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Würstelmassaker

Würstelmassaker

Titel: Würstelmassaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Frauen auch von Männern gerne praktizierten »Bussi-Bussi«-Begrüßungsritual vorüber war, folgte zunächst der Abbau der drängendsten Informationsdefizite.
    »Oma sittet das Baby; es hat letzte Woche die ersten Schritte getan; stellt Euch vor, er kann schon Papa sagen; nein das war kein P, das war ein M .«
    Die Flut von Neuigkeiten strömte an dem artig Interesse heuchelnden Palinski vorbei. Just in dem Augenblick, als die Strömungsgeschwindigkeit leicht nachzulassen begann, erschien Wilma.
    Sie sah hinreißend aus, fand nicht nur ihr Mario, und das ganze »Bussi-Bussi«-Getue fing wieder von vorne an. Wenigstens hatten sie die babysittende Großmutter schon hinter sich, hoffte er. Aber Palinski unterschätze Wilmas subtile Neugierde ganz gewaltig. Denn mit der harmlos wirkenden Frage »Haben Sie vielleicht ein Foto von Lukas mit ?« , eröffnete sie eine neue Front, gegen die die vorangegangene Sturzflut nachträglich wie ein sanftes Bächlein wirkte.
    Endlich, nachdem sich Palinski versehentlich sogar die Fotos seiner eigenen Kinder zwei Mal ansehen hatte müssen, war auch dieses Bedürfnis der anwesenden Muttertiere befriedigt. Oder ein anderer Trieb gewann die Oberhand. Die Zeit des Kellners war endlich gekommen, die Speisenwünsche entgegen zu nehmen. Diese Aufgabe hatte sich heute Mama Maria persönlich nicht nehmen lassen.
    Fröhlich hüpfte sie zwischen den Gästen ihres »carissimo Mario« herum und notierte, dass eine Pizza »Quattro stagioni« und sicherheitshalber auch noch eine »Margherita« mit zwei Flaschen Cola »al instituto di Palinski« gebracht werden sollten. E subito, per favore. Dann wandte sie sich auch den anderen Gästen zu.
    Während sich Schneckenburgers Moni noch immer nicht zwischen »Fegato a la Veneziana« und »Osso bucco a la Milanese« entscheiden konnte, begann die Hand ihres Mannes »Miki« plötzlich zu zittern. Rasch stellte er sein Weinglas ab und zischte Palinski zu: »Ich werde verrückt, da kommt die Frau vom Alten. Was macht denn die da ?«
    »Ich nehme an, sie wird sich zu uns gesellen«, antwortete Palinski, der sich diese Überraschung aufgehoben hatte. »Nun, dann wollen wir sie herzlich willkommen heißen .« Während er »Frau Minister« noch unauffällig taxierte und fand, dass der Josef auch keinen schlechten Geschmack hatte, beeilte sich der Ministerialrat, »His Masters Lady« formvollendet zu begrüßen. Das wirkte vorerst etwas lächerlich, da er vor lauter Eifer fast hingefallen wäre. Der Handkuss, mit dem er Frau Mag. Erika Fuscheé dann aber seine Referenz erwies, war wirklich große Klasse. Selbst Knigge hätte seine Freude daran gehabt.
    Dann machte Schneckenburger die Anwesenden mit der Frau Minister, wie man in Wien sachlich zwar zu Unrecht, aber der vorauseilenden Einschleimerei entsprechend zu sagen pflegte, bekannt.
    »Sie müssen dieser ungewöhnliche Mensch sein, der es schafft, meinem Mann immer wieder Paroli zu bieten«, Mag. Fuscheé warf Palinski einen prüfenden Blick aus ihren smaragdgrünen Augen zu. »Das ist bemerkenswert. Wir zwei sind die einzigen Menschen, die das schaffen. Vielleicht auch noch der Bundeskanzler hin und wieder. Aber der zählt nicht, dem hilft bloß die Autorität seines Amtes .«
    Ministers Gattin oder nicht, Wilma fand die Art, wie die Frau ihren Mario anging etwas aufdringlich. Sie beschloss, die weitere Entwicklung dieses Gespräches mit besonderer Aufmerksamkeit zu beobachten.
    Dann kam auch schon der Minister. Sein Auftritt war ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie wichtig der richtige Rahmen für die Wirkung vieler Bilder ist. Was Dr. Fuscheé heute Abend fehlte, um in der breiten Öffentlichkeit die gewohnte Aufmerksamkeit zu erregen, war der Rahmen, den ihm das Fernsehen normalerweise bot. Um nicht aufzufallen, hatte er dazu statt der Kontaktlinsen seine Brille aufgesetzt und einen Hut auf den Kopf gesetzt. Die Tarnung war perfekt, selbst sein enger Mitarbeiter erkannte ihn erst, als er schon 5 Meter vor ihm stand. Wie er sich dazu noch gab, charmant, einsichtig und liebenswürdig. Niemand, der ihn nicht näher kannte, hätte vermutet, was für ein gerissener, knallharter und häufig richtig rücksichtsloser Politiker eben das Extrazimmer »Mama Marias« betreten hatte.
    Schneckenburger, der darin schon enorme Routine zu haben schien, stellte seinem Chef die Damen vor, die kennen zu lernen er bisher das Vergnügen noch nicht gehabt hatte. Und das war lediglich Wilma.
    Als ihr Fuscheè beim folgenden

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