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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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sie mit einem Lächeln, das zwischen Regenwolken aufblitzenden Sonnenstrahlen glich. »Dann führe dein Schwert im Namen des Glaubens, Khalidah bint Brekhna al-Dschinn, und ich bete, dass du am Ende Recht behältst.«
    Ein Anflug von Schmerz huschte über sein Gesicht, dann wandte er sich ab. Schweigend ritten sie im ersterbenden Licht auf die Berge zu, die wie die Verkörperung eines unbekannten Schicksals vor ihnen aufragten.
     

21
    Salim saß im Schatten eines Zeltes am Rand des Lagers und verzehrte einen Granatapfel. Bilal beobachtete ihn dabei. Die Zeit für diese Früchte war lange vorbei, doch das war nicht der Grund für sein Interesse, denn in den Wochen ihrer Freundschaft hatte er sich längst an Salims geradezu übernatürliche Fähigkeit gewöhnt, Unmögliches möglich zu machen. Ihn faszinierte mehr die Art, wie der Prinz die Frucht aß. Statt die ledrige Haut abzuziehen und die fleischigen Samenkörner mit gierigen Bissen zu verschlingen, wie Bilal es mit seiner eigenen Hälfte gemacht hatte, hielt Salim sie wie eine Tasse in der Hand und klaubte mit der Empfindsamkeit eines Musikers, der an den Saiten einer oud zupft, jedes einzelne rote umhüllte Samenkorn einzeln heraus.
    Außerdem sah er lieber Salim bei dieser Beschäftigung zu, als der Reiterkolonne hinterherzustarren, die sich vom Lager in Richtung Südwesten schlängelte. Tripolis’ Übereinkunft mit dem Sultan erhöhte die Wahrscheinlichkeit eines Militärschlages gegen ihn, und so lächerlich es auch klang, Bilal konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Jacques de Mailly in diese Schlacht ziehen musste. Einen einzigen Vorteil brachte die Situation für ihn mit sich: de Ridefort hatte Numair befohlen, sich diesen Truppen freiwillig anzuschließen, während Bilal - dessen Freundschaft mit Salim ihm nicht verborgen geblieben war - im Lager zurückbleiben sollte. Die Möglichkeit, Numair könne von einer Templerlanze durchbohrt werden, reichte aus, um ein Lächeln auf Bilals sorgenvolles Gesicht zu zaubern.
    »Was belustigt dich denn so?« Salim leckte ein Samenkorn von seinem Finger. Seine tintenfarbenen Augen hefteten sich auf das Gesicht seines Freundes. Augenblicklich erstarb Bilals Lächeln. »Ah, ich hätte nichts gesagt, wenn ich gewusst hätte, dass ich dein Lächeln  dadurch auslösche. Ich sehe es ohnehin viel zu selten an dir. Wird dir das bequeme Leben in relativer Zivilisation zu langweilig? Sehnt sich dein Nomadenherz nach den Weiten der Wüste?« Bei diesen Worten musste Bilal unwillkürlich erneut lächeln, und Salim nickte zufrieden. »So ist es schon viel besser. Und hier ist deine Belohnung.«
    Ein Granatapfelsamen balancierte auf seinem schlanken Finger. In seinen Augen blitzte der Anflug eines Lächelns auf, vielleicht sogar eine Herausforderung, und einen Moment lang sah Bilal sich vorbeugen und das Samenkorn mit der Zunge aufnehmen. Das Bild war so lebhaft, dass er meinte, das Salz auf Salims Haut schmecken zu können. Er schloss kurz die Augen, und als er sie aufschlug, zitterte das Samenkorn immer noch vor ihm wie das Herz eines Singvogels. Bis ins Mark erschüttert nahm er es zwischen Daumen und Zeigefinger und zerdrückte es, dann leckte er den bittersüßen Saft ab.
    Salims Augen verengten sich, ein Anflug von Enttäuschung huschte über sein Gesicht, dann beschäftigte er sich wieder mit der Frucht. »Du hast mich überhaupt nicht gefragt«, beklagte er sich mit dem schmollenden Unterton, der sich manchmal in seine Stimme schlich; die einzige gezierte Angewohnheit, die sich nicht mit seinem Rang vereinbaren ließ.
    »Was sollte ich dich denn fragen?«
    »Was ich dir gestern Abend erzählen wollte, als du nicht gekommen bist.«
    Bilal seufzte. »Ich sagte doch schon, dass es mir leidtut. Numair wollte mich nicht gehen lassen. Er war seit langer Zeit einmal wieder nüchtern, und mir blieb keine andere Wahl, als mich seinen Wünschen zu fügen.«
    Salim blickte auf die Schale in seiner Hand hinab. Sein langes Haar verdeckte die Hälfte seines Gesichts. »Das sagtest du in der Tat bereits.« Das Schmollen trat jetzt deutlicher zu Tage, gepaart mit echter Enttäuschung.
    »Es tut mir leid«, wiederholte Bilal.
    Salim schwieg eine Weile, dann zerdrückte er die leere Fruchtschale in seiner Hand und lachte glockenhell auf. »Das macht jetzt nichts mehr. Bald wird dir dein Vetter keine Scherereien mehr bereiten - weder nüchtern noch betrunken.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Bilal argwöhnisch.
    »Das ist es, was ich

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