Wüstenfeuer
unterbrachen. Aber das ist alles, was wir an ›wertvollen Beigaben‹ in dem Grab gefunden haben.«
»Da dürften unsere lieben Grabräuber aus der Umgebung aber ziemlich enttäuscht sein«, sagte Sam.
»In der Tat«, meinte der Professor. »Denn den wahren Schatz haben wir am Hafendamm entdeckt.« Er deutete mit einem Kopfnicken zum Meer, von wo das Summen der Generatoren zu ihnen heraufdrang. »Wir fanden ein sehr altes Papyrusdokument, das uns in einige Aufregung versetzt hat. Kommen Sie, wir gehen zum Wasser hinunter, dann zeige ich Ihnen das gute Stück.«
Haasis ging mit Sophie und Sam zum Trampelpfad und geleitete sie den Hügel hinab. Scharfkantige Steinformationen ragten in seltsamen Mustern stellenweise aus dem Erdreich und erinnerten an die Vielfalt von Gebäuden der alten Stadt, die größtenteils längst bis zur Unkenntlichkeit zerfallen waren.
»Indem er Gussformen benutzte, um seine Zementblöcke herzustellen und einzusetzen, legte König Herodes zwei Hafendämme an, die wie ein Paar Arme aufeinander zuliefen«, dozierte Haasis im Gehen. »Danach wurden auf den Hafendämmen Lagerhäuser errichtet, und an der Hafeneinfahrt wurde ein Leuchtturm erbaut.«
»Ich kann mich an ein Forschungsprojekt erinnern, in dessen Verlauf im Wasser eine Anzahl großer Steine gefunden wurde, die man dem Leuchtturm zugeordnet hat«, sagte Sophie.
»Wie schade, dass Herodes’ Bauwerke den Mächten der See nicht widerstehen konnten«, sagte Sam, ließ den Blick übers Wasser schweifen und fand kaum noch einen sichtbaren Hinweis auf den Verlauf der ursprünglichen Hafenmolen.
»Ja, fast alle Zementblöcke liegen mittlerweile vollkommen unter Wasser. Aber mein eigentliches Interesse gilt dem dort«, sagte Haasis und deutete auf die unsichtbare Bucht. »Das Lagerhaus auf dem Hügel bietet den Studenten eine ideale Gelegenheit für praxisnahe Feldstudien, aber in Wahrheit sind es die Hafenanlagen, die Caesarea zu etwas ganz Besonderem machen.«
Sie überquerten den Strand und gelangten auf einen schmalen Landstreifen, der weit ins Meer ragte. Zwei Studenten hoben in mühevoller Arbeit einen tiefen Schacht mitten auf der Felszunge aus. In der Nähe war ein Taucher zu sehen, der unter Wasser mit einer von einem Kompressor betriebenen Hochdruckwasserlanze tätig war.
»Dies ist der Punkt, wo der Haupthafendamm begann«, erklärte Haasis und erhob die Stimme, um das tiefe Dröhnen des Kompressors in ihrer Nähe zu übertönen. »Wir glauben, dass so etwas wie ein Zollgebäude hier gestanden hat. Einer meiner Helfer hat das Papyrusdokument in einem geborstenen Tontopf da drüben entdeckt«, sagte er und deutete auf einen Graben nicht weit von ihnen. »Wir haben probeweise mehrere Gräben in verschiedene andere Pachtungen gegraben, bisher aber keine weiteren Artefakte gefunden.«
»Eigentlich erstaunlich, dass Ihr Schatz trotz der großen Nähe zum Wasser so gut erhalten geblieben ist«, sagte Sam.
»Wir sind auf Teile des Fundaments gestoßen, die deutlich über der Hochflutmarke liegen.«
Sie blickten in den Probeschacht, wo einer der Studenten auf eine kleine gekachelte Fläche deutete, die freigelegt war.
»Sieht so aus, als wären Sie im Keller angekommen«, bemerkte Sophie.
»Ja, ich fürchte, es ist nicht mehr allzu viel vorhanden, was sich auszugraben lohnt.«
»Was macht der Taucher?«
»Er ist Schiffsingenieur und hilft uns, die genaue Lage der Hafeneinrichtungen zu rekonstruieren. Offenbar nimmt er an, dass das Zollhaus über unterirdische Räume verfügt hat, und sucht nach einem unter Wasser gelegenen Zugang.«
Sophie ging zum Rand des Steindamms und blickte auf den Taucher hinunter. Er arbeitete in etwa drei Metern Wassertiefe unmittelbar unter ihr und richtete einen Druckwasserstrahl auf den festgebackenen Untergrund.
Ohne etwas von seinem Publikum zu bemerken – das sich über ihm befand – unterbrach der Taucher seine Tätigkeit und schickte sich an aufzutauchen. Er hielt die Düse der Wasserlanze nach oben, so dass ein Wasserstrahl himmelwärts schoss, als die Düse die Meeresoberfläche durchbrach. Da sie genau in Zielrichtung stand, wurde Sophie mit einem Schwall Seewasser überschüttet, ehe sie sich mit einem Sprung in Sicherheit bringen konnte.
»Sie verdammter Idiot!«, schimpfte sie und wischte sich mit triefenden Ärmeln das Salzwasser aus den Augen.
7
Als er erkannte, was er getan hatte, richtete der Taucher die Düse aufs Meer, schwamm zum Steindamm und schaltete den Kompressor ab.
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