etwa 2 Zentimeter dickes Packerl Kopien von Lottoscheinen. Tatsächlich waren es aber zwei Stapel, ein dickerer und ein zweiter, der aus 14 Kopien bestand. Auf dem dünneren, von einem Gummiringerl zusammen gehaltenen Stapel befand sich dazu noch ein mit einer Büroklammer fixiertes Blatt mit handschriftlichen Vermerken.
»Na, die Frau Kommerzialrat hat ja offenbar regelmäßig gespielt und sich das einiges Geld kosten lassen«, stellte Palinski nach dem ersten flüchtigen Hinsehen fest.
»Ja, Elisabeth war wie besessen vom Lotto«, erinnerte sich Nettie. »Soviel ich weiß, hat sie keine Runde ausgelassen .«
»Darf …, darf ich auch was fragen ?« , meldete sich Florian ein wenig unsicher.
»Natürlich« strahlte Nettie den jungen Mann an, »frag nur, was du willst. Ich darf doch du sagen ?«
»Natürlich, gnä Frau.«
»Ach was, gnädige Frau. Sag doch auch Tante Nettie zu mir, so wie Mario«, bot sie an, was heißt, sie forderte es geradezu von Florian.
Der wurde ganz rot. »Wenn du nichts dagegen hast, Mario«, meinte er, »dann sage ich gerne Tante Nettie, gnädige Frau .«
»Willkommen im Club«, scherzte Mario, der Florians Verlegenheit lustig fand. »Wir sind jetzt so was wie Brüder, adoptiert von ein und derselben Tante Nettie. Aber jetzt stell endlich deine Frage .«
»Ja richtig. Hat Frau Stauffar ihre Scheine immer selbst zur Annahmestelle gebracht oder hat ihr das jemand abgenommen? Und bei welcher Annahmestelle sind ihre Tipps angenommen worden ?«
»Zwei sehr gute Fragen«, anerkannte Palinski. »Kannst du was dazu sagen, Nettie ?«
Die alte Dame überlegte. »Früher ist sie immer zu der Trafik in der Peter Jordan Strasse gegangen, das weiß ich sicher. Aber die letzten Monate ist sie kaum mehr aus dem Haus gekommen, geschweige denn zur Trafik. Sie hat sich schon recht schwer mit dem Gehen getan. Aber wer die Scheine für sie abgegeben haben könnte«, sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Vielleicht
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