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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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dir gestern Abend sagen wollte. Mein Vater hat mich gebeten, ihn in den Süden zu begleiten, und mir das Kommando über ein saqa übertragen. Ich soll dreißig Reiter aussuchen, die einen Erkundungstrupp bilden sollen. Und er hat mir ausdrücklich aufgetragen, dafür zu sorgen, dass du darunter bist - als ob es dazu einer besonderen Aufforderung bedurft hätte!«
    Einen Moment lang empfand Bilal abgrundtiefe Erleichterung. Dann fiel ihm wieder ein, dass die Pilgerroute an Kerak und de Rideforts wachsamen Augen vorbeiführte, und ihm wurde klar, wer hinter seiner Beförderung stehen musste. Weder de Ridefort noch der Sultan konnten auf ihren Informanten verzichten. Stumm sah er den letzten Männern der Tiberias-Truppen nach, die in einer Staubwolke verschwanden. Er wusste beim besten Willen nicht, was er jetzt zu Salim sagen sollte.
    »Ich hatte gedacht, du freust dich«, bemerkte der Prinz, und diesmal klang seine Stimme nicht schmollend, sondern nur verwirrt und verletzt.
    »Ich freue mich auch«, versicherte Bilal ihm. »Es ist nur … in meinem Leben hat sich so viel so schnell geändert. Vor zwei Monaten war ich ein Niemand, und jetzt reite ich im saqa eines Prinzen mit.« Er schüttelte den Kopf. »Denk bitte nicht, ich wäre dir nicht dankbar. Das bin ich, sogar sehr - für alles, Salim.«
    »Dank nicht mir.« Salim nahm Bilals Hand in seine eigene, an der noch immer roter Saft klebte. »Allah belohnt die Gläubigen immer.«
    Bei Tagesanbruch verließen sie Ras al-Mai. Der Sultan übergab dem eifrig bereitstehenden Al-Afdhal - die Verkörperung von Stolz und jugendlicher Arroganz - feierlich den Befehl über seine Armee, ehe er seinen Erben in eine väterliche Umarmung zog. Salim, der die Szene vom Rücken seines Pferdes aus aus einiger Entfernung beobachtete, verdrehte die Augen, grinste Bilal an und stieß dann seiner Stute die Fersen in die Flanke. Das Tier bäumte sich auf und fiel dann in einen scharfen Galopp, was der Abschiedsszene ein jähes Ende setzte.
    Doch als der Morgen verstrich, ließ auch Salims anfängliche Begeisterung merklich nach. Die Pilgerstraße war schon lange vor den Tagen des Propheten eine beliebte Karawanenroute gewesen, und trotz all ihrer historischen Bedeutung bestand sie nur aus einem breiten, von einer durch fünfhundertjährige Benutzung aufgewühlten Staubschicht bedeckten Pfad, der sich durch die Wüste wand. Mit dem ersten Tageslicht war ein Schirokko aufgekommen und erfüllte die Luft mit pudrigem Staub, der selbst den Männern an der Spitze der Kolonne das Atmen erschwerte.
    »Imad ad-Din hätte das als böses Omen bezeichnet«, raunte Salim dem an seiner Seite reitenden Bilal zu. Wie alle anderen auch hatte er sich das Ende seines Turbans vor Mund und Nase gezogen. Die unbedeckten Teile seines Gesichts und seine dunklen Haare waren mit dem hellen Staub verklebt und ließen ihn wie die Parodie eines Franken erscheinen.
    »Und du?«, fragte Bilal.
    Salims Augen wurden schmal, was Bilal verriet, dass er unter dem schmutzigen Leinen grinste. »Ich halte Omen für die Werkzeuge alter Männer, die Wein und Weiber dem Ruf Allahs vorziehen.«
    »Lass das nur nicht deinen Vater hören«, warnte Bilal.
    »Ich werde mich hüten. Aber unser großer Chronist weilt ja auf diesem Feldzug nicht unter uns.«
    Was sich nicht leugnen ließ, obwohl Salim ebenso gut wie Bilal  wusste, dass der Grund dafür mehr in dem praktischen Denken des Sultans als in der Bequemlichkeit des Schreibers zu suchen war. Zwar schätzte es Saladin durchaus, wenn ein Chronist sämtliche Ereignisse eines solchen Unternehmens schriftlich festhielt, aber er wusste, dass er sich diesmal keine Fehler leisten durfte. Die Pilger mussten geschützt und Arnats Garnison so gut wie möglich in Schach gehalten werden. Aber weder das eine noch das andere war das Risiko wert, dass Guy die Gunst der Stunde nutzte und während der Abwesenheit des Oberbefehlshabers den Hauptteil der islamischen Armee angriff. Der Sultan bezweifelte zwar, dass Guy töricht genug war, die Muslime zum Kampf zu fordern, obwohl er nun auch noch Tripolis zum Gegner hatte, aber er hätte keinen Eid darauf geschworen. Sollte es sich als notwendig erweisen, musste Saladins Division in der Lage sein, alles stehen und liegen zu lassen und unverzüglich in den Norden zurückzukehren. Also wurde sie dieses Mal weder von Huren noch von Schreibern noch von hübschen jungen Dienstboten begleitet, die die Soldaten von ihren Pflichten hätten ablenken

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