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Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
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hinzu: »Eigentlich war es sogar besser als okay.«
    »Das ist ja toll, Auggie«, sagte er leise und küsste mich auf die Stirn. »Dann sieht es ja doch so aus, als hätte Mom da eine gute Idee gehabt – dich zur Schule zu schicken.«
    »Ja. Aber ich könnte doch auch wieder aufhören, zur Schule zu gehen, wenn ich das wollte, oder?«
    »Das war die Abmachung, ja«, antwortete er. »Obwohl ich sagen würde, das hinge auch davon ab, warum du aufhören willst, weißt du. Du müsstest uns das erklären. Du müsstest mit uns sprechen und uns sagen, wie du dich fühlst und ob irgendwas Schlimmes passiert wäre. Okay? Versprichst du, dass du es uns sagen würdest?«
    »Ja.«
    »Kann ich dich dann etwas fragen? Bist du sauer auf Mom, oder so? Du warst den ganzen Abend ihr gegenüber so kurz angebunden. Weißt du, daran, dass wir dich zur Schule schicken, habe ich genauso viel Schuld wie sie.«
    »Nein, sie hat mehr Schuld. Es war ihre Idee.«
    Mom klopfte genau in diesem Moment an die Tür und steckte ihren Kopf in mein Zimmer.
    »Ich wollte nur Gute Nacht sagen.« Sie sah einen Moment lang irgendwie schüchtern aus.
    »Hi, Mommy«, sagte Dad, nahm meine Hand und winkte ihr damit zu.
    »Ich hab gehört, dass du dir deinen Zopf abgeschnitten hast«, sagte Mom und setzte sich neben Daisy auf die Bettkante.
    »Ist keine große Sache«, erwiderte ich schnell.
    »Hab ich auch nicht gesagt«, sagte Mom.
    »Warum bringst du Auggie nicht heute mal ins Bett?«, sagte Dad zu Mom und stand auf. »Ich hab sowieso noch Arbeit zu erledigen. Gute Nacht, mein Sohn, mein Sohn .« Das gehörte auch zu dem Auggie-Doggie-Ritual, aber ich war nicht in der Stimmung, Gute Nacht, lieber alter Vater zu sagen. »Ich bin sehr stolz auf dich«, sagte Dad, und dann stand er vom Bett auf.
    Mom und Dad hatten sich immer damit abgewechselt, mich ins Bett zu bringen. Ich weiß, es war ein bisschen babyhaft von mir, dass ich immer noch ins Bett gebracht werden wollte, aber so war das eben mit uns.
    »Schaust du noch mal bei Via rein?«, sagte Mom zu Dad, als sie sich neben mich legte.
    Er blieb an der Tür stehen und drehte sich um: »Was ist denn mit Via?«
    »Nichts«, sagte Mom und zuckte mit den Schultern. »Zumindest nichts, was sie mir erzählen würde. Aber … immerhin war es ihr erster Tag an der High School und so.«
    »Hmm«, sagte Dad und dann zeigte er mit dem Finger auf mich und zwinkerte mir zu. »Mit euch Kindern ist immer irgendwas, oder?«, sagte er.
    »Langweilig wird’s nie«, sagte Mom.
    »Langweilig wird’s nie«, wiederholte Dad. »Gute Nacht, Leute.«
    Sobald er die Tür geschlossen hatte, zog Mom das Buch hervor, aus dem sie mir in den letzten paar Wochen vorgelesen hatte. Ich war erleichtert, denn ich hatte echt Angst gehabt, dass sie mit mir »reden« wollte, und darauf hatte ich so gar keine Lust. Aber Mom schien auch nicht reden zu wollen. Sie blätterte bloß die Seiten durch, bis sie zu der Stelle kam, an der wir aufgehört hatten. Wir waren schon fast zur Hälfte durch mit Der kleine Hobbit .
    » Halt! Halt!«, schrie Thorin «, las Mom laut vor, » aber es war zu spät. Die aufgeregten Zwerge hatten ihre letzten Pfeile vergeudet, und die Bögen, die Beorn ihnen mitgegeben hatte, waren jetzt nutzlos.
    Eine trübsinnige Gesellschaft waren sie in dieser Nacht, und ihre Stimmung wurde in den folgenden Tagen nur noch schlechter. Sie hatten den verzauberten Fluss überquert, aber hier sah der Weg genauso verloren aus wie auf der anderen Seite, und der Wald schien unverändert. «
    Ich weiß auch nicht genau, warum, aber ganz plötzlich fing ich an zu weinen.
    Mom legte das Buch zur Seite und schlang ihre Arme um mich. Sie schien nicht überrascht zu sein, dass ich weinte. »Es ist okay«, flüsterte sie mir ins Ohr. »Alles wird gut.«
    »Es tut mir leid«, sagte ich zwischen den Schniefern.
    »Schhh«, sagte sie und wischte mir mit dem Handrücken die Tränen ab. »Dir muss nichts leidtun …«
    »Warum muss ich so hässlich sein, Mommy?«, flüsterte ich.
    »Nein, Baby, du bist nicht …«
    »Ich weiß, dass ich’s bin.«
    Sie küsste mein ganzes Gesicht ab. Sie küsste meine Augen, die zu tief hingen. Sie küsste meine Wangen, die eingefallen aussahen. Sie küsste meinen Schildkrötenmund.
    Sie sagte Worte, von denen ich weiß, dass sie mir helfen sollten, aber Worte können mein Gesicht nicht verändern.

Da ist der Wookiee
     
    Der Rest des Septembers war schwer. Ich war es nicht gewöhnt, so früh am Morgen aufzustehen.

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