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Wüthrich, G: Dölf Ogi: So wa(h)r es!

Wüthrich, G: Dölf Ogi: So wa(h)r es!

Titel: Wüthrich, G: Dölf Ogi: So wa(h)r es! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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die Überstunden anhäufen, so auch bei Toni Lötscher. Doch er bereut keine Stunde. «Für Ogi zu arbeiten ist kein Müssen, es ist ein Dürfen.» Kein Mitarbeiter ist so nahe beim Chef wie ein Bundesratsweibel – von morgens früh bis abends spät. Der Weibel ist schon da, bevor der Chef kommt. Er muss die wichtigsten Zeitungen bereitlegen. Traditionellerweise gehört der «Blick» zuoberst auf die Beige. Der Weibel erledigt tausend Dinge: Krawatten bügeln, eine Kleinigkeit kochen. Wer ins Büro eines Bundesrates will, kann es nur über den Weibel tun. Er schliesst die Türe auf, sonst besitzt nur noch der Chef einen Schlüssel. Natürlich sei es auch schon einmal vorgekommen, dass er von Dölf Ogi «angefahren» worden sei: «Ich hatte halt manchmal das Pech, ihm als Erster über den Weg zu laufen, wenn etwas im Busch war.»

    Zwischendurch holt er in der nahen Konditorei Eichenberger kleine, runde, belegte Brötchen. Meist mit Ei und «Thon». Manchmal gelüstet es den Chef auch nach «Pouletflügeli», in Tat und Wahrheit sind es Pouletschenkel. Gut gebraten. Dazu ein Glas Süssmost.
    Nie mehr vergessen wird der Bundesratsweibel die Bundespräsidentenfeier des Jahres 2000 in Kandersteg. Er sei unter dem Vordach der Kirche im rot-weiss festlichen Talar während der Ansprache neben dem Chef gestanden. Es habe stark geschneit. In dem Moment, als der Bundespräsident von seinem Vater gesprochen habe, sei ihm aufgefallen, dass sein Chef für einen Augenblick ganz nahe am Wasser gebaut habe …
    Sie lachen auch viel zusammen. Es gilt wieder einmal, die Sportlehrer-Diplome für Magglingen zu unterzeichnen. Bundesrat Adolf Ogi unterschreibt in der Unterschriftenmappe ein Diplom nach dem anderen mit seinem von ihm streng gehüteten Füllfederhalter. Nach getaner Schreibarbeit bringt der Weibel die Mappe in die Registratur, von wo aus die Diplome nach Magglingen zurückgeschickt werden sollen. Plötzlich wird Lötscher gerufen: «Ich finde den Deckel des Füllfederhalters nicht mehr!» Zusammen machen sie sich auf den Knien auf die Suche. Sie drehen im Büro jeden Stein um. Vergeblich. Später findet sich der «Füllideckel» dann doch noch. Er steckt in der Unterschriftenmappe. Beide lachen lauthals heraus.

    Er ist Tag und Nacht für Adolf Ogi unterwegs: Bundesratschauffeur Albin Schnider.
    Und der Weibel lernt auch die eitle Seite des Adolf Ogi kennen. Er bräuchte längst eine Brille. Ein Teil der köstlichen Schwierigkeiten der inzwischen zum Kult gewordenen Neujahrsansprache für 2000 – mit dem unvergesslichen Tännchen im Schnee vor dem Lötschbergtunnel – hat damit zu tun. Ogi kann seine Rede im Teleprompter des Fernsehens nicht besonders gut lesen. Kommt noch dazu: Alle paar Minuten donnert ein Zug vorbei. So wird diese unvergessene Rede «zur ersten gerufenen Neujahrsansprache der Schweiz», wie Fernsehmann Kurt Felix es später formuliert.
    Doch irgendwann ist es dann trotzdem so weit: In geheimer Mission muss der Weibel aus der Stadt für den Chef einige Brillen zur Auswahl herbeischaffen. Später merken einige gar nicht, dass Brillenträger Ogi vorher noch gar nie eine Brille getragen hat.
    Er hat sie manchmal genervt, er hat sie oft unglaublich gefordert. Ein «fürchterlicher» Chef, wäre man fast versucht zu sagen. Beileibe nicht. Noch heute, zwölf Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Bundesrat, zehn, zwanzig Jahre später, als sie es mit ihm zu tun hatten, treffen sie sich immer noch regelmässig mit Dölf. Die engsten Mitarbeiter im Frühjahr, der «Morgenrapport» im August. Alle kommen sie wieder zusammen: Das Vorzimmer, der Medienchef, das Generalsekretariat, die «Persönlichen», Jahr für Jahr, immer noch.

    1999 Diese Neujahrsansprache für das 2. Präsidialjahr 2000 ging um die Welt. Ogi spricht, beobachtet die Fernsehmitarbeiter und prostet der Nation zu. Das legendäre Tännchen kam aus der Region und wurde später am Muggenseeli in Kandersteg eingepflanzt.
    Dort ging es später allerdings ein, weil sich zu viele Leute Ästchen abbrachen, um sie als Souvenir mit nach Hause zu nehmen. Doch ein neues wurde umgehend an der «Bundesrat-Adolf-Ogi-Strasse» gepflanzt. Es gedeiht prächtig.
    Normalerweise trifft sich der «Morgenrapport» im Gasterntal. Im Jahre 2011 macht der Chef eine Ausnahme. Man reist diesmal zum kulinarischen «Ämbder Cher» nach Embd im Wallis. Auf steiler Höh kann sich der «Morgenrapport» an verschiedenen kulinarischen Posten mit Walliser Spezialitäten

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