Wuestenfeuer in Seinem Blick
weg.
Sie riss sich von seinem Anblick los und saß ab. Während sie Halvas weiches Maul streichelte, vermied sie es, in Rakins Richtung zu schauen.
Bei dieser Ehe ging es nicht um Liebe oder Familie – sie war nur ein vorübergehendes Arrangement. Und sie selbst nichts weiter als eine Ehefrau auf Zeit.
Trotz der Hitze fröstelte sie plötzlich.
Es war der letzte Tag ihrer kurzen Flucht. Schon morgen würden sie in die Hauptstadt zurückfliegen, damit Rakin einen wichtigen Besprechungstermin wahrnehmen konnte.
Nach dem späten Abendessen zogen sie sich in die Bücherei zurück. Laurel wusste, dass sie die Zeit mit ihm für immer in ihrem Herzen bewahren würde, egal wie es danach weiterging.
An diesem Tag waren sie unterwegs gewesen, um die Faszination der Wüste ganz auszukosten. Sie hatten zerklüftete Felsformationen und ausgetrocknete Flusstäler, die Wadis, erkundet. Sie waren durch Dörfer und Märkte von zauberhaftem Charme gekommen.
Trotzdem fühlte sie sich kein bisschen müde. Die Eindrücke des Tages ließen sie noch nicht zur Ruhe kommen. Statt sich zu Rakin auf das üppig mit Kissen dekorierte Tagesbett zu setzen, blieb sie stehen und betrachtete den Inhalt der hohen Regale.
Alle Themenkreise waren vertreten: Politik, Geschichte, Bücher über das Emirat, über die Wüste, über versunkene Kulturen. Neben vielen alten Lederbänden gab es moderne Hardcovers und eine große Auswahl guter Taschenbücher, Romane ebenso wie Krimis.
Kein Zweifel, Rakin war ein gebildeter und vielseitig interessierter Mann.
„Reiseberichte mag ich sehr gerne“, sagte er, „egal, ob von früher oder heute. Mir gefällt es, welch hohe Motivation und welche Visionen dahinterstecken.“
Sie befand sich auf ihrer eigenen Reise, wie sie mit einem Mal erkannte. Einer Reise, die noch lange nicht vorbei war. Blicklos stand sie einige Zeit vor dem Regal, bis ihr zufällig einige Gedichtbände auffielen. Ein weinroter Band trug in goldenen Lettern den Titel Freuden der Liebe .
Sie nahm das Buch heraus und schlug es auf. Die vom Alter gelblichen Seiten trugen einen Rand aus Blumenmuster. Sie las:
Meine Liebe!
Sonne meines dunklen Herzens,
bring Licht in meinen Tag.
Erwecke die Steine der Wüste zum Leben,
wärme mich an deinem Feuer.
So gewiss wie Dämmerung auf die sternenreiche Nacht folgt
und den Garten meiner Sehnsucht erhellt.
Ein Liebesgedicht! Rakin musste es sehr mögen, da das Buch an dieser Stelle von allein aufgegangen war.
Die Vorstellung verblüffte sie.
„Was schaust du dir an?“, fragte er, als wären ihre Gedanken auf geheimnisvolle Art zu ihm übergesprungen.
„Eine Gedichtsammlung.“
Sie blätterte um, und die Illustration auf der folgenden Seite ließ sie gebannt den Atem anhalten. Ein Liebespaar lag auf einem Bett unter einem Baum. Die üppigen Rundungen der Frau wirkten ausgesprochen sinnlich, der Mann war schlank und sonnengebräunt.
Kein Zweifel, dem Künstler hatte gefallen, was er zu Papier gebracht hatte. Das merkte man dem Werk deutlich an.
Normalerweise hätte es Laurel entsetzt, etwas Derartiges zu betrachten. Die Frau wirkte unendlich glücklich, der Mann hatte in leidenschaftlicher Entrückung den Kopf in den Nacken gelegt.
Laurel spürte, wie ihr heiß wurde. Sie atmete tief durch. Alles hätte sie darum gegeben, den Ausdruck solch tiefer Leidenschaft auf Rakins Gesicht zu sehen!
Sie klappte das Buch zu und stellte es an seinen Platz zurück, dann ging sie zu Rakin und setzte sich neben ihn auf die Armlehne des Sofas.
„Danke für den schönen Tag“, sagte sie mit rauer Stimme. Um ihre Gefühle nicht preiszugeben, vermied sie es, ihn anzuschauen.
Er berührte ihr Kinn, damit sie ihn ansehen sollte. Als sie sich weigerte, legte er ihr die Fingerspitze an die Lippen. „Du musst müde sein. Wir sollten schlafen gehen.“
Der Vorschlag war ganz und gar nicht dazu angetan, das Hitzegefühl verschwinden zu lassen. Ganz im Gegenteil.
Sie sah Rakin an, und der Funke sprang über.
„Komm her“, forderte er sie auf.
Laurel hätte nicht sagen können, von wem der erste Bewegungsimpuls ausgegangen war – jedenfalls fand sie sich schon im nächsten Moment auf seinem Schoß wieder. Und sie küssten sich, als gäbe es kein Morgen.
Nie hätte sie geglaubt, dass ein schlichter Kuss, zugegeben ein sehr langer und intensiver, so erregend sein konnte. Wie sollte sie sich unter diesen Umständen zurückhalten?
Fieberhaft entledigten sie sich ihrer Kleidungsstücke und warfen sie
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