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Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
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sagte sie, nachdem sie den ersten Bissen heruntergeschluckt hatte. »Ich hätte mir auch wie du ein Sandwich mitbringen sollen.«
    »Ja«, sagte ich und nickte.
    »Ich heiße übrigens Summer. Wie heißt du?«
    »August.«
    »Cool«, sagte sie.
    »Summer!« Ein anderes Mädchen kam mit einem Tablett in den Händen herüber. »Warum sitzt du hier? Komm doch an unseren Tisch zurück.«
    »Da war es mir zu voll«, erwiderte Summer. »Komm, setz dich zu uns. Hier ist noch Platz.«
    Das andere Mädchen sah einen Moment lang verwirrt aus. Mir fiel auf, dass sie eines der Mädchen gewesen war, die ich einige Minuten zuvor dabei ertappt hatte, wie sie zu mir herübergeschaut hatten: tuschelnd und mit der Hand vor dem Mund. Ich nehme an, auch Summer war eines der Mädchen an diesem Tisch gewesen.
    »Ne, ist schon gut«, sagte das Mädchen und zog ab.
    Summer schaute mich an, zuckte lächelnd mit den Schultern und nahm noch einen weiteren Bissen von ihren Käsemakkaroni.
    »Hey, unsere Namen passen gut zusammen«, sagte sie kauend.
    Wahrscheinlich merkte sie, dass ich nicht verstand, was sie meinte.
    »Summer? August?«, sagte sie lächelnd mit weit geöffneten Augen, als wartete sie darauf, dass ich es endlich kapierte.
    »Oh, ach so«, sagte ich nach einem Moment.
    »Wir können das hier zum exklusiven Sommer-Tisch erklären«, sagte sie. »Nur Leute mit Sommer-Namen dürfen hier sitzen. Warte mal, gibt’s hier irgendwen, der June oder July heißt?«
    »Es gibt eine Maya«, sagte ich.
    »Das wäre Mai, und das ist ja eigentlich Frühling«, erwiderte Summer, »aber wenn sie gern hier sitzen würde, könnten wir vielleicht eine Ausnahme machen.« Sie sagte das, als hätte sie die ganze Sache komplett durchdacht. »Es gibt Julian. Das ist wie Julia und kommt von Juli.«
    Ich sagte nichts.
    »Es gibt einen Jungen in meinem Englischkurs, der Monty heißt«, sagte ich.
    »Ja, Monty kenne ich, aber inwiefern soll Monty ein Sommername sein?«, fragte sie.
    »Weiß nicht.« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich musste an Montauk denken. Da fahren wir im Sommer oft hin.«
    »Ja, okay.« Sie nickte und zog ihren Block hervor. »Und »Miss Beacham könnte dann auch hier sitzen. Klingt doch wie Miami Beach, finde ich.«
    »Ich hab sie in Sport«, sagte ich.
    »Ich in Mathe«, erwiderte sie und verzog das Gesicht.
    Sie begann, die Liste mit den Namen auf die vorletzte Seite ihres Blocks zu schreiben.
    »Also, wer noch?«, fragte sie.
    Am Ende der Mittagspause hatten wir eine lange Liste mit Namen von Schülern und Lehrern zusammen, die an unserem Tisch sitzen durften, wenn sie wollten. Die meisten der Namen hatten eigentlich gar nichts mit dem Sommer zu tun, aber uns erinnerten sie irgendwie daran. Ich fand sogar einen Weg, wie man Jack Wills Namen miteinbeziehen konnte, indem ich erklärte, man könne ihn in einen Sommersatz einbauen, zum Beispiel: »Jack will an den Strand gehen.« Summer fand das auch, und es gefiel ihr gut.
    »Aber wenn jemand keinen Sommernamen hat und bei uns sitzen will«, sagte sie sehr ernst, »erlauben wir es ihm trotzdem, wenn er nett ist, okay?«
    »Okay.« Ich nickte. »Selbst wenn es ein Wintername ist.«
    »Ultracool«, sagte sie und hob den Daumen in meine Richtung.
    Summer sah aus wie ihr Name. Sie war gebräunt, und ihre Augen waren grün wie ein Blatt.

Von eins bis zehn
     
    Mom hatte diese Angewohnheit, mich immer zu fragen, wie ich etwas fand, auf einer Skala von eins bis zehn. Das fing nach meiner ersten Kiefer-OP an, als ich nicht sprechen konnte, weil mein Mund mit Draht verschlossen war. Sie hatten ein Stück Knochen aus meiner Hüfte herausgenommen und in mein Kinn eingepflanzt, damit es anschließend normaler aussehen würde, deshalb hatte ich an vielen verschiedenen Stellen gleichzeitig Schmerzen. Mom deutete dann auf einen meiner Verbände, und ich hob die Finger hoch, um ihr zu zeigen, wie sehr es wehtat. Einer bedeutete, nur ein bisschen. Zehn bedeuteten, sehr sehr sehr. Dann sagte sie dem Arzt, wenn er seine Visite machte, was neu eingestellt werden musste und so. Mom wurde mit der Zeit Spezialistin dafür, meine Gedanken zu lesen.
    Danach gewöhnten wir es uns an, die Eins-bis-zehn-Skala für alles zu verwenden, was wehtat. Wenn ich zum Beispiel eine ganz normale Halsentzündung hatte, fragte sie mich: »Von eins bis zehn?« Und ich sagte: »Drei«, oder was auch immer.
    Als der Unterricht vorbei war, ging ich nach draußen, um Mom zu treffen, die wie alle anderen Eltern oder Babysitter

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