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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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gelben Tunika, die er in ihrer ersten furchtbaren Vision getragen hatte, vermutet, dass er zum Gefolge des Sultans gehörte - aber Bilal als Geliebter eines Ayyubidenprinzen? Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es dazu gekommen sein sollte, und sie spürte Panik in sich aufsteigen. Wenn schon der Junge, den sie in- und auswendig zu kennen geglaubt hatte, sich so grundlegend verändert hatte, was mochte dann während ihrer Abwesenheit mit dem Rest ihres Stammes und ihrem Land geschehen sein?
    Aber Alipsha spürte ihre Furcht. Als er weitersprach, empfand sie seine Stimme als so beruhigend wie Finger, die über ihr Haar strichen. »Die Welt hört nie auf, sich zu verändern, aber die, die du liebst, sind am Leben und bei guter Gesundheit, Khalidah … ist das denn nicht genug?«
    Dem hatte Khalidah nichts entgegenzusetzen.
    »Jetzt habe ich dich beruhigt«, sagte Alipsha weich. »Nun erzähl mir, was dich hergeführt hat.«
    »Nach Qaf? Ich nehme an, ich glaubte, meine Mutter habe mich  gerufen. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, denn sie ist nicht hier, und ich spüre ihre Gegenwart auch nicht. Noch nicht einmal die jenes Teils von ihr, der mich gerufen hat.«
    »Der Geist ist ebenso flüchtig wie die Zeit«, erwiderte Alipsha. »Brekhna ist hier und auch wieder nicht, aber sie ist nicht die Antwort.«
    »Vielleicht nicht«, gab Khalidah zu. »Aber Brekhna ist der Grund dafür, dass die Dschinn glauben, ich wäre dazu ausersehen, sie ihrem Schicksal entgegenzuführen.«
    »Bist du dir da ganz sicher?«
    »Wenn du etwas anderes weißt, wäre ich dir dankbar, wenn du es mir geradeheraus sagen würdest. Ich habe in der letzten Zeit so viele Rätsel und Prophezeiungen zu hören bekommen, dass es mir für ein ganzes Leben reicht.«
    Alipsha schwieg einen Moment, dann seufzte er. »Khalidah, ein  betaan sieht die Dinge nicht in geraden Linien. Für mich bilden Ursachen und Auswirkungen keine Kette, sondern ein unendliches Netz. Jede Faser ist ein eigenes Leben, und jedes Leben bildet einen Teil des Ganzen. Einige Fäden sind lang und fest, andere kurz und brüchig. Einige kreuzen andere, einige laufen zusammen, andere berühren sich dagegen kaum. Ich bin nicht allwissend - bei weitem nicht -, aber manchmal wird es mir gestattet, einen Blick auf Teile dieses Netzes zu werfen. Aus irgendeinem Grund erscheint mir dein Teil davon häufiger als andere. Viel kann ich dir nicht sagen, nur dieses: Dein Faden berührt den von Brekhna nur an bestimmten Stellen, ist aber eng mit denen der Dschinn verknüpft.«
    »Und was schließe ich daraus?«, fuhr sie auf. »Das kann bedeuten, dass es mir bestimmt ist, hierzubleiben und Tor Gul Khans Platz einzunehmen, aber genauso gut könnte es meine Bestimmung sein, die Dschinn zu Saladin zu führen.«
    »Würde es dir helfen, wenn ich dir sage, dass dein Faden genauso  stark mit denen des Stammes deines Vaters verbunden ist?« Khalidah wunderte sich selbst darüber, wie sehr sie dies bewegte, aber ihr blieb keine Zeit für Fragen, denn Alipsha fuhr schon fort: »Er überschneidet sich auch mit denen von Saladin. Bei dir läuft eine Vielzahl von Lebensfäden von allen Seiten dieses Landes und der jenseits seiner Grenzen zusammen. Die Auswirkungen davon werden noch lange zu spüren sein.«
    »Dann ist es also mein Schicksal, die Dschinn in den Kampf gegen die Franken zu führen?«
    Der betaan seufzte. »Khalidah … der größte Unterschied zwischen unserer Religion und der deinen besteht wahrscheinlich darin, dass unserer Ansicht nach nichts im Buch des Lebens niedergeschrieben oder uns vom Schicksal vorherbestimmt ist. Ich sehe Möglichkeiten, sonst nichts. In anderen Worten: Trotz allem, was ich dir gesagt habe, bist und bleibst allein du die Herrin deines Schicksals.«
    »Dann hast du mir im Grunde genommen gar nichts gesagt«, versetzte Khalidah bitter.
    »Nein?«, fragte der betaan sanft. »Oder meinst du einfach, dass ich dir nicht das gesagt habe, was du hören wolltest?« Wieder seufzte er. »Ich weiß, wie schwierig es ist. Für Menschen wie dich ist es immer schwierig. Man kann es dir schwerlich zum Vorwurf machen, dass du deinen Glauben verloren hast - genau wie deine Mutter.«
    »Bitte?« Khalidah war augenblicklich ganz bei der Sache. »Was soll das heißen - genau wie deine Mutter? Was weißt du über sie?«
    Doch Alipsha ging auf ihre Frage nicht ein, sondern meinte nur: »Wenn du einen Rat von mir willst, kann ich nur das sagen, was ich jedem Mann und jeder Frau

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