Wüthrich, G: Dölf Ogi: So wa(h)r es!
Stellenwert besitzt.
Für etwas Aufsehen wenigstens sorgt in der Schweiz die Wahl von alt Bundesrat Joseph Deiss zum Präsidenten der UNOGeneralversammlung 2010/2011. Kofi Annan schreibt diesen grossen Erfolg zwar nicht direkt dem Wirken Adolf Ogis zu, aber er anerkennt immerhin: «Es ist schon bemerkenswert für ein Land, das der UNO vor nicht langer Zeit beigetreten ist, dass es schon nach so kurzer Zeit den Präsidenten der Vollversammlung stellen kann.»
Und erneut überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wird zu Hause ein weiterer Coup, für den Adolf Ogi wiederum ganz klar den Weg geebnet hat. Der Schweizer Botschafter bei der UNO und die Freundesgruppe für Sport setzen sich intensiv dafür ein, dass das Internationale Olympische Komitee den Beobachterstatus in der UNO erhält, wie ihn früher die Schweiz vor dem Beitritt innehatte. Das halbe IOC reist an. Doch zuvor müssen die Chinesen überzeugt werden. China befürchtet einen Dammbruch, sieht die Gefahr für einen Beobachterstatus von Organisationen wie der neuen religiösen, auf Qigong basierenden Falun-Gong-Bewegung am Horizont erscheinen. Aber auch die Chinesen lassen sich schliesslich überzeugen. Das IOC erhält den Beobachterstatus als praktisch einzige nichtstaatliche Organisation, neben dem Vatikan, Palästina, der EU, der afrikanischen Union, der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), dem Europarat und anderen. «Die UNO hat damit einmal mehr anerkannt, dass der Sport durchaus politischen Stellenwert besitzt und eine weltumspannende gesellschaftliche Kraft ist», sagt Peter Maurer später, «auch wenn über Sport nur einen halben Tag in der Generalversammlung debattiert wird.»
2002 Mit Flüchtlingen aus Ruanda und Burundi in einem Camp in Uganda.
Doch was hat die Schweiz aus Ogis Werk gemacht? Wenig bis nichts. Sie lässt es mehr oder weniger einschlafen. Es gibt immerhin einen Nachfolger, den Deutschen Willi Lemke. So weit, so gut. Das «United Nation Office on Sport for Development and Peace» besteht noch. Ebenso die UNO-Gruppe «Friends of Sport». Die Arbeit geht also weiter. Das ist immerhin ein Erfolg. Ogis langjähriger persönlicher Mitarbeiter David Winiger ist aber dezidiert der Auffassung: «Die Schweiz hätte langfristig mehr aus Dölf Ogis Engagement machen müssen.» Die gute Ausgangslage sei verschenkt worden. Im Departement für auswärtige Angelegenheiten gelten plötzlich andere Prioritäten. Man ist nicht mehr bereit, Geld für den Sport auszugeben. Einer der wichtigsten Mentoren geht im Frühling 2008 auch noch, Walter Fust, Direktor der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).
Fust hat das Thema Sport und Entwicklung im Jahre 2001 sofort zur Chefsache gemacht, als Ogi seine Arbeit bei der UNO aufnimmt: Da machen wir mit. Das ist wichtig. Da nehmen wir auch Geld in die Hand. Fust hilft zweimal, in den Jahren 2003 und 2005, die internationale «Magglinger Konferenz für Sport und Entwicklung» auf die Beine zu stellen. Nach seinem Abgang stirbt die dritte Konferenz 2008 ein halbes Jahr vor dem geplanten Termin. Dabei hat sich an den guten Rahmenbedingungen nichts geändert: Die Schweiz ist Sitzstaat der UNO. Und die Schweiz ist zugleich Sitzstaat der grossen Sportverbände IOC, FIFA, UEFA und IIHF (International Ice Hockey Federation). Es läge eigentlich auf der Hand, dass man da Bindeglied für die Entwicklungszusammenarbeit spielt. Doch die Schweiz gibt das Thema leichtfertig aus der Hand.
Die Rahmenbedingungen haben sich verändert: Die Entwicklungszusammenarbeit gerät unter Dauerbeschuss der SVP. Die bürgerlichen Parteien wollen eine Fokussierung auf weniger Projekte – frei nach dem Motto: weniger ist mehr. Und auch die damalige Aussenministerin, Micheline Calmy-Rey, hat kein besonderes Interesse daran, ein Thema durchzusetzen, zu dem sie keine grosse Affinität besitzt.
Trotzdem hat der heutige IKRK-Präsident noch nicht aufgegeben: «Ich hoffe, dass die Schweiz eines Tages wieder in das UNO-Thema Sport einsteigt.»
1999 Empfang bei Hillary und Bill Clinton im Weissen Haus.
Mit den Mächtigen der Welt
7. September 2000, New York, nachmittags. Ein herausragender Tag im Leben des Adolf Ogi. Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinten Nationen spricht ein Schweizer Bundespräsident vor der UNO-Generalversammlung. Dabei ist die Schweiz noch gar nicht Mitglied der Vereinten Nationen. Erst anderthalb Jahre später sagt das Schweizer Volk Ja zum UNO-Beitritt. Der
Weitere Kostenlose Bücher