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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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Boden gelegt hatte.
    Benommen nahm Bilal Platz. Der Sultan setzte sich mit untergeschlagenen Beinen direkt auf den Teppich. Er machte gerade Anstalten, das Gespräch zu eröffnen, als die Zeltklappe erneut zur Seite geschoben wurde und Salim eintrat. Er trug ein Tablett mit einer Teekanne, Gläsern und einer Platte mit Mandelkuchen. Während er Tee und Kuchen behutsam auf dem Teppich zwischen den Männern abstellte, warf er Bilal einen verschmitzen Blick zu. Dann verneigte er sich vor seinem Vater und wandte sich zum Gehen.
    Ohne ihn anzusehen befahl der Sultan: »Bleib«, woraufhin sich der Junge gehorsam direkt gegenüber von Bilal auf den Rand des Seidenteppichs kniete. Der Sultan wandte sich an Bilal. »Meinen Sohn Salim kennst du ja schon. Er hat in den höchsten Tönen von dir gesprochen.« Obwohl die Bemerkung ein Kompliment sein sollte, ließ der Unterton in der Stimme des Sultans sie wie das genaue Gegenteil klingen. »Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn er bei dieser Besprechung anwesend ist«, fuhr Saladin fort, »und dass deine Gegenwart für ihn lehrreich ist.« Diesmal war der versteckte Tadel nicht zu überhören, und Bilal fragte sich, was Salim wohl getan hatte, um den Unmut seines Vaters zu erregen, doch der Sultan sprach bereits weiter, und Bilal wandte seine Aufmerksamkeit widerwillig von dem anderen Jungen ab.
    »Ich freue mich, dass ihr euch entschieden habt, euch uns anzuschließen.« Saladin füllte die Gläser mit Tee. Von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit stieg Dampf auf, und ein stechender Pfefferminzgeruch verbreitete sich im Zelt. Bilal nahm ein Glas entgegen, obwohl seine Kehle so zugeschnürt war, dass er fürchtete, keinen Schluck hinunterbringen zu können. »Die Informationen, die dein Vetter uns bislang überbracht hat, sind für uns von unschätzbarem Wert, aber noch wichtiger ist eure persönliche Anwesenheit in unserem Lager.«
    Saladin verstummte, um Bilal Gelegenheit zu geben, etwas darauf zu erwidern. Doch dieser hatte keine Ahnung, was für eine Antwort von ihm erwartet wurde. Aus Angst, einen fatalen Fehler zu begehen, wich er aus. »Hoheit?«
    Der Sultan nippte an seinem Tee. »Bislang sind nur sehr wenige arabische Stämme zu uns gestoßen. Aber gerade die Beduinen brauchen wir am dringendsten.«
    »Du schmeichelst uns, Herr«, entgegnete Bilal. »Ich glaube nicht, dass sich unsere besten Reiter mit den schlechtesten der tawashiyah  messen können.«
    »Da irrst du dich. Ich habe oft bemerkt, dass die Schnelligkeit und das Geschick der Beduinen-ghuzat kaum zu übertreffen sind. Aber ich habe nicht auf eure Reiter angespielt. Die Männer meiner Armee stammen größtenteils aus Städten und großen Dörfern. Wenn wir unsere heilige Stadt Al-Quds zurückerobern wollen, so wird das nicht an ihren Toren geschehen, sondern hier in der Wüste, und niemand kennt die Wüste besser als dein Volk.«
    Bilal nippte automatisch an seinem Tee, was er sofort bereute. Er zwang sich, die Flüssigkeit zu schlucken, dann erwiderte er: »Du schmeichelst uns erneut, Herr.«
    »Inwiefern?« Die Augen des Sultans ruhten unverwandt auf Bilals Gesicht. Unwillkürlich schielte Bilal zu Imad ad-Din hinüber, der seinen Blick mit seinen schwarzen Augen, die fast unter den schweren Lidern verschwanden, gelassen zurückgab. Er wirkte unbeteiligt, fast uninteressiert, doch Bilal hatte den Eindruck, dass der Mann jedes Wort, das hier fiel, aufsog wie ein Schwamm, um es sich später in aller Ruhe wieder ins Gedächtnis zu rufen und seine Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.
    »Mein Stamm reist selten so weit nach Norden«, sagte er vorsichtig. »Es gibt sicher andere, die diese Gegend weit besser kennen als wir.«
    Saladin zuckte lässig die Achseln. »Ein Seemann kennt das Meer, ein Nomade die Wüste.« Er legte eine kleine Pause ein. »Du weißt, dass einige deiner Stammesbrüder bereits in unsere Armee eingetreten sind.«
    Das war eindeutig keine Frage, sondern eine Feststellung. Bilal stellte sein Glas ab. Seine Gedanken überschlugen sich. »Bei allem Respekt, Hoheit, aber das kann ich kaum glauben«, erwiderte er. »Als mein Vetter und ich unsere Reise antraten, bereitete sich unser Stamm gerade darauf vor, gen Süden zu ziehen. Es gab schwierige Familienangelegenheiten zu bereinigen - keiner von Abd al-Hadis Männern hat je die Absicht geäußert, sich deiner Armee anzuschließen.«
    »Ich spreche nicht von Abd al-Hadis Männern«, gab der Sultan in freundlichem Konversationston zurück, doch

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