Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
Vom Netzwerk:
gewählt haben?« Er winkte mit der Hand ab, als wären diese Umstände nur nebensächlich und nicht der Kernpunkt seines Planes. »Dennoch können wir uns nicht nur auf die Natur und die Dummheit der Franken verlassen, wenn wir siegen wollen. Wir müssen alles daransetzen, den Invasoren den Marsch noch zusätzlich so unerträglich wie möglich zu machen, damit sie darum betteln, gefangen genommen zu werden, wenn sie unsere Armee zwischen sich und dem See sehen. Die berittenen Bogenschützen sollen sich in einer Stunde bereithalten. Sie sollen die Franken von beiden Seiten angreifen und dafür sorgen, dass sie möglichst langsam vorankommen.«
    Khalidah, die zwischen den umara eingekeilt saß, spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. Sulayman griff unter den Falten ihrer Gewänder nach ihrer Hand und hielt sie fest. In den angespannten Muskeln spiegelten sich ihre eigene Furcht und Erregung wider. Der Sultan musterte sie alle einen Moment lang schweigend. Seine goldbraunen Augen blickten ernst.
    »Bismillah ar-Rahman ar-Raheem«, sagte er schließlich. »Im Namen Allahs, des Allgnädigen, des Allbarmherzigen. Geht jetzt, und teilt euren Männern mit, dass die Zeit gekommen ist. Morgen wird sich Al-Quds wieder in unseren Händen befinden.«
     Die Dschinn wurden zusammen mit den türkischen Bogenschützen je einem der beiden Hauptbataillone zugeteilt. Khalidah führte die eine Gruppe an, Sulayman die andere. Batoor sprach ein Gebet zu den Göttern und Mobarak Khan, dann brachen sie auf. Der Tag war schon jetzt sengend heiß, und Khalidah begann fast Mitleid mit den Franken zu empfinden. Das Land, das sie durchqueren mussten, um zu dem See zu gelangen, war steinig und unwirtlich - nicht direkt eine Wüste, aber nicht vergleichbar mit den grünen Hügeln Galiläas.
    Zwischen Saffuriyya und Tiberias lagen weniger als drei farsakhs - für eine Armee in guter körperlicher Verfassung weniger als ein Tagesmarsch - aber ohne Wasser und Futter für die Pferde würde es ein Marsch durch die Hölle werden.
    Als die Sonne einen Finger breit über dem Horizont stand, bekam Khalidah den Feind zum ersten Mal zu Gesicht. Ihre Einheit hatte auf einem bewaldeten Hügel zwischen Lubiyah und Shajarah Posten bezogen und spähte zwischen den Bäumen hindurch auf die fränkische Armee hinab. Die Hitze hatte bereits ihren Tribut gefordert; die lateinische Armee, die eigentlich als geschlossene, von Infanterie flankierte Ritterformation hätte auftreten sollen, zog sich jetzt wie ein fadenscheiniger Läufer über die nördlich und südlich zwischen den Hügeln verlaufende Ebene hinweg.
    Im Osten konnte Khalidah die würfelförmigen Häuser des Dorfes Turan ausmachen. Dies musste das Ziel des Gegners sein, denn dort gab es die einzige Wasserquelle weit und breit. Khalidahs Dschinn waren einem kleinen, drahtigen türkischen amir namens Burakghazi unterstellt worden, dessen große Leidenschaft dem Umgang mit Pfeil und Bogen galt und der die Dschinn deshalb besonders ins Herz geschlossen hatte. Jetzt rief er seine Einheit zusammen, teilte sie rasch in mehrere Gruppen auf und ordnete jeder davon die gleiche Anzahl Dschinn zu.
    »Macht euch bereit, für Allah und den Sultan zu kämpfen. Schlagt rasch und unbarmherzig zu, und zielt hauptsächlich auf die Pferde - ohne sie sind die Franken eine leichte Beute. Aber vergesst nicht, dass Graf Tripolis die Vorhut anführt, den wir auf ausdrücklichen Befehl des Sultans verschonen sollen. Allahu akbar!«
    Er trieb sein Pferd an und galoppierte hügelabwärts auf die unglücklichen Ritter auf der ausgedörrten Ebene zu. »Allahu akbar«, flüsterte Khalidah, als sie ihren Bogen zur Hand nahm.
    Raymond von Tripolis blickte zu der Gruppe auf ihn zustürmender kreischender ghuzat auf. Der Anblick entlockte ihm kaum mehr als einen müden Seufzer. Er meinte in seiner Rüstung zu kochen, sein Schädel pochte, als wolle er den Helm zersprengen, und er konnte kaum etwas sehen, weil ihm ständig Schweiß in die Augen rann. Wie in Trance beobachtete er die an ihm vorbeischwirrenden Pfeile und zuckte noch nicht einmal zusammen, als sich zwei davon in seine Rüstung bohrten. Die Infanterie wurde von allen vier Seiten von Feinden bedrängt; die erschöpften Männer vermochten kaum ihre Schilde zu heben, ehe sie niedergestreckt wurden. Der Graf stützte eine behandschuhte Hand auf sein Schwert, machte aber keine Anstalten, es zu ziehen; er wusste, dass es keinen Sinn hatte. Aus dem Geschick der gegnerischen

Weitere Kostenlose Bücher