Wüthrich, G: Dölf Ogi: So wa(h)r es!
von gleicher Bedeutung. Verhältnisblödsinn. Als Dölfs Frau Katrin am anderen Morgen den «Bund» liest, verschlägt es ihr fast die Sprache: Ogi koste die Schweiz 200 000 Franken. Dabei habe er doch schon eine grosse Pension. Katrin Ogi begehrt auf: «Das lassen wir uns nicht bieten. Du hörst sofort auf ! Das hast du nicht nötig. Du setzt dich dermassen ein und dafür kriegst du nun einen solchen Chlapf zum Grind.» Er ist nahe dran, den Bettel tatsächlich hinzuschmeissen. Aber er fragt vorher noch Kofi Annan um Rat: «Kofi, du kennst Katrin. Sie sagt, dass ich aufhören soll.» Kofi Annan lässt sich, wie immer, nicht aus der Ruhe bringen und rät: «Take your sack and walk away! – Nimm deinen Rucksack und marschier weiter.» Ogi hängt noch ein paar Jahre an. Aber dann wird sein Sohn Mathias krank. 2007 hört er auf. Nach sieben Jahren. Müde. Und in grösster Sorge um seinen Sohn.
Was bleibt? Es ist halt so eine Sache mit der Wertschätzung aussenpolitischer Aktivitäten der Schweiz: Die Wahrnehmung im Innern entspricht selten der Wahrnehmung im Ausland. Aktivitäten, die im Ausland grosse Wertschätzung erhalten, werden zu Hause gering geschätzt. Das hat nicht nur Adolf Ogi teilweise erleben müssen, das spürt auch der spätere Staatssekretär und IKRK-Präsident Peter Maurer immer wieder.
Auch ausserhalb von Ogis Wirken gibt es solche Beispiele: Im Herbst 2011 werden die beiden wegen Spionage verurteilten amerikanischen Wanderer Josh Fattal und Shane Bauer im Iran freigelassen. Zwei Jahre sassen sie im berüchtigten Evin-Gefängnis im Norden von Teheran. Die Schweiz nimmt die diplomatischen Interessen der USA in Iran wahr. «Schutzmachtmandat» heisst das in der Sprache der Diplomatie. Deshalb hat sich die Schweiz intensiv für die Freilassung der beiden Wanderer eingesetzt. In den USA nennt man sie Hiker. An der Spitze in Bern Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey. An der Front im Iran die Schweizer Botschafterin in Teheran, Livia Leu Agosti. Im Hintergrund arbeitet natürlich auch der Staatssekretär intensiv an einer glücklichen Lösung der Affäre.
Ogis Mappe – seine treue Begleiterin. Erhalten hat er sie 1993 als Teilnehmer des Frankophonie-Gipfels auf Mauritius. Seither ist sie auf der ganzen Welt mit dabei und wurde bereits drei Mal repariert …
US-Präsident Barack Obama dankt der Schweizer Bundespräsidentin nach der Freilassung der beiden Hiker am Rande der UNO-Generalversammlung für den erfolgreichen Einsatz. Während des traditionellen Mittagessens für die Staats- und Regierungschefs erwähnt der US-Präsident die Schweiz lobend in seiner Tischrede. In der Schweiz ist dieses aussergewöhnliche Ereignis kaum eine Zeile wert. Zu dieser Zeit machen in der Schweiz einheimische Bankenmitarbeiter Schlagzeilen, die US-Bürgern geholfen haben, Steuern zu hinterziehen. Botschafterin Leu Agosti kommt ausführlich «nur» auf CNN zu Wort …
Aber es gibt auch aussenpolitische Erfolge, die mit Ogis prägender Handschrift in der UNO zu tun haben. Direkt und indirekt. Sie finden in der Schweiz ebenfalls kaum Beachtung. Der Ständige Vertreter der Schweiz bei den Vereinten Nationen verliert in der mächtigen Organisation keine einzige Wahl, bei der die Schweiz antritt. Das schafft man nur mit guten Netzwerken, die Adolf Ogi aufbauen hilft. Da muss man in New York zum Telefonhörer greifen und über die Strasse anrufen können: «Du, ich habe da noch einen guten Kandidaten.» So werden die Völkerrechtler Walter Kälin und später seine Nachfolgerin Helen Keller in den Menschenrechtsausschuss gewählt. Maurer selbst schafft noch im Juni 2009, zwei Jahre nach Ogis Ausscheiden, die Wahl zum Vorsitzenden des 5. Ausschusses. «5. Ausschuss» – das tönt so harmlos, dabei ist dieses Gremium für das Budget der UNO zuständig.
Peter Maurer, früher UNOMissionschef der Schweiz in New York und Staatssekretär im Aussendepartement, heute Präsident des IKRK (Internationales Komitee vom Roten Kreuz). 2006
Joseph Deiss, Präsident der UNO-Generalversammlung in New York. 2011
1986 Ein «Klassiker», der auf einer Fernost-Reise nicht fehlen sollte: Ogi in jungen Jahren beim Besuch der Chinesischen Mauer.
2007 Abgedankt: Nach sieben Jahren verabschiedet er sich in Genf von seinem Posten als Sonderbeauftragter der UNO.
2011 Mit Brigitte Wisler sowie David Winiger, seinen engen Mitarbeitern, in der Nach-Bundesrats-Zeit.
Die UNO hat einmal mehr anerkannt, dass der Sport durchaus politischen
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