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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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einen Edelmann gehalten, den jüngeren Bruder oder Vetter des Beduinenkavalleristen an seiner Seite. Wie Numair trug er einen Lamellenbrustpanzer, darüber ein Gewand aus feinstem Leinen und einen mit einem Seidenturban umwickelten spitzen Helm. In seiner Schärpe steckte ein blitzender neuer Säbel, und an Anjums Sattel waren ein langer Speer und ein Rundschild befestigt. Aber welchen Eindruck auch immer er auf andere machen mochte, Bilal selbst gab sich keinen Illusionen hin. In seinem Magen brannte kalte Furcht, und in seinem Kopf schien ein Bienenschwarm zu summen. Er lebte in ständiger Angst, einen Fehler zu machen, unabsichtlich seine wahre Identität zu verraten oder - schlimmer noch - irgendwie versehentlich durchblicken zu lassen, dass er ein doppeltes Spiel spielte. Er wünschte, Anjum würde sich erschrecken, auf der Hinterhand herumwirbeln und in vollem Galopp davonjagen, doch die Stute war hervorragend abgerichtet, sie trug ihn mit hoch erhobenem Schweif und vorgestreckten Ohren in das lärmerfüllte, chaotische Lager, als sei es eine ruhige grüne Oase.
    Als sie bei dem Zelt ankamen, das die vorausgeschickten Diener errichtet hatten, sprang Numair von seinem Pferd, drückte einem Stallburschen die Zügel in die Hand und verschwand im Inneren, ohne sich noch einmal zu Bilal umzudrehen. Nach einem Moment stieg der Junge ebenfalls ab. »Sidi«, sprach ihn ein neben ihm stehender Diener mit einem ehrerbietigen Kopfnicken und, wie Bilal meinte, einem Anflug von Hohn an. Aber noch ehe er sich darüber Klarheit verschaffen konnte, führte der Mann Anjum schon fort.
    Bilal betrat das Zelt. Auf einem bunten Läufer standen Platten mit geröstetem Fleisch, Fladenbroten und Früchten bereit. Numair hatte sich bereits darüber hergemacht und verschlang die Speisen gierig.  Bilal wunderte sich noch immer darüber, wie gelassen er auf Daqaqs gescheiterten Versuch, Khalidah wieder einzufangen, und den Verlust dreier Gefolgsleute reagiert hatte. Aber natürlich boten sich ihm jetzt weit bessere Aussichten als die wenigen farsakh Wüstenland, die ihm die Hochzeit mit Khalidah eingebracht hätten. Bald wird er der Herr von Kerak sein, dachte Bilal - und das hat er allein mir zu verdanken. Er lächelte noch immer bitter in sich hinein, als ein anderer Diener mit einem Wasserbecken und einem Tuch erschien. Rasch wusch er sich Gesicht und Hände, und der Diener zog sich zurück.
    »Ich wundere mich, dass du in Petra nicht verhungert bist«, nuschelte Numair mit vollem Mund, was Bilal dazu veranlasste, nervös über seine Schulter zu spähen. »Oh, keine Angst, die Männer werden dafür bezahlt, nichts zu hören, und sie sind zu dumm, um den Sinn zu verstehen, wenn sie doch einmal etwas mitbekommen.« Bilal, der an die verschlagene Ironie des Stallburschen denken musste, fragte sich, ob sich Numair in diesem Punkt nicht irrte, so wie er sich selbst bezüglich de Rideforts Bereitschaft, ein Versprechen zu halten, geirrt hatte, aber er schwieg. In den letzten Wochen hatte er - abgesehen von der Zeit mit de Mailly - eine Lektion besonders gründlich gelernt: wann es angesagt war, den Mund zu halten.
    »Wie diese Narren es mit dieser Verpflegung im Magen geschafft haben, irgenjemanden zu unterwerfen, und noch dazu ein ihnen so überlegenes Volk wie das unsere, weiß Allah allein«, fuhr Numair fort. Er musterte Bilals ängstliches Gesicht und runzelte die Stirn. »Hör auf zu grübeln, und iss etwas Vernünftiges, solange du noch kannst. Bald müssen wir von den Armeerationen leben, und die sind nicht viel besser als der fränkische Fraß.«
    Seufzend ließ sich Bilal auf dem Teppich nieder. Er kaute gerade lustlos an einem zähen Fleischstück, als der Diener, der Anjum fortgeführt hatte, zurückkam. »Draußen wartet ein Bote für dich, Sidi.«
    »Von wem?«, fragte Numair gereizt.
    »Vom Sultan.« Bilal fuhr zusammen, als wäre er mit einem glühenden Feuerhaken berührt worden. Der Diener maß ihn mit einem verächtlichen Blick, dann wandte er sich wieder an Numair. »Soll ich ihn hereinbringen?«
    Numair grunzte nur. Der Mann wertete das als Zustimmung, verschwand und kehrte einen Moment später mit einem in das tiefe Gelb des Sultans gekleideten, bildschönen Jungen zurück. Er musste ungefähr in Bilals Alter sein, hatte zarte, ebenmäßige Züge, dunkle, schimmernde Augen, lockiges Haar, das er im Ayyubidenstil lang trug, und eine geschmeidige Anmut, die an einen Beduinenwindhund erinnerte. Der Junge musterte Numair,

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