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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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war, dass Alipsha dies nicht wörtlich gemeint haben konnte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. In Qaf war sie  von morgens bis abends damit beschäftigt, den Anforderungen eines Lebens als Dschinn gerecht zu werden, doch hier, in dieser abgeschiedenen Kate, wurde ihr plötzlich schmerzlich bewusst, dass ihre Mutter noch am Leben war; sich vielleicht sogar an einem ähnlichen Ort wie diesem auf hielt.
    Als hätte sie Khalidahs Gedanken gelesen fuhr Abi Gul hastig fort: »Sie erscheint ihm in seinen Träumen, sagt er, und bittet ihn, über dich zu wachen und dich mit seinem Rat zu erleuchten. Aber er sagt auch, dass er dir nicht raten kann, wenn du ihm keine Fragen stellst.«
    »Aber wie soll ich das denn tun?«
    »Sprich«, forderte Alipsha sie auf, »und du wirst feststellen, dass wir einander verstehen.«
    Der Rauch in der Hütte hatte sich verdichtet, und Khalidah wusste plötzlich nicht mehr, welcher Sprache der Mann sich soeben bedient hatte; ihr wurde nur klar, dass sie ihn verstanden hatte. »Wie ist das …«, begann sie verwirrt.
    »Weil ich der betaan bin«, erwiderte er, als erkläre das alles. »Nun sag mir, warum du hier bist, Khalidah.«
    Sie blickte in sein gütiges, von Falten durchzogenes Gesicht, das von dem vom Kessel aufsteigenden Dampf verschleiert wurde. Es schien zu wabern und zu einem anderen Gesicht zu verschwimmen - dem eines jungen Mannes mit ähnlichen Zügen. Sie kam sich vor, als würde sie auf zwei Bilder blicken, mit jedem Auge auf eines, und sie spürte, wie sie von einem starken Schwindelgefühl erfasst wurde. Besser, sie schloss einen Moment lang die Augen …
    »Mein Vater«, murmelte sie. »Und Zeyneb … was ist aus ihnen geworden?«
    »Öffne die Augen wieder«, befahl er, und sie gehorchte.
    Der Dampf war noch dichter geworden, und irgendetwas schien sich jetzt darin zu bewegen, formte sich allmählich zu einer Gruppe  dahingaloppierender schwarzer Reiter, die von ihrem Vater angeführt wurde. Das Bild löste sich auf, wich dem von Zeyneb, die in einer Küche in einem Topf rührte - ihrer eigenen Küche, der neben dem  maharama, das sie zusammen mit Khalidah bewohnt hatte, und sie machte keineswegs den Eindruck einer Sklavin. Auch dieses Bild verschwamm, und Khalidah blickte auf das zweier junger Männer - einer hatte lange schwarze Locken, der andere einen verbundenen Arm und nach Beduinenart kurz geschorenes Haar - die nur mit Lendentüchern bekleidet neben einem Granatapfelbusch an einem Ufer saßen und die Füße ins Wasser hielten.
    Während sie sie wie gebannt anstarrte, lehnte sich der Schwarzgelockte zurück und wandte ihr sein fein gezeichnetes Gesicht zu. Sie erkannte in ihm sofort den Ayyubidenkrieger, der in ihrem Alptraum in der ersten Nacht in Qaf den Tempelritter getötet hatte. Doch dies war kaum in ihr Bewusstsein eingesickert, als sich der andere junge Mann umdrehte und sich über ihn beugte. Mit ungläubig geweiteten Augen verfolgte Khalidah, wie Bilal seinen schönen Freund mit der Leidenschaft eines Liebhabers küsste. Als sie einander in die Arme fielen, verblasste das Bild.
    Khalidah schloss die Augen wieder. Ihr Herz raste. »Was tut er denn da?«, fragte sie, erkannte aber schon, während sie die Worte formte, wie töricht sie klangen.
    Der betaan kicherte. »Hat deine Kinderfrau dir denn gar nichts erklärt?«
    »Schon gut, ich weiß, was er tut, aber Bilal … ich hätte nie …«
    Sie brach ab, weil sie nicht wusste, wie sie ihre Gedanken in Worte fassen sollte oder was sie überhaupt denken sollte. Trotz allem, was der Koran und die hadith zu diesem Thema zu sagen hatten und was die streng an ihren Traditionen festhaltenden Beduinen davon hielten, war sie gebildet und aufgeklärt genug, um zu wissen, dass diese Form der Liebe in anderen Teilen der islamischen Welt toleriert und  innerhalb gewisser Grenzen sogar gefördert wurde. Außerdem war das, was Bilal getan hatte, auch nicht empörender als der Umstand, dass sie monatelang allein in der Begleitung eines Mannes gewesen war, der nicht zu ihrer Familie gehörte.
    »Also gut: Wohin führt mein Vater diese Männer?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Weißt du, wer sich um Zeyneb und den Rest des Stammes kümmert?«
    »Nein, leider nicht.«
    »Was ist mit dem Jungen, den Bilal … nun ja … ich habe ihn schon einmal gesehen. Weißt du, wer er ist?«
    »Diese Frage kann ich dir beantworten. Er ist der Sohn von Sultan Saladin.«
    In Khalidahs Kopf drehte sich alles. Sie hatte schon aufgrund der

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